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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Abend saß Nathaniel zusammen mit Helen an Lewisʼ Bett und versuchte, in einem landwirtschaftlichen Magazin zu lesen, doch meistens starrte er nur auf die Kerze und sah zu, wie sie brannte, flackerte und tropfte. »Hat Lewis zu dir irgendwann einmal irgendetwas über eine Frau gesagt?«
    »Du meinst Barbara Lyons?«
    Er zuckte die Achseln, weil er wusste, dass er nach Strohhalmen griff. »Saxby deutete etwas über eine Frau aus der Gegend an. Aber der Kammerdiener meint, Lewis und Saxby hatten Streit wegen Miss Lyons.«
    Helen hob die Hände. »Lewis hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er sie bewunderte. Warum fragst du?«
    Er hob das blaue Band hoch, das Mrs Budgeon in Lewisʼ Tasche gefunden hatte. »Dieses Stück weiblichen Flitterkrams hat mich nachdenklich gemacht. Und Lewisʼ Kammerdiener meinte, seiner Ansicht nach sei es bei dem Duell um eine Frau gegangen.«
    Ein Mädchen trat ein. Sie hatte den Kopf gesenkt und trug ein Tablett. Als sie aufblickte, sah er, dass es Margaret war.
    Ohne das Gespräch zu unterbrechen, winkte Helen sie zu sich. »Aber Mr Saxby ist doch nicht einmal mit Miss Lyons verlobt.«
    Nathaniel beobachtete Margaret. »Trotzdem könnte ein Gentleman sich gekränkt fühlen, wenn ein Mann die Frau verführt, die er liebt.« Er dachte daran, wie Lewis plötzlich angefangen hatte, Miss Macy mit Aufmerksamkeiten zu überschütten, obwohl er, Nathaniel, ihr den Hof machte. Lewis schien die Frauen anderer Männer schon immer unwiderstehlich gefunden zu haben.
    Margaret stellte das Teetablett ab und ging still wieder hinaus.
    »Lewis würde nie …« Helen unterbrach sich und lachte traurig auf. »Ich wollte gerade sagen, so etwas würde Lewis nie tun, aber ich weiß natürlich, dass das nicht stimmt. Trotzdem schäme ich mich, es zu sagen, während er daliegt und mit dem Tod ringt.« Mühsam unterdrückte sie ein Schluchzen. »Ich liebe ihn so sehr.«
    »Natürlich. Und ich auch. Aber das heißt nicht, dass wir blind für seine Fehler sein müssen oder dass wir seinen Angreifer nicht zur Rechenschaft ziehen dürfen.«
    »Aber wenn es ein Duell war und wenn die Regeln eingehalten wurden, wird kaum eine Jury einen Gentleman deswegen schuldig sprechen.«
    »Duelle sind illegal und es wurde schon mehr als ein Mann gehängt, weil er einen anderen getötet hat, Duell hin oder her«, sagte Nathaniel. Dann fügte er hinzu: »Aber da ist noch etwas anderes. Ich habe mit dem Pferdeknecht gesprochen. Er hat gesagt, dass Saxby an dem Morgen, kurz nachdem Lewis losgeritten ist, nach seinem Pferd verlangt hat.«
    Helen starrte ihn an. »Willst du damit sagen, dass Mr Saxby auf Lewis geschossen hat?«
    »Nein … ich weiß nicht. Er hat gesagt, er hätte vorgehabt, Lewis zu folgen, aber er hätte ihn nicht mehr eingeholt und wäre stattdessen nach Hunton geritten.«
    Nathaniel fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Der Kammerdiener sagt, der Mann trug eine Maske, war gekleidet wie ein Gentleman und sprach mit einem Oberschicht-Akzent. Es hätte also Saxby sein können, aber ich überlege trotzdem, ob nicht vielleicht der Mann, der die Ecclesia überfallen hat, auf Lewis geschossen hat.«
    Helens Augen weiteten sich. »Nein!«
    Nathaniel zuckte die Schultern. »Er hat gedroht, hierherzukommen und alles zu zerstören.«
    »Das Duell fand nur ein paar Stunden nach unserem Maskenball statt«, sagte Helen. »Viele Gentlemen können eine Maske getragen haben.«
    »Ich weiß.«
    »Warum sollte dieser Preston Lewis erschießen? Und wenn, warum sollte er sich die Mühe machen, eine Maske aufzusetzen?«
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte Nathaniel erschöpft. Er stieß die Luft aus. »Ich weiß einfach nicht mehr, was ich glauben soll.«
    Helen sagte leise: »Bis wir mehr wissen, sollten wir niemand erzählen, dass Lewis in diese Geschichte verwickelt war. Ich will nicht, dass er noch dafür belangt wird, wenn …« Ihre Stimme brach. »Oh Gott, bitte, lass ihn am Leben.«
    Nathaniel drückte ihre Hand. »Irgendwann werde ich es den Behörden melden müssen und Dr. Drummond wahrscheinlich auch. Aber ich werde vorsichtig sein.«
    Wenn Lewis doch nur aufwachen würde. Dann könnte er ihnen sagen, wer es war, und ihnen viel ersparen. Wenn er am Leben blieb, würde diese erstickende Last sich heben und Nathaniel könnte wieder leichter atmen. Gott, bitte, lass ihn am Leben.

    Mrs Budgeon hatte Nora die zusätzliche Pflicht aufgetragen, sich um das Krankenzimmer zu kümmern, dafür zu sorgen, dass es sauber und

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