Die Maggan-Kopie
antwortete Maggan.
„Du bist sicher einem dieser Nebelgeister begegnet“, mutmaßte Sönke.
„Was sind das für Leute? Wieso nennt ihr sie Nebelgeister?“, fragte Maggan.
„Nun“, begann Sebastian, „sie erscheinen immer wie aus dem Nichts, eben aus dem Nebel, aber sie sind harmlos. Meist können sie gar nicht sprechen oder nur eine unverständliche Sprache. Einige sind identisch, wie Zwillinge – wie ihr beide.“ Als er das sagte, sah er Svenja und Maggan bedeutungsvoll an.
„Außerdem ist ihr Geist umnebelt. Sie sind wie Kinder oder auch wie geistig behindert“, ergänzte Sönke. „In unserem Dorf gibt es einige davon. Manche l e ben schon viele Jahre bei uns, andere sterben sehr schnell, obwohl sie keine erkennbare Erkra n kung haben.“
„Ob es sich dabei um ausrangierte Ersatzteillager handelt?“, dachte Maggan laut nach.
„Ich weiß nicht, doch es war bis jetzt noch immer alles dran, was an einem Menschen eben so dran ist“, antwortete Sebastian. Maggan grübelte darüber nach, was das bedeuten könnte. Ob das Geheimnis um Delta noch tiefgreifender war, als sie bisher ang e nommen hatte?
Am nächsten Tag erreichten sie gegen Abend das Outländer-Dorf, falls man überhaupt von Dorf sprechen konnte. Es gab einige halb zerfallene Hü t ten und viele Zelte, die ihre besten Jahre schon hinter sich hatten. Die B e wohner sahen alle mehr oder weniger entstellt aus. Der Hautkrebs hatte hier jeden befallen. Sogar Kinder waren schon gezeichnet. Maggan konnte auch nur wenige ältere Menschen entd e cken. Offensichtlich war die Lebenserwartung hier nicht sehr hoch. Sie hatte das Gefühl, in einer Lepr a kolonie zu sein. So viel Armut und Elend hatte sie in ihrem Leben noch nie gesehen. In den Medien wu r de nie vom Leben der Outländer berichtet. Es gab nur hin und wieder Berichte über ihre Überfälle – dass sie wirklich nur ums nackte Überleben kämpften, kam darin nicht vor, denn sie wurden als Diebe und Mörder dargestellt. Die Menschen di e ser Siedlung begegneten ihr und Svenja mit Scheu. Sie zogen sich in ihre Beha u sungen zurück oder blickten sie nur aus den Augenwinkeln an.
Sönke traf sich mit einer Gruppe Männern und Frauen in einem großen Zelt. Maggan und Svenja wa r teten mit Sebastian und Thule unweit davon an einer Art Feuerstelle, umgeben von Baumstämmen, die als Bänke die n ten.
„Sie beraten, was wir mit euch machen sollen“, erklärte Sebastian. Maggan wurde unruhig. Während der Wanderung war das Gefühl, eine Gefangene zu sein, gänzlich verflogen. Sie hegte schon freundschaf t liche Gefühle zu den Männern, doch nun kam es ihr plötzlich wieder ins Bewusstsein: Sie war nicht freiwillig hier. Ihr sinnloses Wandern mit Svenja bekam durch die drei Outländer plöt z lich wieder ein Ziel. Maggan hatte dabei schon wirklich vergessen, dass die drei sie mitgenommen hatten, weil sie befürchteten, dass sie dieser seltsamen Gesel l schaft schaden könnten.
„Was für Möglichkeiten gibt es denn?“, wollte Svenja wissen. Auch sie war plötzlich nervös geworden, da ihr ihre Situation bis jetzt nicht wirklich b e wusst war.
„Naja, töten werden sie euch schon nicht. Aber vielleicht müsst ihr hierbleiben“, meinte Sebastian. Maggan schaute ihn erschrocken an.
„Das geht nicht. Wir müssen zu unserem Treffpunkt mit Kenny. Ich bleibe auf keinen Fall hier.“
Während sie warteten und Maggan darüber nachgrübelte, wie sie zum verabredeten Treffpunkt gelangen könnte, sah sie wieder einen dieser Nebelgei s ter. Er stand am Eingang einer Hütte und sah sie aus Runes Augen an. Wie ein Blitz durchzuckte es Maggan. Sie stand auf und ging auf ihn zu.
„Wer bist du?“, fragte sie ihn mit sanfter Stimme. Sie befürchtete, er würde wieder davon rennen. Doch diesmal blieb er stehen und lächelte sie an. Sie stand ganz dicht vor ihm. Er sah wirklich aus wie ihr Vater. Jedes Fältchen stimmte überein. Er war nur nicht so durchtrainiert und etwas mager. Sein Haar war länger und ungepflegt. Bartsto p peln sprossen in seinem Gesicht, das kannte sie von Rune nicht.
„Rune?“, fragte sie zögernd. Seine Antwort blieb nur dieses L ä cheln in seinem Gesicht. Plötzlich legte sich eine Hand auf ihren Arm. Es war eine ältere Frau. Sie hatte nur wenig Anzeichen des Krebses.
„Er ist wie ein Kleinkind. Sprechen kann er nicht“, sagte sie zu Ma g gan.
Jan
Als er die Augen öffnete, fand er sich in einem hellen Zimmer wieder. Die Wände waren in Pastelltönen
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