Die Maggan-Kopie
das Prasseln des Feuers war zu h ö ren.
„Sie haben also einfach eine Zelle von mir als Embryo genommen und im Labor einen Zwilling e r zeugt?“, unterbrach Maggan die Stille.
„Wie gesagt, so machten sie es früher. Diese Methode hat den Nachteil, dass man genau bei der Ze u gung eines Menschen die Zelle entnehmen muss – etwas schwierig.“
„Was heißt früher?“, fragte Svenja verblüfft.
„Soweit ich weiß, wurden Versuche zum reproduktiven Klonen schon in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts durchgeführt“, antwortete Ke n ny.
„Ja, alles begann mit einem Schaf. Sie nannten es Dolly“, fügte Maggan an.
„Genau. Das war, glaube ich, 1996.“
„Ein Schaf. Das ist ein Tier, ja? So wie die Rentiere“, flüsterte Svenja geda n kenvoll. „Und wie machen sie es heute?“, fragte sie dann lauter.
Kenny und Maggan starrten sie unwillkürlich an. Doch dann antwortete er, wie er Maggan oder einem anderen Menschen geantwortet hätte.
„Man wendet den sogenannten somatischen Zellkerntransfer an. Dieses Verfahren umgeht die geschlechtliche Fortpflanzung. Du nimmst den Zellkern – also den Nukl e us – von einer beliebigen Zelle eines Lebewesens. Zum Beispiel der Haut, Blut oder so. Diese Zellen nennt man Somazellen. Du entfernst den Zellkern und pflanzt ihn in eine Spendereizelle, der du vorher die Erbsubstanz en t fernt hast. Dann verschmilzt du beide mit einem Elektroimpuls. Dieses Fusionsprodukt nennt man dann einen rekonstruierten Em b ryo.“
„Das heißt also, die haben mir irgendwann einmal Blut abgenommen und d a raus Svenja geklont?“
„Kann sein“, antwortete er, „aber das weiß ich natürlich nicht. Ich bin nun wirklich nicht mit der Entstehungsgeschichte jedes Klons vertraut.“ Nach e i ner Weile fügte er noch leise hinzu: „Entschuldigung, Svenja.“
„Schon gut, du musst dich für nichts entschuldigen. Wie es aussieht, bin ich eben irgendwie anders als ihr. Dafür kannst du ja nichts“, entgegnete sie l ä chelnd.
„Nein, direkt bin ich nicht verantwortlich, doch schließlich arbeite ich für diese Leute. Und mir war immer klar, dass das alles nicht legal ist, was die da treiben. Aber ich habe nichts dagegen getan.“
„Aber Svenja hat keine Erinnerungen an ihre Kindheit. Wie ist das möglich?“, fra g te Maggan weiter.
„Ich habe gesehen, dass sie die Klone in einer Art riesiger künstlicher Gebärmutter – oder wenn du willst Brutofen – heranzüchten, bis sie das Alter e r reicht haben, was gebraucht wird. Also das Alter des Originals, des Menschen. Dabei vergehen Jahre in wenigen Wochen.“
„Die scheinen ja schon ganz schön weit zu sein mit der Forschung“, sagte Maggan resigniert. Es musste eine gigantische Organisation sein, die solch kos t spielige Forschungen betreiben konnte und das schon seit Jahrzeh n ten.
„Wie viele gibt es?“
„Viele“, antwortete er niedergeschlagen, „zu viele. Jeder, der Geld und Macht hat, lässt sich heute seine Ersatzteillager klonen. Und wer dagegen ist, wird ve r nichtet. So wie dieser Anderson.“
„Ich wusste es“, triumphierte Maggan und schlug mit der Faust auf den Tisch.
Nacht
Das Feuer war schon ziemlich niedergebrannt und Kenny beugte sich vor, um neues Holz aufzulegen. Wieder war Stille in der Hütte. Die Fensterläden waren zwar wieder geöffnet, doch die Scheiben der Fen s ter waren schwarz. Draußen war dunkle Nacht.
„Was hast du jetzt vor?“, fragte Maggan.
„Die Frage ist doch, was habt ihr jetzt vor?“, antwortete er, ohne vom Feuer aufzusehen. Maggan zuckte mit den Schultern. Sie hatte wirklich keine A h nung, was sie jetzt machen sollten.
„Hast du eigentlich auch einen?“, fragte Svenja Kenny. Er blickte vom Feuer auf und sah sie fragend an. Seine Stirn stand in Falten und das blonde Haar wurde vom Feuer in helles Rot g e taucht.
„Einen was?“
„Einen Klon.“ Er schüttelte den Kopf und lächelte, als habe Svenja etwas sehr seltsames gesagt.
„Nein, so etwas kann ich mir nicht leisten. Du hast ja keine Vorstellung, was diese Leute dafür beza h len müssen“, entgegnete er.
„Wieso hatte Harry einen? Er hat doch nicht so viel verdient“, fragte Maggan. Doch dann antwort e te sie sich schon selbst: „Ach ja, seine Mutter ist ja der Big Boss vom Amaz o nas.“
„Damit hatte das weniger zu tun. Er hat ihn wohl eher als so eine Art Sonderangebot zu seiner zehnjährigen Firmenzugehörigkeit bekommen“, erklärte Ke n ny.
„Sonderangebot“, wiederholte
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