Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
gleich ausgesehen. Da ihn jedes zusätzliche Pfund noch mehr erschöpfte, hatte Yan gleich am ersten Tag ein Drittel seiner Ausrüstung zurückgelassen, obwohl er überzeugt gewesen war, nur das Nötigste bei sich zu tragen. Sogar das Gewicht von Miff, die auf seinen Schultern saß, war ihm fast schon zu viel. Aber natürlich dachte er nicht im Traum daran, das Äffchen auszusetzen.
»Ist es noch weit bis Griteh?«, fragte er, als sie sich im Morgengrauen des dritten Tages wieder auf den Weg machten.
»Wir haben die Grenze des Königreichs gestern gegen Mit-Tag überschritten«, erwiderte Grigán. »Bis in die Stadt sind es nur noch wenige Meilen.«
Yan fragte sich, woher Grigán das wusste. Er selbst hatte keine Grenze erkennen können. Doch je mehr Meilen sie zurücklegten, desto stärker veränderte sich die Landschaft, und er war wieder einmal froh, sich auf die Erfahrung seines Freundes verlassen zu können.
Immer öfter wich der Sand nun bloßer Erde oder felsigem Untergrund. Der Horizont, an dem bisher eine gewaltige Dünenkette nach der anderen aufgeragt war, verwandelte sich allmählich in die weiche Silhouette einiger ferner Hügel. Der Boden wurde fruchtbarer, und um sie herum wuchsen zweimal, fünfmal, zehnmal so viele Pflanzen wie noch vor wenigen Meilen. Einen Wald konnte man das allerdings noch nicht nennen, im Grunde nicht einmal ein Gehölz, denn die Kakteen, Krüppelkiefern, Bettelrosen, Lonlonien und anderen Beerengewächse waren nur selten mannshoch. Trotzdem war Yan dankbar für den Schatten, den die kümmerliche Vegetation von Zeit zu Zeit spendete.
Plötzlich stellte er fest, dass sie auf einer Art Trampelpfad dahinmarschierten. Wie und wann sie von offenem Gelände auf diesen Fußweg geraten waren, konnte Yan beim besten Willen nicht sagen. Anscheinend würden sie tatsächlich bald eine Stadt erreichen oder zumindest besiedeltes Gebiet.
Manchmal hatte er den Eindruck, als verlangsame Grigán unwillkürlich seine Schritte, und einmal schien er sogar zu zögern, welche Richtung sie einschlagen sollten, denn er blickte immer wieder nach Süden. Nachdem sich Yan eine ganze Weile über seine verstohlene Art gewundert hatte, begann er sich Sorgen zu machen.
»Sagt Bescheid, wenn wir uns verirrt haben«, sagte er, obwohl er ganz genau wusste, dass das Problem anderswo liegen musste. »Ich könnte Euch zwar nicht helfen, aber ich wüsste es trotzdem gern.«
»Ich weiß genau, wo wir sind«, beruhigte ihn Grigán. »Die Ländereien meines Vaters befinden sich ganz in der Nähe, ungefähr drei Meilen von hier. Ich versuche nur, nicht daran zu denken.«
»Wollt Ihr denn nicht vorbeischauen?«
»Nein. Aleb hat alles niedergebrannt, als ich die Unteren Königreiche verlassen habe, sogar meine Pferde hat er geschlachtet. Heute sind nur noch böse Erinnerungen übrig. Ich habe dort nichts verloren.«
Da er hastig weiterging, fragte Yan nichts mehr. So mitteilsam war Grigán seit ihrem Aufbruch aus dem Jal’karu nicht gewesen. War das ein Anzeichen dafür, dass sich seine Laune besserte?
Nach einem weiteren Dekant kamen die ersten Häuser in Sicht. Der Tag neigte sich dem Ende zu, und Yan war froh, nicht noch eine Nacht in der kalten Wüste unter freiem Himmel verbringen zu müssen. Aber er hatte sich zu früh gefreut: Grigán dachte nicht daran, Griteh am helllichten Tag zu betreten.
Also ließen sie sich abseits des Wegs im Schutz eines Kiefernwäldchens nieder, um sich auszuruhen. Yan konnte kaum glauben, dass er tatsächlich die Hauptstadt des ramgrithischen Königreichs vor sich sah, so ärmlich und bescheiden wirkte die Siedlung.
»Du täuschst dich«, sagte Grigán. »Griteh ist dreimal größer als das, was wir von hier aus überblicken können. Die Dächer im entfernteren Teil der Stadt sind im flirrenden Sonnenlicht nicht zu erkennen. Wenn es dämmert, wirst du sie sehen können.«
»Die Häuser wirken irgendwie so klein.«
»Auch hier täuschst du dich«, erwiderte Grigán, den Yans Bemerkungen allmählich belustigten. »Die meisten sind drei oder vier Stockwerke hoch, aber die Straßen liegen tiefer, als es den Anschein hat. Griteh ist nicht in die Höhe gebaut, sondern in die Erde gegraben worden.«
Yan nickte. Er freute sich, dass Grigán endlich sein Schweigen gebrochen hatte. Die Trennung von Léti und den anderen war zu traurig, um auch noch den Missmut seines Gefährten zu ertragen. Die Gelegenheit erschien ihm günstig, um die Frage zu stellen, die ihn seit zwei Tagen
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