Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
würden vor seinen Augen tot umfallen. Noch lieber hätte er sie mit dem Krummschwert eigenhändig niedergemetzelt. Ihre Schreie, ihr Flehen und das dumpfe Knacken der Knochen, die unter seiner Klinge splitterten, würden ihm seinen Stolz zurückgeben.
Doch das musste ein Traum bleiben. Der König von Griteh hatte soeben die zweite Niederlage seines Lebens erlitten, ohne auch nur das Schwert gezogen zu haben. Den Mann, der ihm das Auge ausgestochen hatte, würde er zeit seines Lebens verfolgen. Saat hingegen würde er ewige Treue schwören.
Aleb brach abrupt in lautes Gelächter aus, in das die Anwesenden einfielen. Wenigstens stand der Magier auf seiner Seite. Saat schien nicht allein über sein künftiges Reich herrschen zu wollen, schließlich planten sie zusammen den größten Eroberungsfeldzug aller Zeiten. Und angesichts von Saats Kräften war ihnen der Sieg sicher.
Saat verlor kein Wort mehr über den Zwischenfall, sondern stellte ihm seine Hauptmänner vor: Sombres Verkünder.
Unter ihnen befand sich auch Saats Sohn, der junge Dyarch, ein Halbwüchsiger von schlankem Wuchs, ganz in Schwarz gekleidet und mit beängstigenden Augen. Als Nächstes kam Emaz Chebree an die Reihe, eine wallattische Königin und Hohepriesterin des Gottes Sombre. Von einer solchen Religion hatte Aleb zwar noch nie gehört, aber hier im Osten schien sie sehr verbreitet zu sein, wie er in den folgenden Tagen feststellen sollte.
Der Ramgrith musterte die üppigen Formen und das hübsche Gesicht der Barbarenkönigin mit unverhohlenem Begehren. Dann erkannte er an der Art, wie Chebree Saat umgarnte, dass sie seine Mätresse war, und verlor das Interesse.
Außerdem waren da noch zwei Züu. Aleb hatte die fanatischen Mörder im roten Gewand noch nie gemocht. Er hielt jeden, dem Reichtum nicht über alles ging, für dumm oder verrückt und in jedem Fall für gefährlich. Deshalb hatte er bisher jeden Umgang mit den Boten der Rachegöttin vermieden, obwohl man von Mythr aus die Insel Zuïa mit bloßem Auge sehen konnte.
Das Gesicht des älteren Zü war wie ein Totenschädel geschminkt. Der Mann hieß Zamerine und war Saats oberster Stratege. Damit bekleidete er einen höheren Rang als Aleb. Der andere Zü wirkte nicht älter als dreiundzwanzig oder vierundzwanzig. Er war der Gehilfe des ersten und für die Disziplinierung der Sklaven zuständig. Das bedeutete, dass er jeden Tag an die Hundert töten ließ oder sogar eigenhändig erschlug. Sein Name war Dyree, und Saat ergänzte, dass er für gewisse Spezialaufträge der beste Mann sei. Mehr musste Aleb nicht hören: Der Zü mit dem Knabengesicht war Saats bester Mörder.
Der Letzte in der Runde war Wallatte und der frühere Lehnsherr von Emaz Chebree. Er überragte sie alle mindestens um zwei Köpfe. Saat stellte ihn als König Gors’a’min vor, den Oberbefehlshaber ihres Heers. Die beiden Männer waren sich auf Anhieb unsympathisch, doch in Anwesenheit des hohen Dyarchen rissen sie sich zusammen. Gors und Aleb würden einander mehrere Monde lang ertragen müssen. Wenn die Yussa und die Wallatten erst einmal vereinigt waren, würden sie gemeinsam eine fünfundfünfzigtausend Mann starke Armee befehligen.
Abschließend stellte Saat Aleb vor und ließ ihm dieselbe Ehre zuteil werden wie den anderen Hauptmännern, was den ramgrithischen König endgültig besänftigte. Fortan wäre er dem hohen Dyarchen ganz und gar ergeben. Die Aussicht auf den bevorstehenden Krieg und das Gold, das sie erbeuten würden, erfüllte ihn mit wilder Freude und verdrängte die Erinnerung daran, wie schlecht der Tag begonnen hatte. Er war bereit, jeden Bauernhof, jedes Dorf und jede Stadt zu erobern - bis ans Ende der Welt.
Und nichts anderes hatte Saat im Sinn.
»Jetzt, da wir alle hier versammelt sind, können wir ja beginnen«, sagte der Meister feierlich. Seine Stimme wurde von der Sturmhaube gedämpft. »Dürfte ich Euch bitten, näher zu treten?«
Eine Bitte des hohen Dyarchen kam einem Befehl gleich, und so beugten sie sich gehorsam über den Tisch und studierten den Schlachtplan zur Eroberung der Oberen Königreiche.
Das Jal’karu war ein Irrsinn, der Albtraum eines Wahnsinnigen, so verschroben und zugleich so einfach, dass man nicht an seiner Realität zweifeln konnte. Der Ort war viel mehr als nur seltsam: Er war widersprüchlich. Unbegreiflich. Verstörend.
Das Labyrinth hatte nur drei unveränderliche Eigenschaften: Es herrschte Dunkelheit, es stank nach Moder und Fäulnis, und
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