Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Bett gefesselt. Ich glaube, es hat Gott nicht gefallen, dass ich dir und deinem Dämonenbalg geholfen habe.«
Alena spürte ihr Herz flattern. »Was meinst du damit? Es war doch nicht meine oder Gabriels Schuld, dass du ausgeraubt wurdest.«
Diederich spuckte vor ihr aus. »Wenn einem so viel Unglück an einem Tag widerfährt, dann ist es eine Strafe Gottes. Ich sollte mich viel weniger um andere kümmern und Augen und Ohren offen halten. Nicht alles ist dummes Geschwätz, was die Leute so von sich geben.«
Alena wollte etwas erwidern, doch ihr blieben die Worte im Hals stecken.
Mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck wandte der Schellenmann sich von ihr ab und humpelte zum Wirtshaus hinüber.
»Glaubst du, er wird Gabriel verraten?« Alena lehnte den Rücken gegen die Wand neben dem Fenster und blickte zu den Dachbalken hinauf. Lieber heute als morgen wäre sie zum Hof der Kappesbäuerin geeilt, um ihren Sohn an sich zu drücken und ihn zu beschützen.
»Ich kenne den Mann nicht, Alena.« Iven rieb sich mit der Hand über das Kinn, auf dem ein dunkler Schatten lag. »Aber ich glaube, er hätte es längst getan. Es wäre doch ein Leichtes für ihn gewesen, den Priester von Melaten rufen zu lassen.«
»Ich wünschte, du hättest recht. Ich weiß bald nicht mehr, wie ich diese andauernde Angst ertragen soll.« Verzweifelt faltete sie die Hände vor dem Gesicht und berührte mit den Lippen die Daumen. Die Sorge um Gabriel brachte sie beinahe um den Verstand. »Ich muss noch heute Nacht zu der Bäuerin. Sonst finde ich keine Ruhe. Vielleicht haben sie meinen Sohn schon geholt. Es wird doch niemand merken, dass ich fort bin, wenn ich mich davonschleiche und über die Mauer klettere.«
»Nein, Alena! Geh nicht! Das ist zu gefährlich. Was ist, wenn der Bauer dich für einen Dieb hält und dich niederschlägt? Oder die Nachtwächter dich aufgreifen? Die Stadtsoldaten sind besonders wachsam, seit der Rat aufs Korn genommen wurde. Es sind eigens Männer abgestellt, die des Nachts in den Straßen nach Unruhestiftern suchen. Morgen … morgen in der Früh wirst du für mich Besorgungen am Eigelstein erledigen. Doch bis dahin warte bitte noch.« Iven stand nun vor ihr, griff nach ihren Händen und nahm sie von ihrem Gesicht.
»Wie soll ich denn heute Nacht nur für einen Augenblick Ruhe finden?« Alena atmete Ivens Duft ein und wünschte sich nichts sehnlicher, als ihren Kopf an seine Brust zu lehnen.
»Wenn du willst, werde ich mit dir gemeinsam wachen. Es wird schon niemand merken, dass wir beisammen sind.«
»Halt mich, Iven! Sonst stehe ich das alles nicht durch.« Alena schluchzte auf und drängte sich an ihn. Sein Herz an ihrem Ohr pochte fast noch schneller als ihr eigenes.
Ivens Arme hüllten sie ein wie eine Decke, die in der Sonne gelegen hatte. »Wenn du es willst, halte ich dich die ganze Nacht, Alena. Die ganze Nacht, damit du keine Dummheiten machst.«
Außer Atem riss Alena ihren Sohn aus dem Korb und drückte ihn an sich.
»Du liebe Güte! Hast du etwa schlecht geträumt? Was ist denn los?« Mettel stand an der Kochstelle, leckte den Frühstücksbrei von dem Rührlöffel und sah sie kopfschüttelnd an.
»War Pater Cornelius hier? Oder ein anderer Geistlicher? Hat jemand nach einem Säugling mit roten Augen gefragt?« Alena drückte die Lippen in das weiße Haar ihres Sohnes. Obwohl sie die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte, fühlte sie sich stark genug, dem Kirchenmann die Augen auszukratzen.
Mettel winkte ab. »Pater Cornelius schleicht fast jeden Tag hier herum. Aber Frentz hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Posten eines Spähers zu übernehmen. Stunde um Stunde liegt mein mittlerer Rotschopf vor dem Tor auf der Lauer. Und wenn er die Tonsur nur von weitem sieht, schlägt er Alarm, als stünden osmanische Truppen vor unserem Hof«, erklärte die Bäuerin lachend.
Alena verstand nicht, wie Mettel diese Heiterkeit aufbringen konnte. »Hast du denn keine Angst um Billa?«
Mettels Gelächter verstummte augenblicklich. »Ich habe dir doch gesagt, dass sie mir niemand ungestraft wegnehmen wird.« Die Bäuerin kniff die Augen zusammen. »Eher verlässt der Pfaffe mit einem Messer im Rücken den Hof als mit meiner Tochter.«
Diese Worte sollten Alena beruhigen, doch ihren Zweck erfüllten sie nicht. Mettel war zwar bereit, wegen Billa Hand an einen Gottesmann zu legen. Doch welches Risiko würde sie für Gabriel eingehen? Alena gelang es nicht, der Bäuerin ihr ganzes Vertrauen zu schenken.
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