Die Maggan-Kopie
noch zwei weiteren Männern in dem ersten Boot. Sebastian gab anhand der improvisierten Karte die Richtung an. Im zweiten Boot folgten Sönke, Thule und drei weitere Outländer.
Die erste Nacht verbrachten sie auf einer Insel mitten auf dem riesigen See. Erst am nächsten Abend erreichten sie das andere Ufer. Die Fahrt war atemb e raubend gewesen. Silberne, wundervoll verdrehte Baumskelette säumten die Ufer der Inseln. Von den Inseln gab es so viele, das Maggan schon befürchtete sie könnten in diesem Irrgarten verloren gehen. Auf dem Wasser schwammen Sch a ren von Gänsen und Enten, die eigentlich nach Süden hätten ziehen müssen. Doch irgendwie war die Welt durcheinander g e raden. Als sie am östlichen Ufer anlegten, schreckten sie eine kleine Gruppe Elchkühe auf, die dort ästen. Die Tiere warfen den Kopf zurück und galoppierten laut schnaufend davon. Die Männer verstec k ten die Boote im dichten Ufergestrüpp. Weiter ging es zu Fuß.
In der nächsten Nacht lagerten sie zwischen großen Findlingen. Es war u n heimlich still. Kaum jemand sagte etwas. Auch auf das wärmende Feuer verzic h teten sie. Je dunkler die Nacht wurde, umso deutlicher zeichnete sich am östlichen Horizont ein heller Schein ab. Maggan beobachtete das Phänomen ang e spannt. Es konnte unmöglich schon die Morgendämmerung sein, das war so weit im Norden und Mitte September um viertel nach drei in der Nacht nicht möglich. Irgendwie sah es aus wie eine Siedlung. Maggan hielt es gegen vier Uhr nicht mehr aus. Nach kurzem Überlegen weckte sie die and e ren.
„Wir sollten weiter!“, drängte sie.
„Okay!“, sagte Sebastian.
Etwas müde, aber mit einem aufgeregten Kribbeln in der Magengegend packten sie ihre Sachen und tasteten sich nach Osten durch die Nacht. Nach zirka eineinhalb Stunden Gestolper über die Felsbr o ckenlandschaft erreichten sie einen schmalen Fluss, der von Osten aus den Bergen kam und in den großen See mü n dete, den sie mit den Booten überquert hatten. Sie folgten dem Wasserlauf. Das Flussbett war seicht und nur mit kleineren Kieseln bedeckt, die in allen Regenb o genfarben schillerten, aber niemand hatte ein Auge dafür. Trotz nasser Füße kamen sie schneller und sicherer vorwärts, als am dicht bewachsenen und mit Findlingen übers ä ten Ufer.
Das Licht am Horizont wurde heller. Bald trennte sie nur noch ein Bergrücken von dem geheimnisvo l len Objekt. Sie versteckten die Rucksäcke am Ufer und schlichen durch die dichte Ufervegetation weiter. Das Wasser des Flüs s chens reflektierte das Licht, was hinter der nächsten Biegung seinen Ursprung zu haben schien. Und wirklich! Vor ihnen tat sich ein großer, hell beleuchteter Platz auf. Es hatte den Anschein, dass der Berg extra deswegen dort abgetr a gen worden war. Drei Hubschrauber standen dort, zwei große mit Tandemr o tor, die aussahen wie übergroße Bananen und ein kleiner, der einer Libelle glich. Das war eindeutig Kennys Helikopter.
Im Hintergrund sah man eine steile Bergwand, in der ein großer Tunnelei n gang gähnte. Gleise führten heraus, bis an die Hubschrauberlandefelder. Der Eingang war bis tief in den Berg hinein beleuchtet. Doch es war weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Alles war totenstill. Sie hörten nur den Strom in den dicken Leitungen summen, der die Flutlichter ve r sorgte.
Als Maggan genauer hinsah, erkannte sie auf zwei Hubschraubern das De l ta-Symbol – einer davon war Kennys. Auf dem dritten Helikopter konnte sie „Nordland Forschungsstation“ lesen. Dieser diente s i cherlich zur Tarnung. Hier war also eine geheime Mine des Delta-Konzerns, wo sie irgendetwas illegal abbauten. Kenny musste davon gewusst haben. Aber warum hat er es so umstän d lich gestaltet? Warum hat er sie nicht gleich ihrem Vater und Dr. Wong ausgeli e fert?
„Was machen wir jetzt?“, fragte Svenja.
„Ich weiß auch nicht“, antwortete Maggan. „Das Ganze scheint eine gehe i me Mine von Delta zu sein.“
„Vielleicht ist Dr. Wong hier“, mutmaßte Svenja ängstlich.
„Ja, vielleicht sollten wir schnell wieder hier ve r schwinden.“
„Aber wohin? Das ist doch Kennys Hubschrauber. Er steckt sicher mit denen unter einer Decke.“
„Ich verstehe das auch nicht“, entgegnete Maggan r e signiert.
Was sollten sie hier draußen anfangen, ohne die Hoffnung, dass Kenny sie an besagter Stelle abholte? Wieder mit zurück ins Outländerdorf gehen? Nein, das kam für Maggan nicht in Frage. Langsam begann sie ihr altes Leben zu
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