Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Dummheiten, Mädchen.« Fyen hob beschwichtigend die Hand. »Wir müssen zusammenhalten. Dann wird es der Verwalterin schon bald an den Kragen gehen.«
Alena dachte an Gülich. Hoffentlich ließ er sich nicht allzu lange Zeit damit, dem Rat diese Missstände vorzutragen. Und hoffentlich hatte er Änni helfen können.
»Ich muss wieder an die Arbeit.« Alena verließ die beiden Frauen, um sich in das Backhaus zu begeben. Vielleicht war noch genügend Mehl da. Dann könnte sie Brot für die hungrigen Siechen backen. Etwas zu essen war im Augenblick wichtiger als der Abwasch.
Im Hof angelangt, glaubte Alena, ihren Augen nicht zu trauen. Mit wehenden Röcken eilte Änni auf sie zu und fiel ihr lachend um den Hals. Alena hätte vor Erleichterung fast geweint, weil sie ihre Freundin wohlbehalten im Arm hielt.
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, was geschehen ist.« Die Sommersprossen auf Ännis Nase hüpften, so sehr strahlte sie über das ganze Gesicht.
»Änni, ich bin fast umgekommen vor Sorge. Erzähl! Was gibt es Neues?«
»Gottschreck ist verhaftet worden. Er sitzt im Frankenturm.« Die Freundin drehte sich vor Freude im Kreis.
»Was sagst du da?«
»Ja, du hast richtig gehört.« Änni hielt inne, holte tief Luft und schaute verträumt in den Himmel. »Nikolaus hat ihn einkerkern lassen. Er war sehr aufgebracht, als ich ihm gestern von dem Peitschenhieb erzählte. Stell dir vor, er hat sogar die Fäuste geballt! Ach, Leni, ich glaube, er hat es wegen mir getan. Ich meine, Gotthardt so schnell verhaften lassen.« Die Magd legte sich die Hand aufs Herz.
»Ich verstehe das nicht. Niemand wird in den Turm geworfen, weil er eine Magd schlägt.«
»Nein, natürlich nicht. Es liegen noch andere, schwerwiegendere Anklagen vor.«
»Aber die gab es doch vorher auch schon. Oder ist es etwa zur Verurteilung gekommen?«
Änni schüttelte den Kopf, setzte einen belehrenden Gesichtsausdruck auf und erzählte Alena, was sie am Morgen gehört und gesehen hatte.
»Und was ist mit Mergh?« Alena sah die Szene vor sich: Ihre Schwiegermutter erlitt sicher einen Herzschlag.
»Die ist natürlich sofort zum Rathaus geeilt. Doch ich glaube, dass sie gar nicht gehört wurde. Ganze Tücher hat sie vollgeheult, als sie wieder daheim war«, kicherte Änni.
Alena wollte gern glauben, dass nun alles gut wurde. Doch wie sie Mergh kannte, würde diese so lange kämpfen, bis Gotthardt wieder auf freiem Fuß war. Es war nicht viel, was sie vom Kölner Rat wusste, doch seine Wankelmütigkeit war selbst dem kleinsten Kind bekannt. Heute hü und morgen hott. Gut, dass Änni es gewagt hatte, Nikolaus Gülich allein aufzusuchen. Er konnte ihrer Freundin helfen und saß nicht wie sie selbst fest und war zur Untätigkeit verdammt.
22. K APITEL
D ie schlimmste Woche ihres Lebens lag hinter ihr. Endlich, an diesem Tag, konnte Mergh ein wenig aufatmen. Rentmeister Honthumb hatte ihr eine Botschaft geschickt, in der er sie zu einem Gespräch bat.
Mergh tupfte sich etwas Rosenöl hinter die Ohrläppchen und legte ihre Perlenkette um. Anschließend setzte sie den breitkrempigen Hut auf. Damit würde sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sorgfältig rückte sie ihn so, dass die Seidenblumen ins rechte Licht fielen. Noch einmal atmete sie tief durch und verließ dann das Haus. Über dem Weismarkt flirrte die Hitze, und ihr schneller Schritt trieb Mergh schon bald den Schweiß aus allen Poren. Dennoch war sie frohen Mutes. Nun würde sie Gotthardt gewiss bald mit nach Hause nehmen können.
Im Zimmer des Rentmeisters stand die Luft, und selbst das geöffnete Fenster ließ keinen Windhauch herein. Mergh ließ sich nicht lange bitten. Ohne Umstände setzte sie sich auf den Stuhl vor Honthumbs Schreibtisch. Selbstverständlich hatte sie nicht vergessen, dem Rentmeister eine kleine Aufmerksamkeit in Form von feinstem Tabak mitzubringen.
Honthumb nahm das Geschenk freudig entgegen. »Gnädige Frau, es gibt gute Nachrichten, was Euren Sohn betrifft«, eröffnete er die Unterredung.
Mergh hätte dem Rentmeister um den Hals fallen können. Doch sie hielt sich zurück. »Dem Himmel sei Dank! Ist endlich Post vom Kaiser gekommen?«
»Nicht nur das. Seine Hoheit hat den Reichshofmeister Wolfgang von Öttingen geschickt, damit er in der Stadt eine Untersuchung durchführt.«
Voller Stolz dachte Mergh daran, dass sie vor wenigen Wochen gemeinsam mit der Gattin des Bürgermeisters Cronenberg den Brief aufgesetzt hatte. Vorausschauend hatte sie damals
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