Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
die
Galaphile
kaum fünfzig Meter entfernt auf dem schilfüberwucherten See und näherte sich ihnen langsam. Die Segel waren eingeholt, die Masten und Spieren so nackt und schwarz wie verkohlte Knochen. Die
Galaphile
wirkte so verlassen und verflucht wie ein Geisterschiff.
»Was machen wir jetzt?«, zischelte Khyber.
»Wir könnten wegrennen«, antwortete Pen und machte sich für alle Fälle schon einmal bereit. »Es bleibt genug Zeit, die Bäume zu erreichen, und im Wald könnten wir uns aufteilen, wenn es sein muss …« Ohne Hoffnung brach er ab. Das Gerede über Flucht war sinnlos. Ähren hatte längst gesagt, dass es zu spät sei, sich zu verstecken, und weglaufen würde auch nicht helfen. Die
Galaphile
hatte sie einmal gefunden, und die Druiden an Bord würden keine Schwierigkeiten haben, die vier ein zweites Mal aufzuspüren. Terek Molt würde sie wie Hasen zur Strecke bringen. Sie würden sich verteidigen müssen, obwohl sie kein Luftschiff und so gut wie keine Waffen hatten. Ähren Elessedils Druidenmagie musste genügen.
Welche andere Chance haben wir schon?,
dachte Pen verzweifelt.
Die
Galaphile
war nahe dem Ufer zum Stillstand gekommen und so dicht an die Schlammbank herangefahren, wie ihr Tiefgang erlaubte. Auf Deck bewegten sich dunkle Gestalten, die entlang der Reling Position einnahmen. Gnomenjäger. Pen sah ihre Klingen aufblitzen. Vielleicht hatten die Gnomenjäger schlicht die Absicht, sie zu töten, da keine Notwendigkeit bestand, etwas anderes zu tun.
»Seht ihr, wie es schimmert?«, fragte Ähren Elessedil sie überraschend. Seine Stimme klang auf unheimliche Weise ruhig. »Das Schiff, der Rumpf und die Takelage? Seht ihr das?«
Pen schaute es sich mit den anderen an. Zuerst konnte er nicht erkennen, was der Druide meinte, schließlich jedoch gewöhnten sich seine Augen an das Zwielicht, und er bemerkte eine Art Glühen, das wie eine Aura glitzernder Feuchtigkeit um das Kriegsschiff herum pulsierte.
»Was ist das?«, flüsterte Khyber, strich sich den dunklen Haarschopf zurück und drehte eine Strähne in den Fingern.
»Magie«, antwortete ihr Onkel leise. »Terek Molt hat die
Galaphile
mit Magie umhüllt, um sie vor einem Angriff zu schützen. Er hat den Sturm und die Elemente, die ich bei unserer Begegnung auf dem See beschworen habe, nicht vergessen.«
Der Druide atmete langsam aus. »Damit hat er einen Fehler gemacht. Jetzt haben wir eine Chance.« An der Seite des Luftschiffes wurde durch eine Lücke in der Reling eine Strickleiter zum Wasser heruntergelassen. Eine einzelne Gestalt stieg hinunter. Sogar aus der Entfernung und in der zunehmenden Dunkelheit gab es keinen Zweifel, um wen es sich handelte.
Pen blickte erneut zu den verhüllten Gestalten an der Reling der
Galaphile.
Sämtliche Waffen waren auf ihn und seine Gefährten gerichtet.
»Khyber«, rief Ähren Elessedil leise.
Als sie zu ihm hinüberschaute, reichte er ihr unauffällig einen kleinen Gegenstand. Pen erhaschte einen Blick auf den kleinen Beutel in ihrer Hand, den sie gerade weit genug öffnete, um die Elfensteine zu erkennen. Deutlich vernehmbar holte sie Luft.
»Hör mir gut zu«, sagte ihr Onkel, ohne sie anzusehen, denn er hielt den Blick starr auf Terek Molt gerichtet, der nun fast das Wasser erreicht hatte. »Wenn ich es dir sage, wirst du die Elfensteine gegen die
Galaphile
einsetzen. Tu das, was man dir beigebracht hat. Öffne dich ihnen, rufe ihre Macht und richte sie gegen das Luftschiff.« Khyber schüttelte den Kopf und verzog das Elfengesicht entsetzt. »Das wird nicht funktionieren, Onkel Ähren! Die Magie wirkt nur gegen andere Magie - Magie, die den Besitzer der Steine bedroht! Das hast du mich selbst gelehrt! Die
Galaphile
ist nur ein Luftschiff aus Holz und Eisen.«
»Das stimmt«, räumte der Druide ein. »Aber dank Terek Molt gilt das nicht für die Magie, mit der das Schiff eingehüllt ist. Das ist seine Magie, Druidenmagie. Vertrau mir, Khyber. Es ist unsere einzige Chance. Ich verfüge über gewisse Fähigkeiten, Terek Molt wurde jedoch als Kriegerdruide ausgebildet und besitzt mehr Macht als ich. Tu, was ich sage. Achte auf mein Zeichen. Und gib vorher nicht zu erkennen, dass du die Elfensteine hast. Benimm dich auf jeden Fall so, dass er glaubt, du würdest keine Gefahr für ihn darstellen. Wenn du dich zu früh verrätst, auch um mir zu helfen, ist es aus mit uns.«
Pen sah Khyber an. In den Augen des Elfenmädchens glitzerte Furcht. »Ich habe noch nie versucht, die Elfensteine zu
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