Die Maggan-Kopie
rückwärts. Dann atmete sie tief durch. Die Neugier war einfach zu groß. Schnell ging sie wieder auf den Safe zu und tippte in das kleine Taste n feld ihr Geburtsdatum. Die Tür sprang auf. In dem stählernen Kasten befa n den sich eine Menge Papierkram und eine Box mit Blu-ray-Discs. Diese holte Maggan heraus. Jede Disc befand sich in einer weißen Papiertüte, auf der einige Erkl ä rungen standen, zum Beispiel: Bauxit Amazonas, Öl Atlantik, Titan Indischer Ozean, Mond, Mars, Bio-Labor. Alles hörte sich uninteressant an, außer das Letzte: Bio-Labor. Der Delta-Konzern hatte überhaupt nichts mit Biologie zu tun. Im weite s ten Sinne höchstens in Bezug auf Erdöl. Aber das schien ihr nichts damit zu tun zu haben.
Maggan zog die Disc aus der Hülle und steckte die silberne Scheibe in das Laufwerk. Auf dem Bildschirm erschien das Delta-Symbol. Es kam von der Mi t te, wurde immer größer und drehte sich um seine eigene Achse. Dazu erklang eine Musik. Dann blieb es in voller Größe stehen und löste sich in kleine Quadrate auf, bis es verschwunden war. Ein Plan des Delta-Geländes von Karlskoga erschien. Die Gebäude wuchsen dreidimensional daraus hervor, bis alles, wie ein dreidimension a les Foto wirkte.
Maggan flog über das Gelände und landete am Haupttor. Eine virtuelle Fahrt vom Tor aus, am Hauptgebäude entlang, führte in den nördlichen Teil des G e ländes. Alles wirkte sehr echt. Die Bäume wiegten sich im Wind und Menschen liefen auf den Straßen entlang oder schauten zum Fenster heraus. Die Fahrt ging an den verschiedenen Laboren und Abteilungen entlang, am kreisrunden Hu b schrauberlandefeld vorbei. Dann auf einen Trampelpfad durch den Wald im nördlichen Teil des Geländes. An einem kleinen Trafohäuschen stoppte die Fahrt. Auf der Tür erschien: Bitte Code eing e ben!
„Verdammt!“, fluchte Maggan. Den Code kannte sie natürlich nicht. Aber was konnte schon so Geheimnisvolles in einem Trafohäuschen sein? Sie ve r suchte ein paar Geburtstage, Namen und Wörter wie Klettern, Berge etc., die ihrem Vater etwas bedeuteten. Maggan probierte auch K2 und K-Delta X2, doch alles Fehlanzeige. Nach einer Viertelstunde gab sie es schließlich auf. Sie schloss alles wi e der weg und verließ das B ü ro.
Harry
„Hallo Harry“, sagte Maggan leise und legte dem dunkelhaarigen Mann im weißen Kittel mit der b e ginnenden Glatze am Hinterkopf ihre Hand auf die Schulter. Er blickte von seiner Arbeit am Terminal auf. Es dauerte eine Weile, bis sich seine Gedanken von dem Programm, an dem er gerade arbeitete, gelöst ha t ten und er sie registrierte. Dann sprang er auf.
„Hallo, Maggan!“ Er schloss sie in die Arme. „Wie geht es denn unserer kle i nen Chefin?“
„Schon wieder ganz gut“, antwortete Maggan. „Ich habe gehört, dass ihr zie m lich fleißig wart, während ich im Koma vor mich hin dä m merte?“
„Ja, das kann man wohl sagen. Wir hatten auch recht großen Druck von oben.“ Er deutete mit dem Daumen die Richtung an und rollte bedeutungsvoll mit den Augen. Damit meinte er natürlich ihren V a ter.
„Das kann ich mir vorstellen“, sagte Maggan lachend.
Inzwischen hatten sich die anderen aus dem Team auch eingefunden. Ya Lin, die Asiatin, holte eine Flasche Sekt aus dem Kühlschrank und verteilte den Inhalt auf sechs Plastikbecher, dann stießen alle auf Maggans neues L e ben an.
Harry pustete einen roten, herzförmigen Luftballon auf und gab ihn Maggan mit den Worten:
„Atmen bedeutet Leben, deshalb schenke ich dir hier meinen Atem.“
Maggan nahm lächelnd das rote Herz und die anderen applaudierten.
„Ich wusste gar nicht, dass du so ein Poet bist, Harry“, kommentierte sie seine Worte. Harry lief rot an. Die Mitglieder ihres Teams waren die einzigen, außer ihrer Familie, die es wirklich ernst meinten. Sie arbeiteten schließlich schon drei Jahre zusammen und waren eine eingeschworene Gemeinschaft gewo r den.
Die m eisten waren echte Delta-Kinder, deren Eltern irgendwo auf der Welt einen hohen Posten im Konzern bekleideten. Harrys Mutter zum Be i spiel ging in drei Monaten in Pension. Sie war der oberste Kopf der Bauxitabbaugesellschaft im nördlichen Amazonasgebiet. Zurzeit hatte sie alle Hände voll damit zu tun einen Nachfolger zu benennen. Das schien ihr nicht ganz leicht zu fallen. Sie hatte schon an ihren Sohn gedacht, doch Harry Stampton war kein Mann für einen Managerposten. Er liebte es, in einer ei n samen Ecke an einem Problem zu knabbern. Doch er
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