Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
packen.«
Sie strich sich nachdenklich über die langen braunen Locken, die ihr in Wellen auf die Schultern fielen, und fasste sie zu einem Zopf zusammen, den sie einrollte und mit einem Tuch festband. Die Frisur war nicht besonders hübsch, aber Grigán gefiel sie, da sie praktisch war.
»Von heute an werden all unsere Übungen eine der drei Grundregeln veranschaulichen: sichere Hand, fester Stand, wacher Geist.«
Léti nickte. Wenn Grigán ihr etwas erklärte, schwieg sie, sog seine Worte auf und sparte sich ihre Kräfte für die Übung auf. Das war natürlich vernünftig, aber Grigán hatte sich zumindest eine kleine Reaktion erhofft. Er hatte lange gebraucht, um die drei Regeln zu formulieren, und hätte nichts gegen etwas Lob einzuwenden gehabt.
»Jeder Fehler, den du begehst, ist dadurch erklärbar, dass du eine der drei Regeln brichst. Wenn du einen Kampf verlierst, dann nicht, weil dein Gegner besser ist als du, sondern weil er in diesem Moment besser ist. Weil er eine sicherere Hand hat, einen festeren Stand oder einen wacheren Geist. Du musst hart an dir arbeiten, um deine Schwächen zu überwinden, und du musst lernen, die Schwächen der anderen zu erkennen.«
Léti nickte erneut mit ernstem Gesicht. Grigán verstand nicht, warum sie schwieg. Dabei war die Antwort einfach: Seine Erklärungen waren unmissverständlich, und Léti hatte keine Fragen.
»Ich zeige es dir«, sagte er kurz entschlossen, da er besser mit der Waffe umgehen konnte als mit Worten. »Nimm die Grundstellung ein.«
Verdutzt gehorchte Léti. Zum ersten Mal führten sie eine Übung aus, bei der sie beide bewaffnet waren. Kurz flackerte Angst auf, sie könnte versehentlich verletzt werden, doch sie schob den Gedanken rasch beiseite. Grigán wusste, was er tat.
Unbeholfen ging sie in Grundstellung, indem sie Grigáns Haltung nachahmte. Allerdings maß das Krummschwert des Kriegers vier Fuß, und Létis goronisches Schwert war um einiges kürzer. Grigán musste nur den Arm ausstrecken und gegen Létis Klinge schlagen. In der Zeit, die sie brauchte, um ihr Schwert wieder zu heben, trat der Krieger einen Schritt vor und hielt seiner Schülerin die Schwertspitze an den Hals.
»Sichere Hand«, sagte er ernst.
Er ging wieder in Grundstellung, und Léti tat es ihm gleich. Instinktiv nahm sie eine bessere Haltung ein. Grigán lancierte einen ähnlichen Angriff, doch diesmal hielt sie stand und gab ihre Deckung nicht auf. Grigán beschleunigte seine Bewegungen und griff abwechselnd ihre Beine und ihren Kopf an. Léti tat ihr Bestes, um die Schläge zu parieren, obwohl sie das noch nicht gelernt hatte. Unwillkürlich wich sie jedes Mal einen Schritt zurück, bis der Krieger sie überraschte, indem er zweimal hintereinander nach ihren Beinen schlug. Reflexhaft machte sie einen kleinen Satz zurück, geriet ins Stolpern und fiel auf das Gesäß.
Grigán bedrohte erneut ihren Hals mit der Klinge. »Fester Stand.«
»Und wacher Geist, ich weiß«, sagte sie zornig. »Wie wär’s, wenn wir jetzt mit dem Unterricht anfangen?«
»Hast du gerade eben etwa nichts gelernt?«
Sie rappelte sich mit finsterer Miene auf und warf Bowbaq und Rey, die am anderen Ende des Decks angelten, einen raschen Blick zu. Zum Glück interessierten sich die beiden Männer nicht für sie. Niemand hatte ihr Scheitern bemerkt. »Ein drittes Mal kriegt Ihr mich nicht«, sagte sie herausfordernd.
»Ein Kampf ist nie im Voraus gewonnen, Léti. Das gilt für mich ebenso wie für dich. Wenn du meinem Angriff widerstehst, würde mich das freuen. Aber es würde mich doch sehr wundern, wenn du irgendetwas gegen mich ausrichten könntest«, sagte er abschätzig. Léti war verblüfft.
Schweigend nahmen sie wieder die Grundhaltung ein. Léti war zutiefst gedemütigt. Da Grigán sich nicht rührte, griff sie als Erste an, ohne zu wissen, was sie da eigentlich tat.
Er hatte mit dem Angriff gerechnet, packte ihren Arm, bevor sie die Bewegung zu Ende geführt hatte, und wies einmal mehr mit der Schwertspitze auf ihren Hals.
»Wacher Geist«, sagte er grinsend. »Deiner ist blind vor Wut.«
»Ihr habt mich absichtlich provoziert! Das ist … Das ist widerlich! Das ist Betrug!«
»Es ist unehrenhaft, da gebe ich dir recht, aber es ist kein Betrug. Im Kampf gibt es nur eine Regel: Es gewinnt derjenige, der die wenigsten Verletzungen davonträgt. Meine Aufgabe ist es, dir beizubringen, dich zu verteidigen. Wir machen das hier schließlich nicht zum Vergnügen.«
Léti rieb sich
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