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Die Maggan-Kopie

Die Maggan-Kopie

Titel: Die Maggan-Kopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Montemurri
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ging bald zu Ende und Kenny setzte die beiden Frauen auf einem flachen, kahlen Ber g rücken ab.
    „Ich könnte es gerade bis nach Nordland schaffen“, sagte er mit Blick auf die Treibstoffanzeige. Dies war eine Forschungsstation in der Zone, die, u n terstützt von Satelliten, das Ozonloch beobachtete und chemische Mittel e r probte, um die Ozonschicht zu regenerieren. Darüber hatte er einmal einen Bericht in den Medien gesehen. Da sie dort auch Forschungsflugzeuge unterhielten, wollte er aufta n ken und dann zurück nach Karlskoga fliegen. Kenny wuchtete die Rucksäcke aus dem Helikopter. Maggan lehnte an der Maschine und schaute ihm zu.
    „Sei vorsichtig. Ich habe ein ungutes Gefühl.“ Er lächelte und kramte in der Jacke herum. Als er g e funden hatte, wonach er suchte, verschwand es schnell und geübt in seinem Mund.
    „Du warst schon immer eine Pessimistin“, sagte er. Dann nahm er ihr Gesicht in seine Hände und küsste Maggan.
    „Ich habe Angst“, gestand sie leise. Er blickte zu Svenja hinüber, die in ihrem Rucksack etwas zu s u chen schien, doch er wusste, dass sie nur diskret sein wollte.
    „Ich werde euch nicht im Stich lassen.“ Er beugte sich in den Hubschrauber und kramte etwas hervor. „Hier, für den Notfall.“ Es war seine Pist o le.
    „Ich möchte das nicht“, erklärte Maggan. Doch er ließ kein Nein zu und drückte sie ihr in die Hand.
    „Es würde mich beruhigen. Außerdem gibt es hier auch wilde Tiere, Bären und Wölfe und so.“
    „Die haben sicher mehr Angst vor uns, als wir vor ihnen. Die Menschen machen mir mehr Angst“, entgegnete Maggan.
    Er stieg in den Helikopter und startete die Turbine. Maggan trat einige Schritte zurück. Dann begannen sich die Rotorblätter in Bewegung zu se t zen. Maggan und Svenja saßen auf ihren Rucksäcken und blickten der stählernen Riesenlibelle nach, die in nordöstlicher Richtung im Dunst der Regenwolken verschwand. Bald hatte der wolkenverhangene Himmel sie gänzlich ve r schluckt. Maggan fühlte sich plötzlich von aller Welt verlassen und musste sich beherrschen, um nicht in Tränen auszubrechen. Doch das konnte sie Svenja nicht antun. Sie wollte ihr Halt und Hoffnung auf eine glückliche Z u kunft geben. Vielleicht hätte sie Svenja dort lassen sollen, wo sie war. Mögl i cherweise wäre sie dort ja glücklicher gewesen, als hier mit ihr bei Regen in der Todeszone herumzusp a zieren.
    Die Wolken jagten über den Himmel und hüllten alles in ein deprimiere n des Grau. Sie konnten kaum hundert Meter weit sehen. Maggan zog den Kompass hervor und lotete Norden aus. Sie mussten einfach nur der roten Nadel folgen. In sechs bis acht Tagen konnten sie an dem See sein, an de s sen Ostufer sie sich mit Kenny verabredet hatten. Ihr Blick schweifte über das kahle Land, das sie umgab. Maggan spürte es mehr, als dass sie es durch den Regennebel sehen konnte. Einst gab es hier Städte und Dörfer mit bu n ten Samenmärkten, mit Rentiergeweih und Stickereien und Schnitzkunst. Besonders die reichverzierten Messer aus Rentierhorn mit handgeschmiedeter Kli n ge waren bei den zahlreichen Touristen sehr begehrt. Sie stauten sich auf den Straßen mit ihren Campingwagen und besuchten die Märkte und Feste. Im Se p tember fand die Rentierscheide statt, wo die Schlachttiere aussortiert wurden. Das Ganze war mit einem großen Fest verbu n den.
    Jetzt gab es hier nur noch Geisterstädte. Maggan hoffte, dass ihnen der Anblick erspart bliebe. Die N a tur konnte sich jetzt hier wieder austoben. Doch selbst dieser Gedanke konnte sie nicht erfreuen. Denn es war ein bitterer Beigeschmack, dass die Menschen hier das Feld räumten, nicht um die Natur zu schützen, sondern, weil sie durch ihr Tun die Schutzhülle der Erde ze r stört hatten und hier nun nicht mehr leben konnten.
    Man müsste meinen, dass die Menschheit durch diese Fehler etwas gelernt hätte, doch das war nicht der Fall. So wie die Menschen Ende des zwanzigsten Jahrhundert nicht aus dem Ozonloch über der Antarktis lernten und es wissen t lich zuließen, dass auch hier im Norden das Gleiche passierte, so lernten die Menschen dieses Jahrhunderts nichts aus ihren Fehlern. Sie hatten zwar die Kriege auf der Erde erfol g reich beendet, aber nicht aus Freundlichkeit oder Einsicht, sondern nur aus Profitgier. Sie hatten durch hochkomplizierte Reche n modelle festgestellt, dass es nicht mehr profitabel genug war, Kriege zu führen. Früher war der Gewinn an Land und Ressourcen durch einen Krieg recht

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