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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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blies ein äußerst ungünstiger Wind. Bei diesem Wetter würde kein Fernhändler Heiabýr ansteuern. Und in den nächsten Tagen wurde es nicht besser, im Gegenteil: Die Temperaturen fielen wieder ab, und das Hafenbecken vereiste zusammen mit Teilen des Haddebyer Noors. Der Winter kehrte mit neuer Gewalt zurück, als wolle er Kyrrispörr an seinem Vorhaben hindern. Kyrrispörr blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
     
    Es war wie ein großes Aufatmen, als der Frühling kam. Zwar waren die Winter schon immer eine Zeit gewesen, die es durchzustehen galt, aber nicht einmal in der Stadt Dyflinn im Land der Iren war er Kyrrispörr so sehr aufs Gemüt geschlagen. Als endlich der Schnee geschmolzen war, hatte sich die Heide nur umso trostloser vor dem Wall ausgebreitet, aber jetzt, endlich, überzog sie ein Hauch von frischem Grün und verkündete sprießendes Leben. Die Falken gleicher Art mussten voneinander getrennt werden, denn Zucht war nicht in Harvars Interesse. Sowie die Schlei eisfrei war, liefen die ersten Frachtboote mit Holz und Korn ein. Hatte es vorher nur notdürftig und unter Mühsal herbeigeschafft werden können, wurde es nun wieder in großer Menge gebracht. Der warme Wind, der nicht mehr in jedes freie Stück Haut biss und angenehm duftete, brachte zusätzliches Glück.
     
    Eines Abends starrte Kyrrispörr an die Decke und versenkte sich wieder in die Zwischenwelt, ohne große Hoffnung auf Erfolg. Agantyr hatte sich damals nicht allein auf das Drohen beschränkt. Vielmehr hatte der Magier eine machtvolle Barriere aufgebaut, die Kyrrispörr seiner Gabe beraubt hatte.
    So starrte er ins Dunkel, hörte die anderen schnarchen und vom Stallbereich her die Vögel gurren, und spürte schon, wie er ins Reich der Träume abglitt, als ihn plötzlich ein Stoß aus Energie bis in die Fingerspitzen hinein durchfuhr. Es war helllichter Tag und gleißende Sonne; und er durchstieß die Wolkenbank und spürte den Wind an den Federn zerren, während sich tief unter ihm das Labyrinth der Fjorde und Bergrücken öffnete, er flog – nein, Laggar flog hoch oben und spähte nach Wild. Dort war eine Ente im Flug, und er, also Laggar, der sonst doch kaum im Anwarteflug jagte, legte die Flügel an und ließ sich wie ein Stein in die Tiefe fallen. Die Ente fest im Blick, steuerte er ein wenig mit den Mesken nach, streckte die Klauen vor, kämmte die Ente quer über den Rücken und steilte auf. Der Wind schlug ihm wie eine Keule ins Gefieder, er musste sich bis in die letzte Faser anspannen, um nicht Kabolz zu schießen, und dann hatte er den Abwärtsschwung umgeleitet und zog wieder hoch, um in einem Laggar typischen Looping zu seinem Opfer zurückzustoßen. Die Ente trudelte bereits zu Boden und schlug hart auf, eilig spreizte er die Schwingen, fächerte den Stoß und ließ den Wind ihn abbremsen, half noch mit einigen Flügelschlägen nach, empfand Lust dabei, gegen die Naturgewalten anzuarbeiten, und versenkte endlich die Klauen in das sich am Boden windende Opfer, das erst stillhielt, als er es mit einem raschen Biss abnickte und nun endlich stolz sein konnte auf seine Beute. Stolz, der aber gleich darauf von Eifersucht abgelöst wurde, als ein Falkner erschien. Laggar mantelte, als könne er durch das Bedecken der Beute mit den Flügeln den Mann von seinem Jagdgut fernhalten, sah sich auch gleich darauf grob von der Ente gezerrt, bekam ein Stückchen schieres Fleisch in den Schnabel gesteckt. Noch während er spürte, wie Ärger in Laggar aufstieg, wurde es dunkel um ihn, als ihm die Augenlider zusammengezogen wurden, und Kyrrispörr kehrte in seinen Körper zurück, wo es ebenso finster war wie für den aufgebräuten Laggar, und er bemerkte, dass er schweißnass war und die Arme und Beine weit von sich gespreizt hatte. Ein überwältigendes Glücksgefühl überschwemmte ihn und trieb ihm die Tränen in die Augen. Laggar lebte. Laggar jagte. Endlich, seit einer Ewigkeit, wie es Kyrrispörr schien, hatte er sich wieder in ihn hineinversetzen können.
     
    Am nächsten Morgen fühlte er sich so unglaublich geladen mit Energie wie nie zuvor, seit er in Heiabýr war.
    »Ein Rus kommt gleich«, rief Hárvar ihm zu, als er die Vögel aufgeatzt hatte. »Du weißt schon, der, der gestern da sein sollte. Den übernehme ich. Du geh zum Hafen, gerade kam ein Junge und hat gesagt, Christian der Kupferne läuft ein. Schau, ob er Vögel hat, kauf sie, wenn es sich lohnt – ich vertraue dir darin! Nur das Beste, ich hoffe, er hat

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