Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
endlich!«, gab der Stadtsoldat ungerührt zurück.
Gotthardts Gedanken überschlugen sich. Warum befreite seine Mutter ihn nicht aus dieser Lage? Sonst konnte sie doch auch immer alles richten. Er warf ihr einen verzweifelten Blick zu und wandte sich zum Gehen. Es war die reinste Schmach, noch im Morgenrock von den Soldaten abgeführt zu werden. Er war schließlich ein angesehener Syndikus. Er schluckte gegen den Kloß in seinem Hals an und versuchte mit aller Kraft, die Tränen zurückzuhalten, die in seinen Augen brannten. Nein, er würde nicht wie ein Weibsbild vor den Soldaten weinen.
Seine Mutter griff sich ans Herz und schnappte nach Luft. »Du wirst nicht lange im Turm sein, glaube mir, Gotthardt. Noch vor dem Mittag bist du wieder draußen«, rief sie ihrem Sohn hinterher.
Gotthardt hätte ihr gern geglaubt, doch gegen den Dämon war selbst Mergh machtlos. Hatte er es nicht vorhergesehen? Aber seine Mutter hatte ja nicht auf ihn hören wollen.
Gedankenverloren spülte Alena die Schalen vom Mittagsmahl ab. Die Sorge um Änni brachte sie schier um den Verstand. Hoffentlich hatte Gotthardt ihr nichts angetan. Wie sollte sie nur in Erfahrung bringen, ob es ihr gutging? Auch an diesem Tag hatte dieses Biest von Verwalterin sie nicht in die Stadt gehen lassen. Irgendwann würde sie der Krähe die Schikanen heimzahlen. Alena hatte ihr erklärt, dass es sich um einen Notfall in ihrer Familie handelte. Doch Elsgen hatte ungerührt festgestellt, dass sie ein faules Stück sei und sich vor der Arbeit drücken wolle. Wenn sie sich nicht bald die größte Mühe gäbe, sei sie die längste Zeit Magd auf dem Hof gewesen.
Alena warf die Holzschale in den Spülstein. Wie so oft in den letzten Stunden spielte sie mit dem Gedanken, einfach davonzulaufen. Doch die Vernunft siegte auch dieses Mal und hielt sie zurück. Ihre Brüste schmerzten sehr. Durch die Grübelei hatte sie vergessen, die kleine Sophie zu stillen. Sie überließ den Abwasch sich selbst und begab sich eilig ins Wohnhaus der Siechen.
Theres war nicht allein. An ihrem Bett saß die beleibte Fyen auf einem Stuhl und ließ sich über die Verwalterin aus.
»Soll ich später noch einmal kommen?« Alena warf einen Blick in das Körbchen. Die kleine Sophie schien satt zu sein, denn sie lag in einem friedlichen Schlummer.
»Nein, komm nur herein und setz dich zu uns«, antwortete Theres. Unter ihren Augen lagen tiefe Schatten. Ihr bleiches Gesicht versank in den Kissen. »Sophie wird bestimmt gleich aufwachen.«
»Ja, Mädchen, setz dich her.« Fyen erhob sich von dem Stuhl und ließ sich auf der Bettkante nieder. Bedrohlich knirschte das Holz unter der Last. »Ich habe mich gerade mit Theres über Elsgen unterhalten. Soll ich dir mal etwas sagen? Sie lässt sich die erlesensten Köstlichkeiten bringen. Sogar Fasan ist darunter. Dieses Miststück! Wir bekommen nur dünne Suppe vorgesetzt, und sie schlägt sich den Wanst voll. Nun hat sie uns auch noch die Pfründe geschmälert.«
»Das darf sie doch nicht!«, wandte Alena empört ein und ließ sich auf dem Stuhl nieder.
»Glaubst du, dafür interessiert sich jemand außer uns? Hospitalmeister Peltzer ist auf einer längeren Reise. Aber selbst wenn er hier wäre … er würde sich ebenso schadlos halten.« Fyen klopfte mit der verstümmelten Hand auf ihren Bauch. »Ich glaube mittlerweile, dass ich nicht an der Sieche, sondern am Hunger sterben werde.«
Theres richtete sich auf und strich über Alenas Arm. »Du siehst aus, als hättest du auch Kummer. Willst du uns davon erzählen?«
Die kleine Sophie quiekte, und Alena eilte zu dem Körbchen. Eilig öffnete sie ihr Mieder, nahm die Kleine hoch und legte sie an. Dann erzählte sie den beiden Frauen von ihrem Kummer und dem Ärger mit der Verwalterin.
Verärgert schüttelte Fyen den Kopf. »Das passt zu dem Miststück. Warum wird eigentlich keine weitere Magd eingestellt? Weil diese Hexe das ganze Geld verfrisst. Wenn du nicht aufpasst, wird sie dir auch noch den Lohn kürzen.«
Eine weitere Sorge legte sich wie das Kreuz Christi auf Alenas Rücken. Bisher bekam sie von den Bewohnern manchen Albus zugesteckt, doch solch großzügige Gesten fielen wohl in Zukunft aus, wenn die Pfründe für alle geschmälert wurden. Sollte Elsgen ihr auch noch den Lohn kürzen, könnte sie die Kappesbäuerin nicht mehr bezahlen. Sie erhob sich und legte Theres die gähnende Sophie in den Arm. »Wenn das geschieht, weiß ich keinen Ausweg mehr.«
»Mach bloß keine
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