Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1)
behauptet, oder? Und, bleibst du bei der Geschichte?«
»Aber ja«, sagte Bowbaq offenherzig. »Besser gesagt, ist er nicht mein Löwe, sondern ein Löwe. Mir gehört niemandem.«
»Er bleibt bei seiner Geschichte. Entweder ist dir der Wein zu Kopf gestiegen, was ich bei deiner Größe bezweifele, oder du musst mir demnächst eine Kostprobe deiner Dressurkünste geben.«
»Es ist keine Dressur. Es ist ein Gespräch, eine Art Gedankenaustausch.«
»Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.«
»Wir kommen vom Thema ab«, sagte Corenn.
Yan zerbrach sich den Kopf, kam aber zu dem Schluss, dass die anderen schon alles wussten, was er über die Züu zu sagen hatte. Daher hielt er lieber den Mund und litt weiter stumm vor sich hin.
»Ich habe bei einem von ihnen ein Pergament gefunden«, sagte Bowbaq nach kurzem Nachdenken. »Aber es war voller Blut und kaum noch zu lesen, deshalb habe ich es verbrannt. Vielleicht hätte ich das besser nicht getan«, sagte er und senkte den Kopf.
»Geschehen ist geschehen«, sagte Grigán.
»Ich habe auch eins gefunden. Und meins ist in makellosem Zustand.« Rey ging zu seinem Gepäck und holte ein zusammengerolltes Pergament und einen in Samt eingeschlagenen, länglichen Gegenstand hervor.
»Und was ist das?«, fragte Léti, während sich Corenn über das Pergament beugte.
Lächelnd reichte Rey ihr den Gegenstand. Mit einem Stich Eifersucht dachte Yan, dass er jedes Mal lächelte, wenn er sie ansah.
»Gebt Acht, dass Ihr Euch nicht verletzt. Schon der kleinste Schnitt kann tödlich sein.«
Behutsam wickelte Léti den Gegenstand aus. Es war ein Dolch. Ein langer, dünner Dolch, dessen Spitze in einem winzigen Stück Holz steckte.
»Ein Dolch der Züu?«, fragte sie voller Abscheu.
»Ganz recht. Ein echter Züu-Dolch. Leider weilt sein Vorbesitzer nicht mehr unter uns, um das zu bestätigen.«
»Zum Glück«, sagte Léti finster.
Sie packte das Heft und musterte die Waffe im Licht der Flammen. Solch eine Klinge hatte ihre Freunde getötet. Solch eine Klinge wollten die Züu ihr ins Herz stoßen. Sie war spitz wie eine Nadel.
»Leg das wieder hin«, sagte Grigán im Befehlston.
Léti stellte sich taub und nahm das Holzstück ab, das auf der Spitze steckte. Sie ignorierte eine erneute Aufforderung des Kriegers, nahm einen Salzapfel aus dem Korb und schob die Klinge langsam in die Frucht. Der Apfel schrumpelte und färbte sich schwarz, als würde er verbrennen.
»Léti, leg sofort dieses schreckliche Ding hin«, befahl Corenn in einem Ton, den ihr niemand zugetraut hätte.
Rey streckte die Hand aus. Schicksalsergeben gab Léti ihm den Dolch, nachdem sie ihn zurück auf das Tuch gelegt hatte. Rey reichte ihn an Bowbaq weiter, der nur einen angewiderten Blick darauf warf, und dann an Yan, der ihn vor sich hinlegte, um ihn gründlich zu untersuchen.
»Ich frage mich, warum sie sich nie selbst verletzen«, sagte Bowbaq.
»Das kommt bestimmt hin und wieder vor. Das würde jedem passieren. Doch die Züu haben etwas, das ihre Opfer nicht haben: ein Gegenmittel.« Rey zog ein Döschen aus der Tasche, das eine feuchte braune Paste enthielt. »Vorsicht. Ich bin nicht ganz sicher. Ich habe auch eine Phiole gefunden, die vermutlich das Gift enthält, jedenfalls riecht die Flüssigkeit genauso wie die Klinge. Aber es könnte auch genau umgekehrt sein. Vielleicht hat die Paste gar nichts mit dem Dolch zu tun.«
»Ich habe die gleichen Gegenstände gefunden«, sagte Bowbaq. »Wie dumm von mir, sie nicht aufzubewahren. Verzeiht mir …«
»Nun hör schon auf, dich zu grämen!«, rief Grigán. »Du lebst, und deine Frau und deine Kinder sind in Sicherheit. Was willst du mehr?«
»Danke, mein Freund.«
»Hier in dem Griff sind Einkerbungen«, sagte Yan.
»Die sind mir auch aufgefallen. Außerdem ist dort der Umriss eines Auges eingeritzt.«
»Wie viele Kerben sind es?«, fragte Grigán mit regloser Mine.
Yan beugte sich über den Dolch. »Siebzehn.«
»Reyan, als du den Zü getötet hast, hast du siebzehn seiner Opfer gerächt. Mindestens. Denn sie zählen nur ihre offiziellen Morde. Ihre Aufträge.«
Yan schob den Dolch voller Abscheu von sich.
Die Waffe übte nun überhaupt keine Faszination mehr auf ihn aus, sie war nur noch abstoßend.
»Tante Corenn, ist alles in Ordnung?«
Die Ratsfrau hatte seit einer Weile geschwiegen. Sie war in die Lektüre des Pergaments vertieft.
»Ja«, sagte sie seufzend. »Ich habe nur nachgedacht. Anscheinend ist dieses Pergament eine Liste. Eine
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