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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Breuer
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Körbchen, das sie sich unter den Arm klemmte.

11. K APITEL
    I ven ließ den Hammer in der Hand sinken und betrachtete den Wasserspeier. Für den Mann, der von dem Ungeheuer verschlungen wurde, gab es endgültig kein Entrinnen mehr. Mit einem Gefühl der Wehmut blies Iven den letzten Staub fort. In diese Skulptur hatte er sein ganzes Herzblut gelegt. So, als wäre er selbst der Mann, von dem nur noch eine Hand und der Kopf aus dem Schlund des Ungeheuers ragten.
    Ivens Gedanken kehrten zurück zu Gülich. Dieser kämpfte gegen Windmühlen. Seine Anklagen hatten während der heutigen Ratssitzung kein Gehör gefunden. Auch die Abgeordneten der Gaffeln standen auf schwankendem Boden. Redeten sie heute so, hatten sie am folgenden Tag bereits eine andere Meinung. Am Ende hatte der Bürgermeister Gülich sogar mit Soldatengewalt aus dem Rathaus entfernen lassen.
    Iven haderte mit dem menschlichen Sinn für Gerechtigkeit. Keines der Ratsmitglieder hielt sich noch an den Verbundbrief von 1396, in dem das Grundgesetz der Stadt Köln festgeschrieben war, das all die Missbräuche, die sich inzwischen unaufhaltsam auszubreiten schienen, ohne Ausnahme untersagt waren. Köln würde wie Jerusalem scheitern. Selbst die Kindeskinder würden noch unter den Folgen zu leiden haben, wenn niemand den Machenschaften Einhalt gebot. In Ivens Bauch grummelte es vor Zorn.
    Dann dachte er an Alena, wie immer, wenn er verhindern wollte, dass die Wut ihn auffraß. Liebend gern hätte er ihr die Skulptur gezeigt. Doch seit seinem letzten Besuch im Hause Crosch hatte er sie nicht mehr gesehen. Wie oft hatte er sich vorgestellt, sie würde mit ihrer Hand den Stein streicheln …
    Mit einem Mal schämte er sich, dass er ihr falsche Hoffnungen gemacht hatte. Unter der Dachrinne ihres neuen Hauses würde niemals einer seiner Wasserspeier die Dämonen verjagen. Iven stieß einen tiefen Seufzer aus. Dann legte er Hammer und Meißel sorgfältig in die Truhe. Es war an der Zeit, das Abendessen vorzubereiten.
    Aus dem Haus vernahm er bereits das laute Pfeifen seiner Mutter, ein deutliches Zeichen dafür, dass sie Hunger hatte. Das war im Grunde zu jeder Tageszeit der Fall, weil sie stets vergaß, dass sie kurz zuvor bereits gegessen hatte.
    Das Pfeifen wurde lauter.
    »Ich komme ja schon«, murmelte Iven und verließ den Schuppen, um ins Haus zu gehen.
    »Sag mal, Jung, wie sieht es eigentlich in Gülichs Haus aus?« Nyß schnippelte die Bohnen, während Iven das Fleisch für die Suppe in den Topf gab.
    »Ach, Mutter, das Haus auf den Obenmarspforten ist nicht so prächtig, wie du es dir vielleicht vorstellst.«
    »Aber sicher viel größer als unseres«, mischte der Vater sich ein. Der alte Mann saß mit am Tisch und schnitzte an einem Holzlöffel.
    »Ja, das stimmt. Dagegen ist unser Haus nichts weiter als eine Hütte. Aber Gülichs Haus ist nicht prachtvoll eingerichtet. Eher schlicht. Ich glaube nicht, dass Gülich ein reicher Mann ist. Anstatt sich dem Handel zu widmen, verbringt er viel zu viel Zeit in der Gaffel. Zeit, in der er keinen Gewinn machen kann.« Iven legte ein Holzscheit nach. »Das kann er sich wohl nur leisten, weil sein Bruder Theodor ihm unter die Arme greift. Die beiden handeln übrigens mit Wein.«
    »Dann hätte er dir doch mal ein Fässchen schenken können«, keifte Nyß.
    »Mutter, er entlohnt mich mehr als großzügig.« Iven ließ sich am Tisch nieder.
    »Wo ist denn das ganze Geld?«, begehrte der Vater energisch zu wissen. Die Eltern schienen heute beide nicht eben bester Laune zu sein.
    »Vater, du weißt doch … die Abgaben an die Stadtkasse, die ich zu leisten habe.«
    Die buschigen Augenbrauen des alten Mannes zogen sich zusammen. »Pah, die Stadtkasse! Du meinst wohl die Truhen der hohen Säcke.«
    »Ja, so sieht es aus«, seufzte Iven. Er erhob sich, nahm seiner Mutter die Schüssel mit den geschnippelten Bohnen ab und gab sie zu dem Fleisch in den Kessel. Selbst einem Mann, dessen Verstand bereits deutlich nachgelassen hatte, war die Ungerechtigkeit offenbar nicht entgangen.
    Plötzlich flog die Tür auf, und eine vermummte Gestalt betrat das Haus, begleitet von einem milden Windstoß. Iven wollte schon nach dem Messer greifen, doch da ertönte aus der Kapuze eine bekannte Stimme.
    »Da komme ich wohl gerade recht zum Essen.« Die Gestalt entledigte sich ihres Umhangs.
    »Hans Jorgen!« Das Gesicht der Mutter strahlte wie der schönste Stern am Himmel.
    Iven verdrehte die Augen und schalt sich, die Tür nicht

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