Die Magie Des Herrschers
seines Konsultanten labte. »Wenn Ihr aber lieber an einem anderen Ort zugegen sein wollt, um Menschen zu helfen, wie Ihr es bei mir getan habt, will ich Euch nicht aufhalten. Ich zahle Euch dann eine gehörige Summe in bar aus.«
Nesreca räusperte sich. »Hoher Herr, darf ich mir Bedenkzeit ausbitten?«
Lodrik lächelte scheinbar verständnisvoll. »Aber sicherlich, Mortva. Nehmt Euch bis morgen früh so viel Zeit. Und dann geht.«
Mit einem Knall landete der Pokalfuß auf dem Tisch. Govans Blick bohrte sich hasserfüllt in die Gestalt seines Vaters.
Der Kabcar übersah die Entgleisung absichtlich. »Das war der erste Schritt«, verkündete er zufrieden. »Und sobald Sinured angekommen ist, werdet Ihr Zeuge des nächsten. Ich will, dass ihr beide«, er wandte sich seinen Sprösslingen zu, »seht und versteht, dass ich meine Pläne durchsetzen werde. Und dabei eure Unterstützung erwarte. Ich rechne nicht damit, dass ihr sie mir verweigert.«
»Niemals, Vater«, bestätigte Zvatochna augenblicklich. »Wir haben dir bereits im Arbeitszimmer gesagt, dass wir uns dem Wohl des Kontinents unterordnen werden. Was auch geschieht, wir werden hinter dir stehen. Nicht wahr, Govan?«
»Natürlich«, knurrte der Tadc. »Wir werden immer hinter dir stehen, geliebter Vater.« Der junge Mann lächelte grimmig bei der Vorstellung, wie eine von ihm geführte Klinge von hinten in den Hals seines Erzeugers eindrang und den Lebensfaden kappte.
Ein warmer Wind, der den Geruch nach Meer, Verwesung und Fäulnis mit sich trug, brachte die Stoffwände zum Flattern. Eine der Leibwachen stürmte ins das Zelt. »Er kommt, hoheitlicher Kabcar.«
»Nun wird es Zeit für den zweiten Schritt«, sagte Lodrik, setzte sich den Helm auf und forderte die Anwesenden mit einer knappen Geste auf, die Unterkunft zu verlassen. »Ihr dürft gern mit nach draußen kommen, Vetter. Auch wenn Ihr Euch nicht mehr in meinen Diensten befindet.«
»Zu gütig, Hoher Herr. Gern nehme ich das Angebot an. Diesen Spaß möchte ich nicht versäumen.« Der Konsultant erhob sich elegant; seine diplomatische Gewandtheit war zurückgekehrt, und das ansprechende Gesicht zeigte eine Maske vollendeter Freundlichkeit.
Gemeinsam traten sie vor das Zelt. Die Wolken wirbelten umeinander und stoben am Himmel entlang, als flüchteten sie vor dem, was aus ihnen hervorstieß.
Ein langes, gewaltiges Schiff senkte sich aus Schwindel erregender Höhe nieder, gleißende Blitze umspielten den Leib der Galeere, die dem felsigen Untergrund immer näher kam und mit einem Knirschen aufsetzte. Planken wurden von unsichtbaren Kräften ausgelegt; die seltsam anzuschauenden Krieger schritten mit bleichen, leblosen Gesichtern und stumpfen Augen über das dunkle Holz und bildeten ein Spalier.
Auf dem Deck des Schiffes reckte sich eine riesige Gestalt in die Höhe, dreimal so groß wie ein ausgewachsener Mann. Die langen schlohweißen Haare reflektierten die unaufhörlich aus den Wolken herabfahrenden Energiebahnen, und Licht und Schatten wechselten sich auf Sinureds grausamem Gesicht ab.
Das »Tier«, jenes monströse Wesen mit der schwarzen, verbrannt wirkenden Haut, setzte einen Fuß auf die Planken und schritt die Rampe hinab. Hände wie Pranken umfassten Eisendeichsel und Schild. Die muskelbesetzten Arme und Beine des Kriegsfürsten, die stellenweise mit grünlichem Belag bedeckte Panzerung, in der immer noch die Löcher sichtbar waren, welche die Speere der rogogardischen Katapulte hinterlassen hatten, das alles wirkte auf die Tadca wie auf Hunderte von Menschen vor ihr: Sie machte unwillkürlich einen Schritt zurück.
Die Soldaten Sinureds nahmen Habachtstellung ein. Wie ein wandelnder Turm walzte das Wesen heran; die roten Augen glommen geradezu spöttisch auf, als es den Kabcar erreichte und zwei Schritt vor ihm stehen blieb. »Hoher Herr.« Die gigantische Deichsel stieß mit dem Ende auf den Boden, dann sank der barkidische Kriegsfürst vor Lodrik auf die Knie und beugte den schlohweißen Schopf. »Lang lebe der Kabcar von Tarpol mit all seinen Ländern.«
»Du hast mir einst vor vielen Jahren einen Eid geleistet«, erinnerte ihn der Herrscher. Sein Tonfall verriet keine Spur von Angst oder Besorgnis, er sprach mit ihm wie zu einem seiner gewöhnlichen Untergebenen. »Du hast geschworen, mir immer zu gehorchen und all meinen Befehlen zu folgen, die ich dir und deinen Truppen erteile. Du hast geschworen, das tarpolische Reich und sein Volk gegen alle Feinde zu beschützen und
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