Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
Würfelspiele«, knurrte der Krieger.
»Das darf man nicht sagen, selbst wenn es stimmt«, sagte Bowbaq. »Es bringt Unglück, die Würfel zu beleidigen.«
»Etwas mehr oder weniger Unglück. Als ob das noch einen Unterschied machen würde …«
Alle schwiegen betreten. Léti nutzte die Gelegenheit, um den anderen ihr Herz auszuschütten.
»Bowbaq kennt eine Legende, die vielleicht von der anderen Welt handelt«, sagte sie.
Alle Blicke richteten sich auf den Riesen, was ihn sogleich einschüchterte. Stotternd begann er zu erzählen. »Ich erinnere mich kaum noch … Ich war gerade erst zehn Jahre alt. Ein Maz fand Unterschlupf bei meinem Klan. Er kannte eine Menge Geschichten, und diese war nur eine von vielen. Aber heute Nacht kam sie mir wieder in den Sinn, und die Ähnlichkeiten mit dem, was wir gesehen haben, sind verblüffend.«
»Erinnerst du dich an genug, um sie uns zu erzählen?«, fragte Corenn.
»Also … Die Geschichte handelte von einem alten Krieger, der sich in den Bergen des Rideau verlaufen hatte. Mehrere Dekaden lang irrte er umher, bis er auf ein von hohen Bergen umgebenes Tal stieß. Süße Früchte wuchsen an den Bäumen, und es gab dort reichlich Wild und klares Wasser. Da er seit Langem keinen so fruchtbaren Fleck Erde mehr gesehen hatte, beschloss er zu bleiben.
Das Tal war besiedelt, und die Bewohner waren noch sehr jung und empfingen ihn mit offenen Armen. Der Krieger lebte mehrere Dekaden lang unter ihnen. Er war glücklich, an so einem friedlichen Ort zur Ruhe kommen zu können.
Doch der Schein trog. Seine neuen Freunde waren keine Menschen. Es waren Dämonen.«
»Natürlich«, fiel ihm Rey ins Wort. »Dämonen. Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen? Mit roten Hörnern und Pferdefüßen. Gewiss.«
»Lass ihn die Geschichte zu Ende erzählen«, bat Corenn. »Wir können später darüber reden.«
»Sie ist fast zu Ende«, sagte Bowbaq. »Am liebsten hörten die Dämonen zu, wenn der Krieger aus seinem Leben erzählte. Sie raubten ihm seine Erinnerungen, und jeder Name, den er nannte, vergrößerte ihren Einfluss auf die Welt. Die Dämonen konnten das Tal nicht verlassen, aber alles, was sie über die Außenwelt erfuhren, nutzten sie, um Böses zu tun.«
»Wie kam der Krieger da wieder raus?«, fragte Yan.
»Er schaffte es nicht. Als er die Sache durchschaute, erkaufte er sich seine Freiheit, indem er den Dämonen versprach, ihnen Menschen mit vielen Erinnerungen zu schicken. Aber er brach sein Versprechen, und so schickten die Dämonen ihm Unglück und Leid, bis er starb. Er hatte nicht bedacht, dass es ihnen noch leichter fiel, ihn zu quälen als andere Menschen.«
»Nicht gerade eine Gutenachtgeschichte für Kinder«, bemerkte Rey. »Was war das denn für ein Maz? Ein Diener Valiponds?«
»Nein, ein Priester Yoos’. Das ist ein guter Gott. Aber die Legende stammte nicht aus seiner Religion. Er erzählte sie uns nur, weil Kinder Geschichten mögen, die ihnen Angst machen.«
»Ich hoffe nur, du verschonst deine eigenen Kinder mit solchem Unsinn. Stellt euch Bowbaq vor, wie er als blutrünstiger Bär verkleidet zur Belustigung von Iulane und Prad - so heißen sie doch, oder? - in ihr Zimmer platzt. Was für ein Auftritt!«
Alle mussten lachen, vor allem Léti. Erneut erlag sie Reys Charme und Lebensfreude.
»Ich höre diese Legende zum ersten Mal«, sagte Corenn, als sich alle etwas beruhigt hatten. »Im Vergleich zu denen, die die Erben seit zwei Jahrhunderten gesammelt haben, ist sie sehr düster, aber sie weist zahlreiche Ähnlichkeiten auf.«
»Zum Beispiel?«
»Der Rideau. In mehreren Geschichten kommt ein wunderschönes Tal vor, das sich irgendwo in dem Gebirge befindet soll.«
»Täler sind zwangsläufig von Bergen umgeben«, wandte Rey ein. »Da liegt es auf der Hand, dass Dichter behaupten, die Täler in ihren Geschichten lägen im Rideau. Das Gebirge ist zu einem großen Teil unzugänglich. Ganz zu schweigen davon, dass sich kaum jemand in den östlichen Teil vorwagt. Niemand kann hingehen und nachsehen, ob stimmt, was sie behaupten!«
Während er den anderen zuhörte, kam Yan ein Gedanke, der bald zur Gewissheit wurde. Er wusste, wo sich das Tal befand. »Erinnert ihr euch? Hinter der Pforte brach der Morgen an«, sagte er.
Corenn lächelte ihm aufmunternd zu, und Grigán bedachte ihn mit einem knappen Nicken. Die anderen sahen ihn mit großen Augen an.
»Hinter den Bergen dämmerte es bereits, während auf Ji noch Nacht war. Die Sonne geht hinter den
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