Die Magd von Fairbourne Hall
Blick trübte sich. Was war das? Er blinzelte, blinzelte noch einmal.
Sie rang die Hände. »Es tut mir leid, Mr Upchurch, aber ich kann Sie nicht heiraten. Es gab einmal eine Zeit, da glaubte ich, es zu können. Doch jetzt ist alles anders. Es tut mir leid.«
Er schmeckte Galle. »Wegen Lewis?«
Die Scham färbte ihre Wangen tiefrot, doch sie hob trotzig das Kinn. »Ja, ich bewundere Ihren Bruder, ich kann es nicht leugnen.«
Noch ein Schlag. Ein Stoß in die Rippen. Er tat einen schmerzhaften, kurzen Atemzug und sagte ruhig: »Ich denke, da muss ich Sie warnen. Lewis wird Sie wohl kaum heiraten.«
Ihr Gesicht verdunkelte sich vor Ärger. »Und deshalb sollte ich meine Gefühle ignorieren und stattdessen Sie heiraten?«
Sein Herz sank. Seine Hoffnungen stürzten in sich zusammen. »Margaret … Miss Macy. Ich …« Er schloss die Augen und räusperte sich. »Ich hatte keine Ahnung, dass es bereits so weit gekommen ist. Ich bin … ich bin tief enttäuscht.«
»Können Sie sich nicht freuen für Lewis und mich?«
Er sah sie erstaunt an. »Nein, das kann ich nicht. Und ich kann auch nicht danebenstehen und Sie beide beobachten und so tun, als ob …« Langsam schüttelte er den Kopf. »Ich glaube, ich werde so schnell wie möglich nach Barbados abreisen.«
»Dann wünsche ich Ihnen eine gute Reise, Mr Upchurch.«
Er zuckte zusammen angesichts ihrer Gleichgültigkeit. Wieder schüttelte er den Kopf, fassungslos und wie betäubt. So hatte er sich den heutigen Tag nicht vorgestellt. Als er das Zimmer durchquerte, wurde ihm übel. An der Tür wandte er sich noch einmal um. »Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich nie so fühlen, wie ich mich in diesem Augenblick fühle, Miss Macy.« Er öffnete die Tür, zögerte noch einmal. »Oder vielleicht … hoffe ich, dass Sie es eines Tages tun werden.«
»Noch einmal, es tut mir …«
Er hob die Hand, plötzlich zornig. »Genug. Ich will Ihr Mitleid nicht. Einen guten Tag noch, Madam. Leben Sie wohl!«
Damit drehte er sich auf dem Absatz um und verließ das Zimmer. Hinter ihm krachte die Tür ins Schloss.
Nathaniel hörte noch heute, wie die Tür damals zuschlug … hinter seinem schönsten Traum.
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10
Die Ersten Hausmädchen übernahmen die leichteren Aufgaben;
sie machten die Betten in den vornehmsten Schlafzimmern und hatten
ein Auge auf die anderen Hausmädchen. Letztere machten Feuer und
hielten es in Gang, putzten die Wohnzimmer, polierten das Messing,
brachten Waschwasser hinauf und leerten die Nachttöpfe.
Margaret Willes, Household Management
»Es ist nicht fair, Betty, das weißt du genau«, beschwerte sich Fiona, als die drei Frauen am folgenden Morgen ihre Putzkästen aus dem Schrank holten.
»Ich weiß, Fiona. Aber …«
»Aber was? Bisher war es immer so, dass das unterste Hausmädchen die Nachttöpfe leeren musste. Genau so warʼs. Es ist nicht in Ordnung, dass ich für die ganze Familie Wasser schleppen und die Nachttöpfe leeren muss, vor allem jetzt, wo auch noch Mr Lewis da ist. Und Connor, so nett er auch tun mag, hat sich nicht dafür angeboten.«
»Na, aber Fiona. Ich will kein Wort gegen Connor hören. Er schickt seinen ganzen Verdienst nach Hause, für seine Brüder und seine Schwester. Eine so hohe Stellung, obwohl er noch so jung ist. Kein Wunder, dass er dergleichen uns überlässt.«
»Mir überlässt, meinst du. Und mir reichtʼs jetzt. Wir könnten uns die Arbeit wenigstens teilen.«
Betty seufzte. »Na gut.« Sie drehte sich zu Margaret um und sah sie auffordernd an. »Nora, Fiona hat recht. Sie hat die ganze Zeit, während ich dich eingewiesen habe, die Wasserkrüge geschleppt und die Nachttöpfe geleert. Aber jetzt weißt du, wie alles geht. Es ist nur gerecht, wenn du jetzt deinen Teil der Arbeit übernimmst.«
Margaret nickte, aber innerlich wand sie sich. Es war eine Sache gewesen, in die Zimmer der Gentlemen zu gehen, wenn diese aufgestanden und angezogen waren und die Zimmer verlassen hatten. Doch hineinzugehen, wenn sie noch im Bett lagen? Wenn sie wer weiß was trugen – oder womöglich sogar gar nichts anhatten? Sie schauderte bei dem Gedanken und betete, dass kein Mensch je erfuhr, dass sie so etwas gemacht hatte.
Ein paar Minuten später – Fiona und Betty waren schon hinuntergegangen, um die Gesellschaftsräume zu putzen – stand Margaret vor Lewis Upchurchs Schlafzimmertür, den Wasserkrug in der Hand. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Sollte sie ihn wecken? Die Gelegenheit nutzen, ihm
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