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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Deck. Ihm blieb die Luft weg. Sein Säbel war außer Reichweite. Preston setzte ihm die Säbelspitze an die Kehle und nagelte ihn so auf dem Deck fest.
    In deine Hand befehle ich meinen Geist, Gott , dachte Nathaniel. Vergib mir meine vielen Sünden, um Jesu willen. Dann sagte er: »Nehmen Sie sich, was Sie wollen, und töten Sie mich, aber lassen Sie Hudson ge­hen. Es ist mein Schiff. Er arbeitet nur für mich.«
    Prestons Lippen kräuselten sich. »Glauben Sie, ich hätte vergessen, dass Sie mir Hudson abgeworben haben? Dass Sie mir meinen besten Angestellten gestohlen haben? Ganz zu schweigen von den anderen Problemen, die ich Ihnen zu verdanken habe!«
    Mit seinen Forderungen nach Reformen hatte Nathaniel sich auf Barbados viele Feinde gemacht. Preston war der Anführer seiner Gegner gewesen, vor allem, seit Nathaniel aufgedeckt hatte, dass er immer noch in den Sklavenhandel verstrickt war, obwohl dieser für ungesetzlich erklärt worden war.
    Preston, den Säbel noch immer auf Nathaniel gerichtet, rief über die Schulter: »Turtle, bring mir die Truhe.« Er blickte auf Nathaniel hinunter: »Ihr Jahresverdienst, nehme ich an?«
    »Wie Sie sehr gut wissen«, schnappte Nathaniel, obwohl er die Hälfte des Geldes bereits in das Londoner Stadthaus gebracht hatte, weil er anfangen wollte, die Rechnungen zu bezahlen. Der Rest befand sich in einer Schließkassette in der Kutsche. »So ist das also. Warum sich mit dem mageren Profit aus Ihrer schlecht geführten Plantage begnügen, wenn Sie von dem Verdienst anderer leben können?«
    »Ganz richtig!« Prestons Augen glitzerten. »Ich habe gehört, wie Ihr Vater mit seinem diesjährigen Profit geprahlt hat – der höchste seit vielen Jahren, heißt es.« Er senkte den Säbel und tippte gegen die Kette, die Nathaniel um den Hals trug. »Der Schlüssel?« Mit einer Drehung des Handgelenks durchtrennte er die Kette, streifte den Schlüssel ab, schleuderte ihn in die Luft und fing ihn elegant auf.
    »Habʼ sie, Sir!«, rief der Mann, der sich Turtle nannte, und hob die etwa sechzig mal sechzig Zentimeter große Truhe hoch. Er hatte eine große Narbe im Gesicht, die vom Mund zum Ohr verlief und wie ein grausames Lächeln aussah.
    »Stell sie zu den anderen. Ich komme gleich nach.«
    Das warʼs also, dachte Nathaniel. Sein Körper verkrampfte sich . Jetzt hat er alles von mir, was er wollte. Das ist das Ende. Er dachte an Helen. Jetzt würde sie noch einsamer sein. Und sein Vater. Würde er ihn für einen Versager halten? Und dann dachte er an Margaret Macy. Vielleicht war es gut, dass sie ihn nicht geheiratet hatte; es hätte ihm leidgetan, sie jetzt schon zur Witwe zu machen.
    Preston hob den Säbel – um ihm den Todesstoß zu versetzen, wie Nathaniel glaubte. Doch stattdessen sprang er auf. »Auf gehtʼs, Männer! Nehmen wir uns die Beute und trollen uns! Und lassen wir diese guten Männer laufen, damit sie sich weiter ihres Lebens freuen können!« Damit sprang er vom brennenden Deck und löste elegant die Leine, mit der das Beiboot vertäut war.
    Nathaniel sprang auf und rannte an die Reling. Er sah gerade noch, wie der Mann mit einem anmutigen Sprung im Beiboot landete. Preston lächelte zu ihm hinauf und tippte sich an den Dreispitz.
    Nathaniel rief hinunter: »Sie laufen weg? Mit Verlaub, Sir, Sie sind ein Feigling, trotz all Ihrer Fähigkeiten und Ihres Ruhms!«
    Prestons Lächeln erlosch. »Wollen Sie sich mit mir duellieren?«
    »Nennen Sie Zeit und Ort!«
    Ein unheimliches Leuchten trat in die Augen des Mannes. »Dann und dort, wo Sie am wenigsten damit rechnen.«
    Die Mannschaft begann zu rudern und das Beiboot legte ab; zweifellos wartete irgendwo ein Schiff.
    Nate überlegte kurz, ob er hinterherspringen sollte, doch das wäre Selbstmord gewesen. Um die schwerfällige Flusspolizei zu holen, blieb keine Zeit; das Heck des Schiffes stand bereits in hellen Flammen. Seines Schiffes. Des Schiffes, von dessen Anschaffung er seinen Vater mühevoll überzeugt hatte. Des Schiffes, in das er seinen Anteil des Ertrags investiert hatte.
    Er rannte zu Hudson, der besinnungslos, aber lebendig in seiner Kabine lag, und zerrte ihn unter Lebensgefahr aus den Flammen heraus. Eine brennende Rah stürzte herab, streifte seinen Arm und hätte ihn beinahe zu Fall gebracht. Er ignorierte den heftigen Schmerz und schleppte Hudson über das Hauptdeck auf den Landungssteg hinunter. Dabei hörte er schon den Alarm, der endlich doch noch ausgelöst worden war. Zu spät. Das Beiboot war

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