Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
sie nun gegen Saat kämpfen oder vor ihm fliehen wollten.
»Müssen wir uns das Gwel unbedingt ins Gesicht reiben?«, fragte Lana und starrte auf den schwarzen, zähflüssigen Matsch, während Yan, Grigán und Bowbaq schon eifrig am Werk waren.
»Im Prinzip müsste auch eine winzig kleine Menge Gwel ausreichen«, sagte Corenn. »Aber vorsichtshalber sollten wir besser Lloïols Rat befolgen.«
»Für eine Sterbliche seid Ihr erstaunlich weise«, sagte dieser geschmeichelt. »Auf Euch werde ich ganz besonders acht geben.«
Corenn dankte ihm mit einer knappen Verbeugung und begann ebenfalls, sich Gesicht und Hände mit der schwarzen Erde einzureiben. Würden die Erben länger im Jal’dara bleiben, wären die Spuren in kürzester Zeit wieder verschwunden. Ein fürwahr seltsamer Ort!
Bowbaq rieb auch Miff sorgfältig mit Schlamm ein. Dem armen Tier gefiel das überhaupt nicht, und es wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Behandlung. Anschließend sammelten Bowbaq und Grigán ein paar Kieselsteine ein, die sie in ihren Bündeln und Säcken verstauten. Der Riese hob drei weitere Steine auf und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden. Dabei errötete er, als täte er etwas Verbotenes. Er musste sich nicht erklären: Die anderen wussten, dass die Steine für seine Frau und seine Kinder bestimmt waren.
»Eine Frage, Meister Zwerg. Ihr seid doch unsterblich, oder?«, sagte Rey. »Wozu braucht Ihr dann den Schutz des Gwels?«
»Manche Kreaturen des Jal haben die Macht, Leben auszulöschen, ganz gleich, welcher Art es ist. Ich habe nicht vor, ihnen die Gelegenheit dazu zu geben. Nicht so kurz vor meiner Vollendung!«
»Ich dachte, die Kinder hätten im Jal keine Macht. Ich dachte, sie könnten einander keinen Schaden zufügen«, sagte Léti und wies auf die Landschaft ringsum.
»Hier oben nicht. Aber in der Unterwelt ist alles anders. Die Dämonen haben zwar keinen Einfluss auf die Welt der Sterblichen, aber glaubt bloß nicht, dass sie sich im Labyrinth zurückhalten. Vergesst endlich die Kinder«, knurrte der Zwerg. »Dort unten gibt es keine Kinder. Ich habe die Götter und Dämonen der vergangenen Jahrhunderte heranwachsen sehen: Diejenigen, die in die Unterwelt hinabgestiegen sind, haben nichts Niedliches mehr an sich. Welche Gestalt sie auch angenommen haben, sie haben nur eins im Sinn: Euch Eure Gedanken zu rauben.«
»Wie das?«
»Indem sie Euch verwunden, Euch ganz oder teilweise verschlingen, Euch zu Tode erschrecken, Euer Blut aussaugen, was weiß ich! Bei den Undinen zum Beispiel genügt eine kurze Berührung. Keine Angst, ich habe diese Macht nicht. Wenn das der Fall wäre, müsste ich nicht erst mit Euch verhandeln!«
»Gedanken rauben?«, wiederholte Lana. »Zu welchem Zweck?«
»Um ihre Entwicklung zu vollenden, natürlich!«, rief Lloïol, als wäre sie begriffsstutzig. »Sie alle wollen schneller heranwachsen, um dieses Gefängnis zu verlassen und endlich in die Welt der Sterblichen zu gelangen!«
»Reizend«, sagte Rey angewidert. »Ein Dämon raubt dir deine Gedanken, du krepierst in einem unterirdischen Loch, und dein Mörder erblickt das Licht der Welt. Da würde ich mir doch lieber eigenhändig einen Dolch in die Brust rammen!«
Als sich Lanas Hand auf seinem Arm verkrampfte, merkte er, wie hart seine Worte klangen, und machte sich Vorwürfe. Seinen Gefährten war schon bang genug. »Grigán, versteht das bloß nicht als Aufforderung«, scherzte er, um die Sache herunterzuspielen. »Ehrlich gesagt wäre es mir lieber, wenn Ihr dem Dämon den Dolch in die Brust rammt!«
»Worauf Ihr Euch verlassen könnt«, sagte der Krieger grimmig. »Meister Lloïol?«
Der Zwerg sprang in die Kuhle und verschwand so schnell wie ein verschreckter Stehschläfer in dem dunklen Loch. In der Reihenfolge, die sie zuvor festgelegt hatten, betraten Grigán, Rey, Yan, Léti, Lana, Corenn und schließlich Bowbaq den engen Gang, der sie ins Land der Dämonen führen würde.
Wutentbrannt stürmte Aleb in den Thronsaal von Saats Palast. Was für eine Frechheit! Der hohe Dyarch hatte ihn zu sich beordert, und der König von Griteh hatte sich seinem Willen gebeugt. Er war übers Meer gesegelt und hatte die Hälfte eines Kontinents überquert, der noch öder war als die Wüste von Jezeba. Und von wem war er empfangen worden? Von einem einfachen Herold, der ihn aufgefordert hatte, so schnell wie möglich sein Quartier zu beziehen und dann umgehend den »Meister« aufzusuchen.
Wieso Meister?,
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