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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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nicht verstellt hatte. Aber egal, der Mann hatte sie ohnehin nicht ge­ hört.
    Margaret schloss das Fenster und trat zurück in die relative Sicherheit des Zimmers. Nun gut, sagte sie sich, sie hatte es immerhin versucht.
    Doch plötzlich sah sie ihren geliebten Vater vor sich, wie er sein altes Kutschpferd zügelte und an den Straßenrand lenkte, um einem Bauern zu helfen, dessen Wagenrad gebrochen war, ohne Rücksicht darauf, dass er sich dabei seine Hose und seine Handschuhe ruinierte. Er half einfach einem anderen Reisenden, der in Not war. Wie oft hatte er das getan!
    Sie ging zur Tür und öffnete sie. »Ich bin gleich wieder da.« Ohne auf Antwort zu warten, stürmte sie die Treppe hinunter und war schon halb unten, als ihr plötzlich etwas einfiel … Bei einer solchen Hilfeleistung war ihr Vater getötet worden.
    Dann war sie an der Vordertür und stieß sie auf. Der Fahrer steckte noch immer mit Kopf und Schultern im Wagen und sie konnte sehen, dass er ein Kissen zurechtrückte, das unter dem bandagierten Kopf eines Mannes lag. Ein Kissen würde ihnen kaum weiterhelfen, wenn sie nicht in der nächsten Sekunde weiterfuhren!
    Sie spähte um die Tür herum. Der große Kerl war stehen geblieben und hatte sich gebückt, um irgendetwas von seinem Schuh zu entfernen. Sein dünner Kumpan zog sich gerade die zu weite Hose hoch; der dritte Mann gähnte und taxierte den nichts ahnenden Kutscher. Margaret fragte sich, wieso die Reisenden keinen Wächter und keinen Stallknecht bei sich hatten.
    Sie öffnete die Tür noch etwas weiter, froh, dass sie ihr als Schutzschild vor den sich nähernden Halsabschneidern diente.
    Dann rief sie in ihrer besten Imitation von Nanny Booker in scharfem Ton: »Ihr da! Fahrt lieber weiter … aber dalli!«
    Der Fahrer fuhr herum und sah sie an. »Was wollen Sie?«
    Erst jetzt sah sie, dass eine seiner Hände verbunden war. Sie deutete hinter die geöffnete Tür. »Sind Se blind? Haun Se hier ab! Los!«
    Der Mann blickte in die Richtung, in die sie deutete. Die Haut um seine Augen zog sich zusammen, sein Mund kräuselte sich.
    »Halten Sie durch«, sagte er zu dem Mann in der Kutsche. Dann schlug er die Tür zu, sprang auf den Sitz – gelenkiger, als er abgestiegen war –, ergriff die Zügel, brüllte den Pferden etwas zu und knallte mit der Peitsche. Die Pferde warfen die Köpfe hoch, wieherten und zogen an; die Kutsche setzte sich in Bewegung. Aber zu langsam, viel zu langsam.
    Sie wagte noch einen Blick um die Tür herum. Der schwarzhaarige Kerl kam bereits die Straße heruntergerannt. »Los, die schnappen wir uns«, rief er.
    Seine Kumpane folgten ihm etwas bedächtiger.
    Sie schaute genau hin und wog die Schritte des Riesen gegen die langsam an Tempo zulegende Kutsche ab. Sie beschleunigte nicht schnell genug. Sie sah, wie der Fahrer sich umsah, das Gesicht grimmig verzogen.
    Sie hörte, wie die Schritte auf die Tür zukamen, die sie immer noch leicht geöffnet hielt. Dann nahm sie allen Mut zusammen und stieß die Tür im letzten Moment mit aller Kraft weit auf.
    Peng! Die schwere Holztür erzitterte unter dem heftigen Zusammenprall mit dem Mann und schnellte ebenso heftig zurück. Margaret machte einen Riesensatz rückwärts. Die Tür verfehlte nur knapp ihr Gesicht, streifte aber noch ihre Schulter. Sie hörte einen Schrei, einen dumpfen Aufschlag, als sei der Kerl mit Knien und Schultern auf dem Pflaster aufgekommen, dann einen scharfen Fluch.
    Die Tür prallte auf den Rahmen und sprang erneut auf. Ein Paar schwarze Augen starrten sie an. Hastig packte sie den Riegel, zog die Tür zu und schob mit zitternden Händen den Riegel vor.
    Dann rannte sie die Treppe hinauf, so schnell sie konnte. Auf dem ersten Treppenabsatz stolperte sie und spürte, wie ihr Strumpf zerriss. Ein heftiger Schmerz fuhr durch ihren Knöchel und ihr Knie. Sie umrundete den ersten Treppenabsatz und hetzte die zweite Trep­pe hinauf. Unten hörte sie Holz splittern, die Tür krachte auf. Stolpernde Schritte, Drohungen und Flüche folgten ihr, während sie die restlichen Stufen hinaufhastete und den Flur entlanglief. Sie riss die Tür von Nummer dreiundzwanzig auf, schlug sie hinter sich zu, verriegelte sie und hoffte inständig, dass die Männer nicht gesehen hatten, hinter welcher Tür sie verschwand.
    »Was ist denn los?«, fragte Joan.
    »Schhh!« Am ganzen Körper zitternd, zog Margaret einen unförmigen Eichenstuhl vor die Tür.
    Peg fragte: »Sind das die Rabauken?«
    Margaret nickte.
    Pegs Augen

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