Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
Besitz nehmen. Man munkelt, sie seien nicht gerade erfreut über Séhanes Langlebigkeit. Pech für sie. Und Glück für uns!«
»Mir kam auch zu Ohren, jemand habe versucht, sie zu ermorden …«
»Wenn das stimmt, wurde es geheim gehalten. Das hätten wir uns nicht gefallen lassen! Die Bevölkerung Junins hätte die Fürsten in den Hintern getreten und sie aus der Stadt gejagt. Verzeiht meine Wortwahl.«
Die beiden Matrosen erschienen wieder an Deck. Unter Ächzen und Stöhnen wuchteten sie ein riesiges Wasserfass die Treppe hinauf. Andere Männer halfen ihnen, es am Haken einer Seilwinde zu befestigen.
»Es war wohl kein Fürst«, fuhr Grigán fort. »Ich hörte, ein Zü habe versucht, in den Palast einzudringen.«
»Das würde mich sehr wundern. Das müsste schon ein ganz schönes Schlitzohr gewesen sein. An den Wachen des Eroberten Schlosses kommt nicht einmal eine Maus vorbei. Und schon gar kein Mörder im roten Gewand!«
»In Junin scheinen sie auch nicht besonders beliebt zu sein?«
»Nein! Bei uns dürfen sie anders als in Goran oder Lorelia nicht mit ihren vergifteten Dolchen durch die Stadt spazieren. Und ebenso wenig ohne!«
Das Fass wurde heruntergelassen, und Yan und Bowbaq knoteten es los, obwohl sie kein Wort von dem Gespräch verstanden hatten. Grigán ging unter Deck und kehrte mit einem prall gefüllten Geldbeutel und einem Fässchen Schnaps zurück. Er befestigte beides an dem Seil, obwohl der juneeische Kapitän höflich protestierte. Der Mann hatte ihnen sehr geholfen. Mehr, als er ahnte.
Sie verabschiedeten sich, und die Schiffe segelten in unterschiedliche Richtungen davon. Grigán fasste die Worte des Kapitäns zusammen, und die Neuigkeiten riefen Freude und Erleichterung hervor. Die Züu waren nicht in Junin, und die Königin würde ihnen sicher helfen, ihren geheimnisvollen Feind aufzuspüren. Vielleicht würden sie mit ihrer Hilfe sogar weitere Erben aufspüren - falls überhaupt noch welche lebten.
Yan gefiel Corenns Unterricht jedes Mal aufs Neue. Es gelang ihr immer, ihn zu fesseln, egal wie sonderbar, unangenehm oder langweilig die Lektion auf den ersten Blick auch erscheinen mochte.
Er hatte seinen Willen seit mehreren Tagen nicht mehr gebraucht, doch aus den Gesprächen mit Corenn lernte er mehr über Magie, als dabei, kleine Gegenstände durch Willenskraft zu bewegen. Die Ratsfrau hatte ihn sogar gebeten, für eine Weile mit den Übungen aufzuhören. Was sie ihn lehrte, beschäftigte ihn ohnehin genug.
Sie hatten mehrere Dekanten damit zugebracht, die Ethik der Magie zu diskutieren. Sie war zwar nicht von unmittelbarem Nutzen, aber mit ihrer Hilfe würde Yan die »technischeren« Fragen besser verstehen, auf die Corenn später zu sprechen kommen wollte. Yan fand großen Gefallen an dem geistigen Austausch. Er hatte irgendwie das Gefühl, die Gespräche mit Corenn machten ihn intelligenter und sensibler.
Manchmal lag er nachts wach und dachte über einen Gedanken nach, der ihn besonders beeindruckt hatte. Er rief sich Corenns Worte in Erinnerung: »Mit deinem Willen«, hatte sie gesagt, »kannst du Dinge leichter von dir wegstoßen, als sie anzuziehen. Du kannst leichter etwas umstürzen, als es zu errichten. Leichter zerstören als erbauen.
In einem kurzen Wutanfall kannst du einen Stein zu Staub zermahlen. Doch um ihn wieder zusammenzufügen, bedarf es der größten Beharrlichkeit.
Beharrlichkeit ist Magie. Geduld, Nachdenken und Gelassenheit sind Magie. Es ist ein Fehler, deine Wut über deinen Willen bestimmen zu lassen. Schlimmer noch: Es ist gefährlich.
Normalerweise setzt der Körper dem Wahn der Menschen, ihrer Wut und ihrem Zerstörungsdrang Grenzen. Doch der Wille befreit den Geist. Der Wille hilft ihm, diese Grenzen zu überschreiten. Wenn der Geist in diesem Moment zerstörerisch ist, ist die Wirkung verheerend. Er verschont weder deinen Körper noch deinen Verstand.
Gebrauche deinen Willen niemals im Zorn, unter Schmerzen oder wenn du betrunken bist«, hatte Corenn ihm mit ernstem Gesicht eingeschärft.
Die Weisheit ihrer Worte hatte ihn tief beeindruckt. Er dachte lange darüber nach und würde die Warnung nicht so schnell vergessen.
Ein anderes Mal hatte sie gesagt: »Die Magie erschafft nichts. Alles, was wir mit ihrer Hilfe entstehen lassen, ist bereits da, irgendwo um uns herum. Wenn du einen Berg vergrößerst, holst du nur seinen unter der Erde verborgenen Teil an die Oberfläche. Wenn du eine Blume wachsen lässt, bringst du ein
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