Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
geleite Euch zu Eurer Unterkunft.« Elsgen schaute sich kurz um und holte Luft. »Puckel, bring den Karren zu den Wohnhäusern!«, rief sie ihrem Mann zu.
Iven wünschte sich einen Stein, in den er einen Meißel schlagen konnte. Nie und nimmer hatten seine Eltern die Sieche!
Da legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er schloss die Augen und versuchte, Gedanken und Bilder aus seinem Hirn zu verbannen. Doch es gelang ihm nicht.
»Iven, was ist denn los?«
Er wandte sich um und musste sich beherrschen, Alena nicht in den Arm zu nehmen und sie vor lauter Verzweiflung so fest an sich zu drücken, dass ihr die Rippen brachen. »Du musst mir helfen, bitte!«
»Natürlich helfe ich dir. Was ist geschehen?« Sie folgte seinem Blick.
Seine Eltern trotteten folgsam hinter der Verwalterin her. Unsicher schauten sie sich noch einmal um.
»Wer sind diese Leute? Kennst du sie?« Alena legte die Hand auf seinen Arm.
»Das sind meine Eltern. Mein Bruder hat sie offenbar hier abgeladen.« Er griff nach Alenas Hand. Sie zu spüren, brachte ein wenig Ruhe in sein Herz.
»Du glaubst, dass sie gar nicht an der Sieche leiden?«
Iven schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt nicht. Hans Jorgen wollte sie loswerden. Weiß der Teufel, wie er das angestellt hat.«
»Hat er denn nichts gesagt?«
»Nein, er war schneller fort als der Wind. Und das sagt doch alles.« Zischend sog Iven die Luft durch die Zähne. »Die alten Leute, die hier leben und nicht aussätzig sind, haben ihre Pfründe teuer erstanden. Viel zu teuer. Woher sollte Hans Jorgen das Geld haben?«
Alena strich ihm eine Strähne aus der Stirn. »Was soll ich tun, Iven? Sag es mir.«
»Komm heute Abend in meine Kammer.« Mehr als je zuvor sehnte er sich nach ihrer Nähe.
Alena konnte kaum den Abend erwarten. Als dann endlich die Sonne unterging und sie ihre Arbeiten erledigt hatte, begab sie sich zum Wohnhaus der Siechen. Auf der Stiege zu Ivens Kammer schlug ihr Herz schneller als gewohnt. Den ganzen Nachmittag über hatte sie an ihn denken müssen. Alles würde sie dafür geben, wenn er ein wenig glücklicher wäre.
Iven lag auf seinem Bett, doch als sie eintrat, sprang er auf. »Endlich bist du da!«
Ehe Alena sichs versah, fand sie sich in seinen Armen wieder. Einen Lidschlag lang durchzuckte sie wieder die Angst, sich bei ihm anstecken zu können. Doch dann spürte sie seinen heißen Atem auf ihrem Haar, und reine Glückseligkeit strömte durch ihren Leib. Um sie herum versank die Welt. Sie wollte nur noch vor ihm stehen, von ihm gehalten werden, und wenn es sein musste, sein Schicksal teilen.
Doch Iven ließ sie viel zu schnell wieder los. Verzweifelt blickte er sie an. »Du musst morgen meinen Bruder aufsuchen und herausfinden, warum meine Eltern auf dem Hof sind. Willst du das für mich tun?«
»Ja natürlich.« Alles hätte Alena für ihn getan, wenn er sie nur wieder in die Arme nahm und sie seine Nähe spüren durfte.
Das Verlangen stand ihr wohl ins Gesicht geschrieben, denn Iven drückte sie fest an sich. »Was wäre nur, wenn ich dich nicht hätte?« Er schaute sie an und fuhr mit dem Finger über ihre Lippen.
Alena spürte, wie sie zu zittern begann. Sie war nicht in der Lage, ihm zu sagen, wie sehr auch sie ihn brauchte. Iven berührte mit den Lippen ihre Stirn. Er durfte sie nie wieder loslassen. Nie hatte sie sich einem Menschen so verbunden gefühlt. Sie schloss die Lider und atmete seinen Duft. Seine Lippen suchten die ihren, und als sie aufeinandertrafen, erstrahlten tausend Farben in ihrem Herzen und ließen sie in eine nie gekannte Welt versinken.
Von Sankt Aposteln drang Kirchengeläut durch die Gasse, und aus den Häusern wehte der Duft von frisch gebackenem Brot. Hier in dem Kirchspiel Sankt Christoph herrschte eine Ruhe, die sich wohlig auf Alenas Herz legte. Unwillkürlich dachte sie an den gestrigen Abend. Seit Iven sie geküsst hatte, fühlte sie sich wie ein neuer Mensch, viel mutiger und zuversichtlicher als zuvor. Eine besondere Kraft war in ihr gekeimt. Gott hatte sie Iven nähergebracht, damit sie nicht verzweifelte. Und Gott würde auch seine schützende Hand über Gabriel halten. Das erste Mal seit langem spürte sie einen Hauch von Glück.
Alena blickte zu dem Holzhaus mit dem Schuppen davor. Der Beschreibung nach war dies Ivens Haus. Sie öffnete das kleine Tor zum Vorhof, trat zu der Tür und klopfte an.
Kurz darauf öffnete ein Mann, dessen Haar blauschwarz in der Sonne glänzte. »Kennen wir uns?«
»Bist du Hans
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