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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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unseretwegen nicht auf, sich zu amüsieren.«
    Er nickte dem Fiedler zu, der daraufhin gleich den ersten Tanz anstimmte.
    Wie erwartet trat Nathaniel vor Mrs Budgeon, verneigte sich und bat sie um den ersten Tanz. Und Mr Hudson als der ranghöchste männliche Angestellte verbeugte sich vor seiner Herrin. Margaret fragte sich, ob der ewig unzufriedene Mr Arnold es dem Neuankömmling übel nahm, dass er ihn dieser Ehre beraubt hatte, doch ein Blick zeigte ihr, dass Mr Arnold soeben das zweite Glas Punch genoss und sich ausgiebig am Büfett bediente.
    Der Fiedler spielte einen lebhaften schottischen Reel. Allmählich füllte sich die Tanzfläche.
    Margaret beobachtete Nathaniel, beeindruckt von der Wärme und Achtung, mit der er Artigkeiten mit seiner Haushälterin austauschte. Sie sah auch, wie Miss Upchurch mit Mr Hudson tanzte. Sie bewegten sich selbstvergessen und voller Hingabe. Mr Hudson hatte eigentlich eine ein wenig plumpe Figur, doch er hatte noch nie so jung und attraktiv ausgehen wie jetzt, da er mit Miss Upchurch tanzte. Margaret glaubte, auch aus Helens Augen Bewunderung für den Verwalter leuchten zu sehen. Wieder wünschte sie sich, dass sie Zeit für Helens Frisur gehabt hätte.
    Craig und Joan tanzten neben ihnen mit schwungvoll aufeinander abgestimmten Schritten, vielleicht etwas weniger gewandt, aber mit dem gleichen strahlenden Lächeln und mit den gleichen scheuen Blickwechseln.
    Nach dem Reel mit dem Titel Speed the Plow geleitete Mr Up­church Mrs Budgeon in eine Ecke des Raums, verbeugte sich und fragte, wen er als Nächstes auffordern sollte. Mrs Budgeon sah sich um auf der Suche nach dem Ersten Hausmädchen, nahm Margaret an, doch Betty versteckte sich hinter Mr Arnold und gab ihr mit wilden Gesten zu verstehen, dass sie nicht tanzen wollte.
    »Betty ist im Moment beschäftigt«, sagte Mrs Budgeon. »Wie wäre es mit dem neuesten Mitglied unseres Stabes?« Sie deutete zu Margaret hinüber.
    Warum hatte sie Mrs Budgeon bloß so aufdringlich angestarrt, dachte Margaret. Die Frau musste ja denken, sie wollte unbedingt einen Tanzpartner haben!
    Nathaniel Upchurch sah zu ihr hinüber. Zögerte er? Auf seinem Gesicht lag kein Lächeln, als er Mrs Budgeon zunickte und dann zu ihr herüberkam. Sollte sie sich sträuben?
    Er blieb vor ihr stehen.
    Sie hielt ihren Blick starr auf seine Weste gerichtet, zu nervös, um ihm ins Gesicht zu sehen.
    »Darf ich um diesen Tanz bitten, Nora?«
    »Oh. Ich dachte … ich gehöre wohl kaum zu den höherrangigen Dienstboten.«
    »Anscheinend meidet das Erste Hausmädchen mich wie die Pest. Ich hoffe doch, dass du mich nicht auch zurückweist?«
    Zurückweist … War das etwa eine verschleierte Anspielung auf ihre grausame Zurückweisung seines Heiratsantrags? Aber nein, das bildete sie sich ein! Wenn er sie erkannt hätte, hätte er sie längt hinausgeworfen, eine Erklärung verlangt oder Sterling Benton informiert. Doch soweit sie wusste, hatte er nichts von all dem getan.
    Sie schluckte. »Nein, Sir.«
    Er führte sie durch die Schritte des Tanzes, lächelte ihr vage zu, wenn sie einander gegenüberstanden oder aneinander vorbeischritten, zeigte aber die ganze Zeit über nicht einen Hauch der Wärme, die er Mrs Budgeon gegenüber ausgestrahlt hatte.
    Aber die Haushälterin kannte er schließlich schon jahrelang, rief sie sich in Erinnerung. Und »Nora« kannte er überhaupt nicht, auch wenn sie ihn und seinen Verwalter in jener Nacht in London gerettet hatte.
    Sie dachte an andere, längst vergangene Nächte, in denen sie zusammen auf einem Ball getanzt hatten. Damals hatte er sie mit seinen ernsten Augen hinter der Brille bewundernd, ja fast anbetend angesehen. Seine Finger hatten auf ihren Händen oder um ihre Taille gelegen, wann immer die Schritte und Positionen des Tanzes sie zusammengeführt hatten. Doch jetzt blickte er distanziert, sein Lächeln – ein Lächeln mit geschlossenen Lippen – wirkte aufgesetzt, seine Hand war kalt und löste sich stets sehr schnell wieder von ihrer. Damals waren die Ballsäle größer gewesen, die Gäste wohlhabender, die Musik schöner, doch wenn er sie nur einmal anlächeln würde – wirklich anlächeln, würde sie dieser Nacht in dieser Gesellschaft den Vorzug geben.
    Als das Schweigen zwischen ihnen peinlich wurde, fragte er höflich: »Genießt du den Abend?«
    »Ja, Sir.«
    »Ist die Musik nach deinem Geschmack?«
    »Ja. Sehr hübsch.« Was war sie doch für eine Idiotin! Warum fiel ihr nichts ein, was sie sagen

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