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Die Maggan-Kopie

Die Maggan-Kopie

Titel: Die Maggan-Kopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Montemurri
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kümmerte sich darum, dass jeder die paar G e setze, die er aufgestellt hatte, befolgte. Ein Gesetz war, dass niemand krank werden durfte. Fieber war das Schlimmste. Fast jeder der gefürc h teten Tropenviren, der eine Epidemie auslösen konnte, hatte als erstes Erkennungsmerkmal Fieber. Ihm zur Seite standen seine Krieger. Es war eine rege l rechte Ehre, einer von ihnen zu sein. Doch auch sie wurden bei Anzeichen von Krankheit nicht ve r schont.
    „Du kennst die Regeln, Kenneth!“
    „Nein verdammt!“, brüllte er ohnmächtig. „Es ist bloß eine Lungenentzü n dung! Der Regen! Das hält man nicht aus!“
    „Wir können kein Risiko eingehen.“ Bernhard sagte es in fast väterlichem Ton. „Es tut mir leid um den Jungen, wir k lich.“
    Er gab seinen Kriegern einen Wink und sie zerrten David aus der Hütte. Entgegen ihres Namens sahen die Krieger eher aus wie Ärzte. Sie trugen Gumm i handschuhe und Mundschutz, um sich gegen eine mögliche Ansteckung zu schützen. Die Gummihände fassten erbarmungslos zu und David hatte keine Chance sich zu wehren. Kenny stürzte sich wie von Sinnen auf den Freund und umklammerte seine Be i ne. Es war ein Horrorszenario.
    David brüllte: „Hilf mir, Kenny! Sie werden mich töten!“
    Kenny brüllte Bernhard an: „Lasst ihn los. Verdammt! Ihr Bestien!“
    Der Regen brüllte alle an.
    „Ich will nicht sterben, Kenny! Morgen geht’s mir bestimmt besser! Ich schwöre es!“ Kenny klammerte sich an seinen Beinen fest. Die Krieger zer r ten beide in Richtung Meer.
    „Lass ihn los, Kenny! Mach es ihm doch nicht so schwer“, brüllte Bernhard gegen das Trommeln des Regens.
    „Nein!“, schrie Kenny zurück. Bernhard schwang die Bambusstange und schlug zu. Sie traf Kenny auf dem Hinterkopf. Schlagartig versagten seine Mu s keln und Davids Beine glitten aus seinen Fingern. Er konnte sich nicht mehr rühren, doch er war nicht bewusstlos und musste z u sehen, wie sie den Jungen zur Steilwand zerrten.
    Er schrie und schlug um sich. „Hilf mir, Kenny! Hilf mir!“ Der Regen dämp f te die Todesschreie, doch sie dröhnten trotzdem gellend laut in Ke n nys Ohren. Er war unfähig sich zu rühren. Dann hörten die Schreie auf.
    Die Krieger schlugen mit den Bambusstangen auf David ein, bis er besinnungslos war und schoben ihn dann über den Rand der Klippe. Den Rest besorgten der zweihundert Meter tiefe Fall, die rasiermesserscharfen Felsvo r sprünge und die Haie.
    Als es vollbracht war, kümmerten sich die Krieger um Kenny. Auch er war e i ne potenzielle Gefahr, da er sich schon angesteckt haben konnte. Sie schlei f ten ihn zum Quarantäneplatz und fesselten ihn an den Pfahl. Wenn er die nächsten drei Tage keine Anzeichen einer Krankheit zeigte, durfte er weiterl e ben. So waren die Regeln. Kenny ließ es über sich ergehen. Ihm war es gleich, ob er sterben musste oder noch ein paar Monate länger in dieser Hölle leben durfte. Er sah immer nur Davids Gesicht vor sich. Die Angst in se i nen Augen.
    Am nächsten Tag hörte der Regen schlagartig auf. Die Sonne brach durch die Wolken. Doch ihre unbarmherzig brennenden Strahlen waren schlimmer als jedes Unwetter. Sie verbrannten die Haut in wenigen Stunden. Mit der Sonne kamen auch die Moskitos wieder aus ihren Ritzen und Winkeln gekr o chen, um sich ihren Anteil am Leben zu holen. Kenneth war immer noch an den Pfahl auf der Anhöhe gefe s selt. Es gab keinen Schatten. Rechts neben ihm hörte er die Brandung des Ozeans an die Klippen do n nern – weit unten, am Fuß des Abgrundes. Den Ozean sah er lediglich als grauen Dunststreifen, der den Übergang zum Himmel nur erahnen ließ. Links gab es erst einmal eine karge Ebene, hinter der in vie l leicht dreihundert Metern der grüne dichte Dschungel begann. Vor ihm lag in zirka zweihundert Metern das Dorf: schiefe halb verfallene Hütten, dazwischen schlammige Trampe l pfade.
    Niemand kam in seine Nähe. Der Krieger, zwanzig Meter vor ihm als Wache postiert, war eigentlich überflüssig, denn die Angst vor Ansteckung hielt alle Einwohner der Siedlung auf Abstand. Plötzlich e r schienen drei Punkte am südwestlichen Horizont. Sie wurden allmählich größer, bis man die Rotoren erkennen konnte. Kenny blinzelte in die Sonne, den Helikoptern entgegen. Hoher, seltener Besuch kü n digte sich an. Zwei der Helikopter bezogen zirka zehn Meter über der Siedlung Stellung. Großkalibrige Maschinengewehre zielten auf die Blä t terdächer. Die meisten Gefangenen waren in den Dschungel oder in die

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