Die Maggan-Kopie
gestrichen und hellgrüne Gardinen flatte r ten am geöffneten Fenster. Draußen raschelten die bunten Blätter der Herbstbäume in einem ausgedehnten Park. Die Tür öffnete sich und ein junger Mann trat ein.
„Hallo, Jan. Wie geht es dir?“, fragte er. Jan blickte ihn trübe an und dann wieder zum Fenster zurück.
„Was soll diese Frage. Bin ich vielleicht krank?“, murmelte er düster. „Sie ist tot! Bestialisch ermordet, zerstückelt, gefoltert! W a rum? Wer tut so was?“
„Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Erst gestern war ich mit Mutter bei der Polizei. Doch sie haben noch keine Spur.“
„Mutter! Irgendetwas verbirgt sie mir doch. Als sie vor ein paar Tagen hier war, war sie sehr seltsam. Irgendwie anders.“
„Sie hat viel zu tun und muss beruflich weg.“
„Ja, sie war schon immer mehr für ihren Beruf da, als für uns.“
„Ach, Jan, kannst du nicht wenigstens jetzt damit aufhören? Ständig machst du ihr deswegen Vorwü r fe.“
„Entschuldige Sven, aber ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Ich sehe stä n dig Mercedes vor mir, wie sie da zerfetzt in ihrem Blut lag. Ich habe sie fast gar nicht erkannt. Warum ist das geschehen?“ Den let z ten Satz schrie er förmlich. Doch es brachte ihm keine Erleichterung. Tränen traten ihm in die Augen.
„Sie hat doch nur Bilder gemalt.“
„Ich weiß auch nicht, wer so etwas tun könnte“, entgegnete sein Bruder hil f los.
Jan und Sven Olländer saßen sich auf dem Bett des Sanatoriums gegenüber. Man konnte sie kaum u n terscheiden. Eineiige Zwillinge, doch nur im Aussehen. Während Jan immer ein distanziertes Verhältnis zu seiner karrierebetonten Mu t ter hatte, war Sven eher zufriedener. Er verstand seine Mutter, oder glaubte es zumindest. Nach dem Tod des Vaters stand sie ganz a l lein mit den Zwillingen da. Sie hatte angefangen hart zu arbeiten, um ihnen alles zu ermöglichen. Sie besuc h ten nur die besten Schulen und konnten in der ganzen Welt auf den angesehen s ten Universitäten studieren. So sah er es – Sven. Er hatte auch alle seine Chancen genutzt und war in der Firma seiner Mutter schon recht weit au f gestiegen.
Jan dagegen hatte sich immer mehr Nähe zur Mutter gewünscht. Doch dazu war sie nicht bereit. Mit dem Tod ihres ersten Mannes, seines Vaters, ist auch ein Stück von ihrer Seele gestorben. Für Jan war das Leben bei ihr immer sehr g e fühllos gewesen. Einmal hatte sie wieder geheiratet und deshalb hieß sie dann Eckhard. Er war Biologe. Die Ehe hielt nicht lange. Jan hatte sowieso das Gefühl, dass sie Ole Eckhard nur für ihre Zwecke benutzt hatte. Was das für Zwecke waren, wusste er allerdings nicht. Aber seit dieser Zeit war sie Chefsekretärin bei Delta und noch mehr mit ihrer Arbeit beschäftigt, als mit ihren Kindern.
„Hast du mir was mitgebracht?“, fragte Jan schließlich seinen Bruder. Der nahm den Rucksack ab und holte ein silbernes Notebook heraus.
„Danke, Sven. Ich muss endlich auf andere Gedanken kommen. Wenn ich hier nur so rumsitze, grüble ich zu viel. Auch die Gesprächskreise helfen nicht wirklich.“
„Es hat mich gefreut, dass ich was für dich tun konnte“, entgegnete Sven.
Viel hatten sie sich nicht zu sagen und als Sven endlich wieder gegangen war, schaltete Jan voller Ungeduld den Computer ein. Er wählte sich ins Internet und begann zu recherchieren. Etwas ging ihm nämlich nicht aus dem Kopf: Die Zwi l linge, die er bei Mercedes, kurz vor ihrer Ermordung, gesehen hatte und der Ve r dacht, dass seine Mutter etwas mit Mercedes’ Tod zu tun haben könnte. Denn er hatte sie angerufen, um etwas über diese Zwillinge zu erfahren, die eine große Ähnlichkeit mit der entführten Ma r gareta Svenson aufwiesen.
Das Licht
Maggan und Svenja verbrachten schon die zweite Nacht im Outländerdorf. Über diese ungewisse Situation war Maggan wütend. Sie wollte hier weg. Sie wol l te nach Kenny suchen.
Am Morgen kam Sebastian endlich mit der befreienden Nachricht.
„Wir starten heute einen Beutezug zu dieser sogenannten Forschungsstation im Osten. Ihr könnt mi t kommen. Vielleicht ist ja euer Freund da. Wenn nicht, könnt ihr selbst entscheiden, ob ihr wieder mit uns zurückkommt oder nicht.“
„Das ist super!“, jubelte Maggan und fiel Sebastian um den Hals.
Am Mittag wurde es sehr geschäftig im Dorf. Die zwei Boote wurden mit Lebensmitteln und allen wichtigen Dingen – Schlafsäcke, Verbandszeug und Wa f fen – beladen. Maggan, Svenja und Sebastian fuhren mit
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