Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1)
Gewicht des Mädchens zu halten.
Er ging auf die Knie, drehte sich um und schob ein Bein über den Klippenrand. Sein Fuß traf auf Widerstand, und er zog das andere Bein nach.
»Nein! Nein! Wir werden beide sterben!«
Jetzt war sie vollends in Panik.
Yan begann den waghalsigen Abstieg und achtete kaum darauf, wo er die Füße hinsetzte. Bis zu Léti konnte er nicht hinabklettern. Mit etwas Glück würde er ihr die Hand reichen können, wenn er sich ganz weit vorbeugte. Doch er hatte nicht genug Kraft im anderen Arm, um sie beide zu halten.
Sein Fuß rutschte ab, und Léti schrie entsetzt auf.
Yan zögerte und suchte nach einem besseren Halt, einer anderen Lösung. Aber die gab es nicht.
Und plötzlich war alles ganz einfach und klar.
Sie würden beide leben oder beide sterben.
Er streckte ihr die Hand hin und spannte seine Muskeln an. Léti ergriff sie begierig und versuchte, Yan nicht mit ihrem ganzen Gewicht zu belasten, indem sie sich mit den Füßen und der freien Hand auf jedem noch so kleinen Vorsprung abstützte.
Doch es reichte immer noch nicht.
Yan konnte sie nicht hochziehen.
Die Kraft in seinen Armen schwand, und er würde Léti loslassen müssen oder selbst den Halt verlieren. In beiden Fällen wäre sein Leben vorbei.
Er sah die Felsen vierzig Schritte tiefer und Létis Gesicht direkt vor sich. Sein Arm begann vor Anstrengung zu zittern.
Nein!
Er musste es schaffen. Er musste einfach. Er wollte es schaffen.
Er biss die Zähne zusammen und richtete all seinen Willen auf die Kraft seiner Arme. Im Nu war er schweißgebadet. Das Blut hämmerte ihm in den Schläfen wie eine Trommel am Tag der Erde. Er spürte nur noch seine eigene Hand, die Létis umklammert hielt, und den Willen, sie zu sich hochzuziehen.
Er hievte sie ein paar Zoll nach oben und ließ nicht nach. Bald hatte er einen Fuß an Höhe gewonnen. Irgendwann konnte er sich aufrichten, und von da an ging es leichter.
Schließlich gelang es ihm, Léti auf den kleinen Vorsprung zu ziehen, der ihr das Leben gerettet hatte. Beide lehnten keuchend an der Felswand und ruhten sich einen Moment aus.
»Was du da gerade gemacht hast, Yan, das war unmöglich«, sagte Léti langsam.
Er sagte nichts. Übelkeit überkam ihn. Er machte sich an den Aufstieg, um sich nicht an einer so gefährlichen Stelle übergeben zu müssen.
Er fühlte sich völlig ausgelaugt, und ihm war bitterkalt. Léti erreichte die Spitze der Klippe vor ihm und musste ihm helfen, über die Kante zu klettern. Yan fiel rücklings auf dem Boden. Ihm war so schwindelig wie nie zuvor.
Aber er hatte es geschafft.
Zum ersten Mal war Grigán bereit anzuerkennen, dass Rey zu ihnen gehörte. Im Kampf hatte er sich tapfer geschlagen, und wenn man Corenn glaubte, anscheinend auch vorher. Vielleicht hatte er Bowbaq das Leben gerettet, und er hatte sofort angeboten, ihnen bei der Suche nach Léti und Yan zu helfen.
Trotzdem waren seine Respektlosigkeit und seine ständigen Provokationen nur schwer zu ertragen, darin war sich Grigán sogar mit den Züu einig.
Doch im Moment schwieg Rey und gehorchte seinen Befehlen anstandslos. Sie ergänzten einander vortrefflich. Im Labyrinth waren sie auf drei der Halunken gestoßen, die für die Züu arbeiteten, und hatten sie im Nu aus dem Weg geräumt.
Nach einer scharfen Biegung standen sie plötzlich den beiden jungen Kaulanern gegenüber. Yan wirkte geschwächt, und Léti hatte am ganzen Körper Schnittwunden und blaue Flecken, und ihre Kleider waren zerrissen.
Grigán stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Heute Nacht hatten sie großes Glück gehabt, unglaublich großes Glück. Er schwor sich, das nächste Mal besser aufzupassen.
»Geht es den anderen gut?« Yan hatte Schwierigkeiten zu sprechen.
»Bowbaq ist verletzt, aber er wird es schaffen«, antwortete Rey. »Gehen wir.«
Léti baute sich vor Grigán auf und packte ihn entschlossen, wenn auch nicht feindselig, an seiner schwarzen Lederkluft. »Ihr werdet mich lehren zu kämpfen«, sagte sie und sah ihm fest in die Augen.
Grigán antwortete erst, als Léti ihn losgelassen hatte. »Gut, wenn dich das von Dummheiten abhält. Aber das ist nicht so lustig, wie du glaubst.«
»Ich glaube überhaupt nicht, dass es lustig ist«, erwiderte das Mädchen ernst und kehrte an Yans Seite zurück. Der Junge war nicht sicher, ob er den Sinn ihrer Worte verstanden hatte.
Bald waren sie zurück am Strand. Einige der Männer, die dort warteten, begannen sie zu beschimpfen, doch
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