Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
und schob den Arm unter den Kopf. Einschlafen konnte er jedoch nicht gleich, und so starrte er in die Dunkelheit und den wabernden Nebel. In Gedanken ging er die Ereignisse durch, die ihn hierher gebracht hatten, und schließlich dachte er über Ähren Elessedils ermutigende Worte nach. Der feste Glaube des Druiden an Pen überraschte ihn, insbesondere deshalb, weil er die Sache mit Cinnaminson und Gar Hatch so unglücklich angegangen war. Allerdings merkte Pen sehr wohl, wenn ihn jemand anlog, und in dem, was Ähren Elessedil gesagt hatte, fand er keine Falschheit. Der Druide betrachtete ihn als den Retter, zu dem er ernannt worden war. Pen würde einen Weg finden, davon war er überzeugt, sogar wenn der Junge diesen noch nicht erkennen konnte.
Pen holte tief Luft und spürte, wie sich in ihm Ruhe breit machte. Natürlich spielte auch seine Erschöpfung eine Rolle, doch empfand er tatsächlich Frieden.
Vater hätte mir die gleichen Worte gesagt,
dachte er.
Diese Erkenntnis spendete ihm Trost. Er schloss die Augen und schlief ein.
Sie erwachten mit von der Kälte und Feuchtigkeit schmerzenden Gliedern. Die Dämmerung war düster und nebelverhangen. Immer noch hatten sie nichts zu essen und zu trinken, also ignorierten sie Hunger und Durst und brachen auf. Während sie durch das schlammige Wasser stakten, drängte sich das Sumpfgras mit seinen Tentakeln dicht an sie heran. Überall auf dem Wasser und in den Bäumen lauerten Schatten, die sie nicht wecken wollten. Niemand sprach. Die graue Einöde des Sumpfes ließ sie frösteln, und so blieb jeder für sich. Allein ihre Entschlossenheit trieb sie voran. Irgendwo vor ihnen lag das Ende dieses Morastes, und es gab nur einen Weg, dorthin zu gelangen.
Gegen Mittag kamen sie an einen ausgedehnten See, an dessen Ufer Bäume standen, in denen Kletterpflanzen rankten. Im Wasser wuchs Sumpfgras. Einige Inseln ragten daraus hervor, grasbewachsene Hügel, auf denen Treibholz verrottete. Über ihnen wallte der Nebel wie eine dicke Suppe im Kessel und ließ nur karges Licht durch.
Sie hielten an und betrachteten die sumpfige Wasserfläche. Die Inseln erhoben sich wie Reptilienaugen aus der Brühe. Pen sah Ähren Elessedil an und schüttelte den Kopf. Ihm behagte dieser See ganz und gar nicht, und er hatte nicht die Absicht, ihn zu durchqueren. In der Mitte deutete ein Kräuseln auf der Oberfläche auf Wesen hin, denen man am besten aus dem Weg ging.
»Folgen wir dem Ufer«, sagte der Druide und schaute zum Himmel. »Wir bleiben im Schutz der Bäume. Beobachtet die Wasseroberfläche auf Bewegungen hin.«
Sie entschieden, links weiterzuziehen, wo sich Gras und Treibholz weniger ballten. So stakten sie mit einigen Metern Abstand am Ufer entlang, und Pen behielt den See im Auge und suchte nach auffälligen Wellen. Er wusste, die Sicherheit seiner Gefährten hing von seinem Instinkt ab. Draußen auf dem offenen Wasser schwebte der Nebel. Eine plötzliche Böe strich wie ein Gespenst über sie hinweg. Die Luft fühlte sich schwer an, und kondensiertes Wasser tropfte in langsamem, stetem Rhythmus von den Bäumen. Im Schatten des Waldes herrschte bedrückende Stille.
In der Mitte des Sees erhob sich ein riesiges, schemenhaftes Wesen aus dem Wasser und war im nächsten Moment wie Rauch wieder verschwunden. Pen blickte Khyber an, die neben ihm stand und stakte. Er bemerkte, wie sie von ihrer Tätigkeit abgelenkt wurde.
Nachdem sie ein gutes Stück zurückgelegt hatten, erreichten sie eine Stelle, wo der See sich in eine kleine Bucht zurückzog, über der Kletterpflanzen in den Bäumen wucherten und bis ins Wasser hingen. Wachsam steuerten sie unter dieses Dach, glitten leise durch das ruhige Wasser und suchten nach allen Seiten die Umgebung ab. Pen stellten sich warnend die Nackenhaare auf. Irgendetwas stimmte hier nicht. Dann erkannte er, was. Er hörte keine Geräusche mehr von den Lebewesen, keinen Laut, keine Bewegung.
Eine Ranke streifte sein Gesicht, wischte fast widerwillig darüber und hinterließ glänzenden Schleim auf seiner Haut. Er wischte sich das klebrige Zeug ab, zog eine Grimasse und schaute nach oben. Genau über seinem Kopf schlängelten sich ähnliche Ranken. Ungläubig starrte er sie an, zunächst, weil er nicht wusste, worum es sich handelte, dann aus Angst.
»Ähren«, flüsterte er.
Zu spät. Die Ranken fielen herunter wie Schlangen und hüllten sie ein, eine Kaskade langer Arme und beweglicher Finger, Tentakel aller Größen und Formen, die mit solcher
Weitere Kostenlose Bücher