Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
ihr Ziel konzentrierte. Wenn der Zwerg ihnen erst einmal sein Geheimnis verraten hatte, konnte er sich ihn immer noch vorknöpfen.
»Wollen wir anfangen?«, schlug Corenn vor und setzte sich ins Gras. Die anderen taten es ihr gleich. »Am besten beginnt Ihr ganz von vorn, wenn es Euch recht ist.«
»Gewiss. Ich habe den ganzen Tag damit zugebracht, eine Ballade zu komponieren, die Euren Ohren schmeicheln wird.« Er räusperte sich und begann, wie wild auf den Saiten seines Instruments herumzuzupfen:
»Die weisen Gefährten besuchten das Tal
Zehn scheu und zwei schlau, waren’s zwölf an der Zahl
Der Prinz und der König, sie folgten mir gleich
Wir stiegen hinab in das finstere Reich!
Doch sie brachen ihr Wort …«
»Meister Lloïol«, warf Corenn ein. »Ich zweifle nicht an Eurem Talent, aber ich befürchte, dass eine Erzählung in Versen uns wichtige Informationen vorenthält. Könntet Ihr nicht Eure Harfe ruhen lassen und einfach zu uns sprechen?«
»Diese Ballade zu schreiben, hat mich große Mühe gekostet«, schmollte er.
»Meister Lloïol, wir haben es eilig und möchten unsere Neugier so bald wie möglich stillen. Schildert uns die Ereignisse, ohne zu dichten, und ich verspreche, Euren Namen in allen Provinzen des Matriarchats zu verbreiten.«
Lloïols Augen leuchteten auf. Bedauernd musterte er seine Harfe und legte sie sich dann in den Schoß. »Einverstanden. Was wollt Ihr wissen?«
»Warum habt Ihr Vanamel und Pal’b’ree in die Unterwelt gelockt?«
»Ich habe sie nicht gelockt«, widersprach er empört. »Wir hatten eine Vereinbarung getroffen, nicht anders als wir. Doch sie täuschten mich. Der wallattische König brach sein Versprechen.«
»Und was habt Ihr ihnen im Gegenzug versprochen?«, fragte Grigán.
»Sie zum Flüstersee zu führen. Sie wollten zu den Undinen, um eine unumstößliche Wahrheit zu erfahren. Wer die Zukunft kennt, bringt es zu Reichtum und Macht, wenn er sich klug anstellt. So lautete mein Angebot.«
Reichtum und Macht, dachte Yan. Ja, vielleicht, wenn man es mit der Moral nicht so genau nahm. Auch er hätte aus dem Wissen, dass bald ein Krieg zwischen den Oberen Königreichen und den Ländern des Ostens ausbrechen würde, Gewinn schlagen können - wenn er seine Freunde und sein Land verraten und alles, was ihm lieb und teuer war, vergessen hätte. Was für Männer waren Vanamel und Pal’b’ree gewesen?
»Nach zwei Tagen wart Ihr immer noch nicht ins Tal zurückgekehrt«, fuhr Corenn fort. »Daraufhin machten sich die anderen Weisen auf die Suche nach Euch. Was war geschehen?«
»Nichts. Wir waren immer noch unterwegs.«
»Ist die Unterwelt denn so groß?«, fragte Corenn erstaunt.
Lloïol musterte sie, als wollte er sich vergewissern, dass sie ihn nicht auf den Arm nahm. Ihm, der die Unterwelt wie seine Westentasche kannte, erschien die Frage völlig absurd.
»Sie ist unendlich!«, rief er und zupfte an den Saiten seiner Harfe. »Und sie ist ständig in Bewegung! Wer das Jal’karu betritt, verirrt sich unweigerlich. Das ist nicht meine Schuld.«
»Vergiss nicht, dass gewisse Namen hier oben nicht ausgesprochen werden sollten«, warf Nol ein.
»Warum verteidigt Ihr Euch dann?«, fragte Rey, dem Lloïols letzte Worte nicht entgangen waren. »Wer beschuldigt Euch?«
»Prinz Vanamel beschuldigte mich. Er beschwerte sich, der Weg sei zu lang, und behauptete, ich sei unfähig. Doch er irrte sich. Nur wenige kennen das Labyrinth und seine Bewegungen so gut wie ich. Tatsächlich waren wir unserem Ziel bereits sehr nah, als die anderen zu uns stießen.«
»Wie haben sie Euch denn gefunden?«, fragte Léti. »Und wie konnten sie Euch überhaupt einholen?«
»Vielleicht war das eine Frage der Beinlänge«, flüsterte Rey Lana ins Ohr.
Aus Angst, den Zwerg zu kränken, wagte die Priesterin nicht zu grinsen. Schließlich hatte er sie vor Scherzen über sein Äußeres gewarnt.
»Das Labyrinth muss sich ihnen geöffnet haben«, sagte Lloïol.
Die Erben sahen ihn verständnislos an.
»Was heißt das nun schon wieder?«, fragte Grigán ungeduldig. »Was meint Ihr damit?«
»Ihr scheint etwas Wesentliches nicht verstanden zu haben«, stellte der Zwerg fest. »Anders als das Jal’dara ist die Unterwelt nicht unveränderlich. Im Gegenteil: Verlässt man einen Gang und kehrt kurz darauf um, findet man eine Höhle vor. Folgt man dem Lauf eines unterirdischen Bachs, versiegt dieser plötzlich und ist spurlos verschwunden. Dort unten«, sagte er und zeigte auf den
Weitere Kostenlose Bücher