Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
Lebens gebildet hatten, als sie noch Soldatin in der Föderationsarmee gewesen war. Sie vermisste die Disziplin und die Routine. Nie hätte sie geglaubt, eines Tages so zu denken, doch nachdem sie sich wochenlang als Ard Rhys des Dritten Druidenordens geplagt hatte, wäre sie am liebsten davongerannt, wenn sie die Chance gehabt hätte, um in die Zeit zurückzukehren, in der alles noch einfacher und direkter gewesen war.
Wieder fiel ihr Blick auf die Nachricht. Die war in der Nacht eingetroffen, und am Morgen hatte sie sie am Fuß des Pfeilseglers gefunden. Das dunkle, wilde Gesicht des Vogels hatte sie aus dem Verschlag angeschaut, als wolle er sie dazu auffordern, hereinzugreifen. Aber es war ihr Vogel, einer der vielen, die sie abgerichtet hatte, Nachrichten von ihren Mitverschwörern und Dienern im Komplott gegen Grianne Ohmsford zu befördern. Sein Gesicht spiegelte die Intensität ihres eigenen.
Sie kannte den Vogel.
Split
hieß er wegen des seltsamen Keils an den Schwanzfedern, einem Geburtsfehler. Der Pfeilsegler gehörte zu denjenigen, die sie Traunt Rowan bei seinem Aufbruch ins Nordland mitgegeben hatte; von ihm war der Vogel geschickt worden. Sie hatte hineingegriffen, die Nachricht von Splits Bein gelöst, sie aus dem Käfig genommen, geöffnet, und dann hatte sich ihr Gesicht augenblicklich vor Zorn gerötet.
D ER J UNGE UND SEINE G EFÄHRTEN
SIND VON T AÜ PO ROUGH ENTKOMMEN.
F OLGE IHNEN INS K LU -G EBIRGE .
Und habe sie dort verloren … fügte sie in Gedanken hinzu, doch der Verfasser der Zeilen hatte diese Worte unterschlagen.
Erneut las sie die Nachricht und verspürte immer noch Wut auf den Inhalt und den unfähigen Absender. Von Traunt Rowan hätte sie mehr erwartet. Auch von Pyson Wence, und vor allem, wenn die beiden zusammen loszogen, um diesen Jungen aufzuspüren! Sie biss die Zähne zusammen. Warum war es so schwierig, jemanden zu finden und gefangen zu nehmen? Terek Molt hatte diese Suche das Leben gekostet. Vor Aphasia Wye hatte sie den Respekt verloren, einen Respekt, von dem sie geglaubt hatte, nichts könne ihn mindern. Was würde es sie diesmal kosten? Das Leben zweier weiterer Verbündeter, Männer, deren Verlust sie sich gar nicht leisten konnte, selbst wenn sie sich als unfähiger erwiesen, als sie für möglich gehalten hatte? Respekt hatte sie schon lange keinen mehr für sie, den wenigstens würde sie nicht mehr verlieren. Nachdem sie die Nachricht zerknüllt hatte, warf sie das Papier in eine kleine Schale auf dem Schreibtisch, zündete es mit Magie an und schüttete die Asche aus dem Fenster. Sie schaute zu, wie der Wind die Asche auseinander trieb, und wünschte, ihre Wut und Enttäuschung ließen sich ebenso leicht aus der Welt schaffen. Was musste sie tun, um dieser Sache ein Ende zu bereiten? Einen Moment lang, nur einen kurzen Moment lang, spielte sie mit dem Gedanken, die ganze Jagd abzublasen. Sie erforderte mehr Zeit, als sie darauf verwenden wollte, und sie führte zu keinerlei Ergebnissen. Die Eltern des Jungen verwahrte sie sicher in ihrem Kerker. Konnte sie nicht einfach abwarten, bis er kam, um sie zu retten? Das würde er bestimmt irgendwann tun, nachdem er herausgefunden hätte, wo sie waren, und ihn darauf aufmerksam zu machen, wäre nicht schwer.
Ihre Niedergeschlagenheit löste Kopfschmerzen aus, und sie rieb sich die Schläfen. Sie konnte ihn nicht einfach ignorieren, weil sie fast sicher wusste, was er vorhatte. Er wollte eine Möglichkeit finden, seine Tante zu erreichen. Shadea a'Ru hatte keine Ahnung, wie er auf diese Idee gekommen war, und sie konnte nicht glauben, dass überhaupt irgendwer fähig war, dies zu vollbringen. Aber sie konnte es nicht darauf ankommen lassen, einen Fehler zu machen. Falls er einen Weg in die Verfemung gefunden hatte, falls es eine Verbindung gab, über die sie nichts wusste, musste sie ihn davon abhalten, sie zu benutzen. Denn wenn ihm das Unmögliche gelänge und er tatsächlich Grianne Ohmsford erreichte, würde er vielleicht auch eine Möglichkeit finden, sie zurückzubringen.
Und falls das geschah, wäre Shadea am Ende. Dann wären alle am Ende, die sich ihrer Verschwörung angeschlossen hatten. Die Chance war äußerst gering, kaum messbar, aber wenn man es mit den Ohmsfords zu tun hatte, durfte man nichts außer Acht lassen. Ihre Geschichte sprach für sich. Sie hatten unglaubliche Situationen überlebt, schon mehrere Generationen vor dieser. Sowohl mit Magie als auch mit Glück waren sie gesegnet, und diese
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