Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
wir werden sehen, was die Zeit bringt.« Plötzlich verfinsterte sich Ännis Blick. »Sag mal, hast du denn keine Angst, dich mit der Sieche anzustecken?«
Alena schüttelte den Kopf. »Nein. Gott wird sicher seine schützende Hand über mich halten.« Über die Sieche wollte sie jetzt nicht nachdenken und drängte die Angst davor in die hinterste Ecke ihres Herzens.
»Pass auf dich auf, Leni. Versprich es mir.«
Für Änni schien das Thema damit erledigt zu sein. »Ach, ich kann es gar nicht erwarten, zu dem Kleinen zu kommen!«
Alena war gespannt, wie ihre Freundin reagieren würde, wenn sie Gabriel das erste Mal sah.
»Wie ist die Kappesbäuerin denn so? Ein wenig fürchte ich mich vor ihr.« Änni trat einen Stein vor sich her.
»Ach, sie ist ein bisschen ruppig, aber längst nicht so biestig, wie sie sich auf der Straße gibt. Nur zu ihrem Mann ist sie manchmal ziemlich grob. Aber da hat sie auch recht. Knütterhens ist nicht gerade ein feiner Kerl.« Mittlerweile schwitzte Alena unter dem Mantel, als säße sie in einem Ofen. Doch das hinderte sie nicht daran, energisch voranzueilen, denn die Sehnsucht nach Gabriel wuchs mit jedem Schritt.
Als die beiden Frauen endlich den Hof der Kappesbäuerin erreichten, hallte Gabriels Geschrei aus dem Haus. Alena riss sich den Mantel von den Schultern und eilte in die Wohnstube.
Mettel war gerade dabei, in aller Seelenruhe das Geschirr vom Frühmahl abzuwaschen. Es schien sie nicht zu stören, dass der Kleine wie am Spieß brüllte. Sein Gesicht war puterrot, die Händchen waren zu Fäusten geballt. Rasch nahm Alena ihn auf, öffnete ihr Mieder und legte ihn an. Als endlich Ruhe eingekehrt war, warf sie Mettel einen bitterbösen Blick zu. »Wie kannst du ihn so lange warten lassen?«, fauchte sie.
»Stell dich nicht so an! Das Geschrei kräftigt seine Lungen.« Die Bäuerin trocknete sich die Hände an ihrer Schürze ab. »Ich muss doch nicht gleich springen, wenn er anfängt zu krähen.«
»Manche Kinder sind schon erstickt, weil sie zu viel geschrien haben«, mischte Änni sich ein.
»Wer bist du denn? Will mir ein Gör wie du etwa weismachen, wie man ein Kind zu versorgen hat?«
»Das ist meine Freundin Änni. Hör zu, Mettel! Ich will nicht, dass du Gabriel so schreien lässt. Hast du mich verstanden?« Alena stand der Sinn nicht nach einer langen Auseinandersetzung.
»Hast du das Kostgeld dabei?« Die Bäuerin setzte sich zu ihr an den Tisch und hielt die Hand auf.
»Lass mich erst meinen Sohn stillen. Wenn ich fertig bin, bekommst du dein Geld.« Alena wandte sich an Änni. »Und? Was sagst du?«
Ännis Blick haftete auf Gabriel. »Er ist wirklich etwas Besonderes. Ein kräftiger Junge. Ich liebe ihn jetzt schon.« Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. »Siehst du, nun hat mich auch der Blitz getroffen.«
Alena musste lachen. »Ich glaube, er ist ein wenig zu jung für dich.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich ihn heiraten will. Aber lieb haben darf ich ihn trotzdem, oder?«
»Das erwarte ich sogar von dir.« Alena zwinkerte der Freundin zu.
»Ich bin bei den Ziegen, wenn mich jemand sucht.« Mettels hängende Mundwinkel verrieten ihre schlechte Laune. Sie erhob sich und verließ die Wohnstube.
»Die ist nur hinter deinem Geld her. Gabriel ist ihr im Grunde egal«, flüsterte Änni.
»Ich weiß, aber sie wird nicht zulassen, dass ihm etwas zustößt.«
»Klar, dann ginge ihr schließlich die Geldquelle verloren.« Änni schüttelte verächtlich den Kopf. »Glaub mir, Leni, wenn ich eine Möglichkeit hätte, für ihn zu sorgen, würde ich ihn auf der Stelle mitnehmen.«
»Das weiß ich doch.« Alena griff nach ihrer Hand.
»Welch eine Ironie des Schicksals.«
»Das kann man wohl sagen.«
Gabriel schien satt zu sein, denn er spuckte die Brustwarze aus. Für einen Augenblick dachte Alena daran, wie Iven sie liebkost hatte. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrem Schoß aus.
»So, nun darf ich ihn aber halten.« Änni streckte die Arme nach dem Kleinen aus.
»Aber natürlich.« Alena erhob sich und reichte ihr Gabriel.
»Sieh, er lächelt!«, rief Änni verzückt.
»Wie ein Engel sieht er aus, findest du nicht?«
»Ja wirklich. Er ist ein außergewöhnliches Kind.«
Alena griff in ihre Schürzentasche und legte 30 Albus auf den Tisch.
»Ist das nicht ein bisschen viel?« Mit gerunzelter Stirn betrachtete Änni die Münzen.
»Für Gabriel ist mir nichts zu teuer. Hauptsache, Mettel sorgt gut für ihn und schützt ihn vor dem
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