Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
nachher einen Abstecher ins Alexianerkloster. Du brauchst ja nicht lange zu bleiben.«
Selbst wenn sie Gülich einen kurzen Besuch abstattete, würde ihr die Zeit für Gabriel fehlen. Alena knabberte an ihrer Unterlippe. Jede Minute, die sie mit ihrem Sohn verbringen konnte, war kostbarer als Gold. Doch was war mit Änni? Ihre Freundin würde jedes Opfer bringen, wenn sie, Alena, in der Klemme steckte. Dieses eine Mal würde sie etwas von ihrer Zeit mit Gabriel hergeben müssen. Vielleicht war Gülich darauf angewiesen, dass sie einen Kurierdienst übernahm.
In Ivens Augen lag stummes Flehen. Er ließ sich auf dem Stuhl nieder und goss Bier in zwei Becher. »Wir sind Gülich Hilfe schuldig. Er hat sich schließlich auch für uns gegen das Unrecht in der Stadt eingesetzt und sich mit den Bürgermeistern angelegt, ohne ein einziges Mal an sich selbst zu denken.«
»Ich gehe morgen zu ihm.« Alena legte die Hand auf seine.
»Wirklich? Das wäre wunderbar. Er wird es uns danken, glaube mir.«
»Das ist nicht nötig. Du hast recht. Wir müssen ihm helfen.«
Iven nahm ihre Hand und küsste jeden einzelnen Finger. Dann zog er sie zu sich auf den Schoß und drückte sie an sich.
Bis ans Ende der Welt und noch weiter würde sie für ihn gehen, wenn nur Gabriel bei ihr wäre. Wie so oft in der letzten Zeit haderte Alena mit ihrem Schicksal und mit Gott. Gab es einen Ausweg aus diesem Leben? Würde sie für immer von ihrem Sohn getrennt sein und niemals, nur eine einzige Nacht, mit ihm unter einem Dach schlafen dürfen? Wie lange würde es ihr vergönnt sein, die Liebe mit Iven zu teilen? Antworten auf diese Fragen hatte sie nicht. Ihre Zukunft lag unter einem grauen Schleier verborgen. Und selbst wenn sie es gekonnt hätte, hätte sie es nicht gewagt, ihn zu lüften.
Alena hätte sich ein Pferd gewünscht, um schneller am Eigelstein zu sein. Der Weg kostete sie jedes Mal eine Stunde hin und eine wieder zurück. Das war die Hälfte ihrer freien Zeit. Trotz der frühen Stunde glühte bereits die Sonne, und sie glaubte, unter ihrem Mantel zu zerfließen. Mit jedem Schritt wirbelte sie Staub auf, der in ihrer ausgedörrten Kehle brannte.
Endlich hatte sie den Hof der Kappesbäuerin erreicht. Zuerst schöpfte sie Wasser aus dem Brunnen, um ihren Durst zu stillen. Mettel schlenderte soeben gemächlich aus dem Wohnhaus, ein Zeichen dafür, dass alles in bester Ordnung war. Alena brauchte ein paar Minuten, um ihren Herzschlag zu beruhigen, so wie jedes Mal, wenn sie voller Ungewissheit und Sorge den Hof betrat.
»Du bist früh dran, Mädchen.«
»Ja, ich habe heute nicht viel Zeit.« Sie eilte an Mettel vorbei in die Wohnstube, nahm Gabriel auf und wiegte ihn erleichtert in den Armen.
Neben der Kochstelle spielte Billa mit ihrer Lappenpuppe. Als sie Alena erblickte, bettete sie die Puppe in einen Stofffetzen und trat zu ihr. »Er ist immer sehr hungrig. Mutter sagt, dass er unsere ganze Ziegenmilch wegtrinkt.«
»Das ist doch Unfug!« Alena schüttelte verärgert den Kopf. Wie konnte Mettel dem Kind nur solch einen Bären aufbinden?
Die Bäuerin setzte den Fuß auf die Schwelle und lehnte sich mit der Schulter an den Türrahmen. »Pater Cornelius wird immer aufdringlicher. Wenn der Pfaffe könnte, würde er jeden Winkel im Haus durchsuchen. Er spricht sogar von Dämonen. Weiß der Henker, wo er diesen Mist aufgeschnappt hat.«
Alena sah sie besorgt an. »Glaubst du, dass der Schellenmann ihm von Gabriel erzählt hat?«
Mettel kratzte sich unter der fleckigen Haube am Kopf. »Diederich? Ich weiß nicht.«
»Er ist wie besessen davon, dass ich die Hure des Satans sei, und erzählt es sogar auf dem Leprosenhof herum.«
»Versetz dem blöden Hund einen Tritt in den Hintern. Doch sorge dich nicht. Der bellt nur. Schon lange nimmt ihn niemand mehr ernst. Wenn er nicht gesoffen hat, ist er im Grunde ein anständiger Kerl. Aber sobald er etwas intus hat, ist er wie ausgewechselt. Der Satan steckt im Suff und sonst nirgends.«
Plötzlich stürmte Michel, der mittlere Bub von Mettel, in die Stube. Sein Gesicht war genauso rot wie das Haar. »Pater Cornelius, Pater Cornelius!«, rief er aufgeregt. »Ich habe ihn zu spät gesehen. Er ist schon kurz vor dem Tor.«
Alenas Herzschlag setzte aus, und sie entzog Gabriel hastig die Brust. Der Junge war jedoch nicht satt und äußerte seinen Unmut mit lautem Geschrei.
Rasch sprang Mettel auf, zog die spielende Billa am Arm hoch und schleifte sie die Stiegen hinauf. »Du bleibst
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