Die Magie Des Herrschers
umgehend. Die Schiffe, die vorhin noch mit Kurs aufs offene Meer abgelegt hatten, kehrten nach Meddohâr zurück. Jeder, der sich in der Nähe des Hafens aufhielt und das Geschehen auf dem Meer mitbekommen hatte, lief zu den Molen und wollte von der aufgeregten Besatzung der zurückkehrenden Schiffe wissen, was sich ereignet hatte.
Perdór schnarchte ungerührt weiter, der steigende Lärmpegel drang nicht bis zu den Ohren des erschöpften Mannes durch.
Fiorell mischte sich unter die besorgten Kensustrianer und hoffte, der Sprache ein paar verständliche Brocken entnehmen zu können. Seine Kenntnisse der Vokabeln und der Grammatik ließen noch sehr zu wünschen übrig. Was er jedoch verstand, war, dass ein Schiff weniger nach Meddohâr zurückkehrte, als insgesamt ausgelaufen waren. Fiorell erahnte ungefähr, was sich draußen auf hoher See abgespielt hatte. Eilig kehrte er zu seinem immer noch selig schlafenden Herrn zurück und rüttelte an seiner Schulter.
Ungerührt schnarchte der Herrscher weiter.
Der Spaßmacher schritt entschlossen in das Geschäft, nahm sich etwas von dem Eis, mit dem die verderblichen Fische gekühlt wurden, und stopfte es dem König in den Wamskragen.
Wie von der Wespe gestochen, hopste Perdór in die Höhe, wedelte mit den Armen und vollführte die seltsamsten Verrenkungen, um mit seinen kurzen Fingern irgendwie unter sein Wams zu kommen, damit er das Eis entfernen konnte. Dabei drangen aus seinem Mund die komischsten Töne und Rufe.
Aber er bekam das Eis nicht zu fassen, und als er diesen Umstand endlich einsah und zudem bemerkte, dass er von neugierigen Kensustrianern umlagert war, die ihm nach dem Tanz kräftigen Applaus und Kleingeld spendeten, blieb er ruhig stehen, während eisige Tropfen an seinem Rücken hinabrannen. Minutenlang bewahrte er die Fassung, während sich Fiorell vor Lachen nicht mehr beruhigen wollte.
»Ich hoffe, du hattest einen guten Grund, mich auf diese Weise zu wecken«, sagte Perdór tonlos.
»Keiner zeigt den Paarungstanz des ilfaritischen Drommbümplers besser als Ihr«, prustete der Hofnarr. »Ihr macht dem stolzen, fetten Vogel alle Ehre. Das Publikum liebt Euch.« Er wischte sich die Heiterkeitstränen aus den Augewinkeln. »Der Anlass ist aber gar zu ernst.« Schlagartig kehrte seine Besonnenheit zurück. »Wenn ich es richtig verstanden habe, haben die Truppen des Kabcar soeben ein Schiff der Kensustrianer versenkt, die das Land verlassen wollten.«
»Ich habe es mir fast gedacht.« Perdór tastete auf seinem Rücken herum, um nach nassen Stellen zu suchen. »Hoffentlich setzen die Ingenieure diese Unterwasserschiffe bald in die Tat um. Wenn es so weitergeht, melde ich mich freiwillig, um gegen die Truppen dieses verblendeten Mannes in die Schlacht zu ziehen. Komm, lass uns nach Hause gehen, um zu sehen, ob Soscha und Stoiko Fortschritte gemacht haben. Wenn Sabin nicht bald besser wird und die Magie beherrscht, kann er genauso gut im sicheren Kensustria bleiben, weil er ansonsten sogleich vom Kabcar oder seinem Nachwuchs zu Kleinholz verarbeitet wird.« Ohne eine weitere Bemerkung klaubte er die Krabbenpanzer aus den Haaren. »Aber vielleicht lässt sich die Magie des armen Kerls irgendwie anders einsetzen.« Der König winkte sich eine Sharik herbei und stieg ein.
Als Fiorell sich in das Gefährt setzen wollte, schob ihm Perdór rasch den eingewickelten Stachelfisch unter den Hintern.
Kreischend schnellte der Spaßmacher vom Sitz in die Höhe und knallte mit dem Kopf gegen das Dach. Während er sich noch benommen Gesäß und Schädel abwechselnd rieb, bedeutete ein zufriedener Herrscher den beiden erschrockenen Kensustrianern loszulaufen.
»Ich kann es nicht«, seufzte Sabin. »Ich weiß nicht, warum ich ständig versage.« Er schlug die Augen beschämt nieder. »Alle erwarten von mir, dass ich mit meiner Magie das erreiche, was der Kabcar und sein Sohn können. Und ich enttäusche euch nur.«
Mit einem Schnalzen klappte Soscha das Visier ihres Lederhelms auf, den sie als Schutz bei allen magischen Experimenten trug. Ob er etwas bringen würde, wusste sie nicht. Aber er vermittelte ihr ein Gefühl von Sicherheit.
»Du versagst nicht, Sabin. Du beherrschst die Kräfte lediglich noch nicht so gut. Es wird kommen.« Sie winkte die Diener bei, die sie aus der dicken Lederrüstung schälten. Schnell streifte sich die junge Frau einen weiten Rock über. »Wir machen Schluss für heute«, beschied sie und legte einen Arm um den niedergeschlagenen
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