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Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)

Titel: Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Münze. Ich habe sie jetzt so lange angestarrt, dass ich sie ständig vor mir sehe. Wenn ich versuche, mich auf sie zu konzentrieren, ist ein Teil von mir immer damit beschäftigt, alle Einzelheiten zu mustern.«
    »Dann konzentriere dich auf eine dieser Einzelheiten. Da es dir nur darum geht, die Münze zu Fall zu bringen, kannst du deinen Willen auf jeden Punkt der Oberfläche anwenden. Wo, ist völlig gleich.«
    Yan dachte eine Weile über ihre Worte nach. Corenn wusste, dass sie ihrem Schüler viel abverlangte. Bis zum Vortag hatte der Junge noch nicht einmal gewusst, dass es so etwas wie Magie überhaupt gab, und nun überhäufte sie ihn mit neuen Ideen. Damit brach sie die Regeln, die sie bislang in ihrem Unterricht angewandt hatte.
    Ihre anderen Schülerinnen hatte sie erst in die Prinzipien des Willens eingeweiht, nachdem diese die Prüfung bestanden hatten.
    Doch mittlerweile hatte sie erkannt, dass die Prinzipien ohnehin nur jenen halfen, die die Prüfung zu meistern vermochten. Für alle anderen waren sie nichts als falsche Fährten.
    Yan hatte noch mehr auf dem Herzen. »Muss man … Das klingt vielleicht etwas seltsam … Muss man eine Bewegung oder so machen? Etwas Bestimmtes sagen?«
    »Nicht unbedingt. Aber einer meiner Schülerinnen hat es sehr geholfen. Wenn du also das Bedürfnis verspürst, etwas zu sagen oder zu tun, dann zögere nicht. Allerdings ist es schwierig, sich so etwas später wieder abzugewöhnen. Die Entscheidung kann ich dir nicht abnehmen.«
    Corenn hätte ihm gern genauere Antworten geben, doch das ging nicht. Alles hing davon ab, wie Yan mit der Prüfung klarkam. Die kommenden Dekaden würden den Ausschlag geben.
    Corenn beantwortete alle Fragen des Jungen mit Geduld und Wohlwollen, und Yan sog ihre Worte begierig auf. Er vertraute ihr vollkommen. Das machte es der Magierin noch schwerer, ihn anzulügen.
    Yan würde die Prüfung nicht bestehen. Jedenfalls nicht so, wie er sich das vorstellte.
    Ziel der Prüfung war nicht, die Münze mit Magie umzustoßen - Ziel der Prüfung war einzig und allein, es so lange wie möglich zu versuchen.
    Falls Yan nach einigen Dekaden immer noch so eifrig bei der Sache war, würde Corenn ihn lehren, seinen Willen zu gebrauchen. Falls er aufgab, würde er ganz einfach glauben, die Gabe nicht zu besitzen. Sollte er scheitern, würde er das allein sich selbst zuzuschreiben haben.
    Sie hatte ihn belogen. Jeder besaß die Gabe. Jeder konnte ein Magier sein. Doch nur jenen, die genug Geduld und Beharrlichkeit zeigten, gelang es, ihren magischen Willen zu verstehen, zu entwickeln und zu beherrschen. Die Prüfung bestand im Sieg über die eigene Willensschwäche.
    Doch selbst wenn man sie besiegte, war man noch längst nicht am Ziel. Jeder konnte zeichnen, töpfern oder singen, aber nur wenige wurden Maler, Bildhauer oder Sänger, und das Gleiche galt für die Magie. Jeder hatte die Gabe, so mancher hatte die Geduld, ihren Gebrauch zu lernen, doch nur wenige waren große Künstler.
    Yan hatte bereits bewiesen, dass er zu großer Kunst fähig war, als er Léti davor bewahrte, von der Klippe zu stürzen.
    Corenn hoffte inständig, er würde genug Geduld haben.
     
     
    Yan und Corenn verstummten, als sie Schritte auf der Treppe hörten. Sie wunderten sich, dass Létis Unterricht schon vorbei war. Niemand sagte ein Wort. Es musste etwas passiert sein.
    Unwillkürlich eilte Corenn ihren Freunden entgegen. Ihr Blick fiel auf das rot gefärbte Stück Stoff, das sich ihre Nichte um die rechte Hand geschlungen hatte. Und dann geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte: Sie wurde wütend. »Großartig! Das musste ja so kommen! Seid ihr nun zufrieden?«
    Ihr Vorwurf richtete sich vor allem gegen Grigán. Er wich ihrem Blick aus und schwieg, denn er verstand sie. Dies war ihr erster Streit, und er, der sich stets bemühte, unverwundbar zu erscheinen, war tief getroffen.
    »Alles in Ordnung, es ist nichts Schlimmes«, sagte Léti gelassen.
    Corenns Wut verrauchte sogleich. Sie führte sich auf, als wäre Léti ein Kind, das zu Unrecht verletzt worden war und das man beschützen und trösten musste. Das erwachsene Verhalten ihrer Nichte brachte sie einen Moment lang aus der Fassung.
    »Ich hoffe, das wird euch eine Lehre sein«, sagte sie schwach.
    Weder Léti noch Grigán antworteten.
    Zaghaft warf sich Rey für sie in die Bresche. »Es war ein Unfall, Corenn. Außerdem müsstet Ihr doch froh sein, wenn Léti lernt, sich zu verteidigen.«
    »Ein Unfall! Und was ist,

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