Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
darauf keine Antwort geben können«, sagte Corenn und baute sich vor dem Mann auf. »Und mit wem habe ich die Ehre?«
»Judikator Zamerine. Ich bin der Hohepriester der lorelischen Boten, die Euretwegen immer weniger werden«, sagte er.
Bowbaq traute seinen Ohren nicht. Der Mann gab offen zu, ein Zü zu sein! Allerdings schienen sie auch sonst keine Scham zu kennen, da sie mitten in der Stadt mit ihren scharlachroten Gewändern und kahl geschorenen Schädeln herumspazierten. In Lorelien herrschte wirklich eine seltsame Moral.
»Es ist nicht unserer Absicht, die Anhänger Zuïas zu ermorden«, sagte Corenn. »Das wisst Ihr nur zu gut. Wir alle wollen doch nur eins, nämlich diesen Streit beenden.«
»Das ist unmöglich. Mein Untergebener sagte Euch das bereits. Selbst wenn Ihr meinen Boten kein Haar gekrümmt hättet, müsste das Urteil vollstreckt werden. Und nun, da es sich um eine persönliche Sache handelt, erst recht.«
»Wir würden dem Tempel Zuïas ein großzügiges Opfer bringen, solltet Ihr uns einen Aufschub gewähren. Deshalb sind wir hier.«
»Die Göttin ist keine gewöhnliche Richterin, die Menschengesetzen unterliegt. Euer Gnadengesuch wird abgelehnt. So lautet Zuïas Urteil.«
Corenn hatte nicht ernsthaft mit einem Erfolg gerechnet, war aber dennoch enttäuscht. Grigán trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Er bedeutete ihr mit einem versteckten Zeichen, Abstand zu den Mördern zu halten. Wenn Bowbaq erst einmal begonnen hätte, würde es gewiss zu einem Kampf kommen … Selbst die lorelischen Wachen würden die Züu nicht daran hindern können, sich auf die Erben zu stürzen.
Corenn ging in Gedanken ihre Argumente durch, doch angesichts von Zamerines offener Feindseligkeit gab es nichts mehr zu sagen. Sie würde Bowbaq das Zeichen geben, und dann konnten sie nur noch hoffen.
Sie reichte dem Zü ein Pergament, das dieser widerstrebend entgegennahm. »Ich glaube immer noch, dass wir uns einig werden können. Vielleicht könntet Ihr diesen Brief unserem Feind übergeben.«
Ohne Umschweife entfaltete der Zü die Botschaft. Das Blatt war leer. Jemand drang in seine Gedanken ein! Der Riese. Er stöberte in seinen Erinnerungen, durchwühlte jeden Winkel, suchte nach allem, was Zamerine über den Ankläger wusste.
»Tötet sie!«, befahl er seinen Männern und verschloss seinen Geist vor dem Eindringling. Er war außer sich vor Wut.
Die beiden Züu traten einen Schritt auf sie zu und hoben die Hände, aber diese waren leer. Einer der Männer stürzte sich auf Corenn, der andere auf Grigán. Corenns Angreifer schenkte ihr ein seltsames, stählernes Grinsen.
Die Mörder waren mit Metallgebissen bewaffnet, deren Zähne vermutlich vergiftet waren! Der Zü warf Corenn zu Boden und näherte sein Gesicht ihrem Hals. Während sie mit aller Kraft versuchte, sich gegen ihn zu wehren, fragte sie sich, wie er zuvor den Mund hatte schließen können - so groß und spitz waren die Zähne. Der Mann ließ nicht locker und fiel über sie her wie ein Wolf über ein verletztes Beutetier. Er versuchte, sie zu Boden zu drücken, damit er seine Zähne in ein entblößtes Stück Haut schlagen konnte.
Plötzlich schien der Körper des Mörders an Gewicht zu verlieren. Irgendetwas zog ihn in die Höhe. Beim Versuch zu sprechen, streckte er seine Zunge zwischen den metallisch blitzenden Zähnen hervor, doch er brachte nichts als ein Knurren hervor, was seine Ähnlichkeit mit einem wilden Tier noch verstärkte.
Bowbaq hob den Zü mit einer Hand am Nacken hoch, ballte die andere und schlug sie dem Mann ins Gesicht. Bowbaq war weder sanft noch gelassen. Er war einfach nur wütend. Stinkwütend.
Grigán hatte seinen Widersacher mit einem Tritt vor die Brust abgewehrt und griff nun nach seiner Schwertscheide. Als sich der Zü erneut auf ihn stürzte, spießte der Krieger ihn mit einer anderthalb Fuß langen hauchdünnen Klinge auf, die er aus einem geheimen Schlitz im Innenleder der Scheide gezogen hatten.
Dann ging alles sehr schnell. Grigáns Opfer brach zusammen, und Bowbaq ließ seinen Gegner los. Dieser presste sich die Hände auf die Nase, aus der Blut hervorschoss.
Jeden Augenblick würden die Wachen eingreifen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Kleinen Palasts fand im Innenhof ein Kampf auf Leben und Tod statt. Doch wenn der erste Moment der Überraschung vorbei wäre, würden die Jelenis nicht lange fackeln. Grigán hörte bereits die eiligen Schritte der Bogenschützen auf der oberen Galerie. Die
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