Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
hatte.
»Wach auf, Straken! Hör auf, dich so zu winden. Was ist denn mit dir los? Hörst du mich nicht?«
Ihr Atem ging schneller, und ein Teil der Trägheit löste sich auf. Diese Stimme kannte sie. Sehr gut sogar. Das gab ihr neue Kraft und ein Gefühl von neuen Möglichkeiten. Sie versuchte zu sprechen, würgte an Worten, die nicht herauswollten, und stieß unverständliche Laute hervor.
»Warum tust du das, kleines Katzending? Sollte es Zeitverschwendung gewesen sein, dass ich hergekommen bin? Kannst du nicht sprechen? Sieh mich an!«
Das tat sie, öffnete die Augen zum ersten Mal seit Tagen, zerriss die Kruste ihrer Tränen, die ihre Lider verklebt hatte, und blinzelte in die ungewohnte Helligkeit, rieb sich den Schlaf und die Verwirrung aus den Augen. Langsam rührte sie sich, stützte sich auf den Ellbogen und blickte in das Licht, das aus dem Gang in die Zelle schien.
Ein Goblin -Wächter stand da, drückte sich an die Gittertür und spähte zu ihr herein. Im Gegenlicht hüllte der Schatten ihn ein wie ein Tuch. Sie starrte ihn verwirrt an, spürte, wie sich Lethargie und Hoffnungslosigkeit sofort wieder einstellten. Da war niemand. Sie war betrogen worden. Erneut senkte sich ihr Kopf, und ihre Augen wollten sich schließen.
»Nein! Was machst du denn? Straken! Ich bin es!«
Sie blickte erneut auf und sah, wie der Goblin die Kapuze zurückschob und sein Gesicht enthüllte. Durch einen Nebel aus Erschöpfung und Ungewissheit schaute sie zu, beobachtete, wie das Wesen Gestalt annahm und versuchte verzweifelt, einen Sinn in dem zu erkennen, was sich da vor ihren Augen zeigte.
»Weka Dart«, flüsterte sie.
Ungläubig starrte sie ihn an. Den kleinen Ulk Bog hatte sie vollkommen vergessen. Nachdem er sie verlassen hatte und sie dem Straken-Lord in die Hände gefallen war, hatte sie nicht mehr damit gerechnet, ihn jemals wieder zu sehen. Es war ihr nahezu unbegreiflich, wie er jetzt plötzlich vor ihr stehen konnte. »Du hättest auf mich hören sollen!«, zischte er. »Habe ich es dir nicht gesagt? Habe ich dich nicht davor gewarnt, ohne mich weiterzuziehen ? «
Das scharfe Gesicht war zusammengezogen wie ein Knoten, was den Ulk Bog wirken ließ wie ein schwachsinniges Tier. Das Haar auf Kopf und Nacken sträubte sich steif und stand in alle Richtungen ab. Die scharfen Zähne blitzten hinter den Lippen auf, als er ein Lächeln versuchte und daran scheiterte, und seine Finger umklammerten die Gitterstäbe.
Ihr Verstand wurde ein wenig klarer, und sie widerstand dem Drang, zu heulen und zu spucken. »Wie hast du mich gefunden?« Er starrte sie an, als wäre sie vom Wahnsinn besessen. »Du hast noch immer nichts begriffen, ja? Was für ein Straken bist du eigentlich?«
Sie schüttelte den Kopf. »Einer der schlimmsten Sorte.« »So siehst du jedenfalls aus.« Weka Dart lachte. »Ich habe dich gefunden, indem ich der Welt um mich herum große Aufmerksamkeit geschenkt habe, was dir hingegen nicht zu gelingen scheint. Aber dies ist ja auch nicht deine Welt, nicht wahr? Sie ist der deinen nicht einmal ähnlich. Daher darf man dir vermutlich keinen Vorwurf machen, außer dass du ein schlechtes Urteilsvermögen hast.«
Er erklärte ihr etwas, doch sie verstand den Zusammenhang nicht. »Dann bist du wegen deines guten Urteilsvermögens hergekommen, ja?«
Der Ulk Bog spuckte aus. »Ich bin mir nicht sicher, ob es das war. Auf meinen Reisen habe ich gehört, was dir zugestoßen ist, und ich gebe gern zu, dass ich es für am besten hielt, dich deinem Schicksal zu überlassen. Aber dann kamen Glück und Inspiration zusammen.« »Glück und Inspiration?«
»Ich durchquerte das Pashanon auf dem Weg zur Huka-Ebene, jener Route, die ich mir ausgesucht und die ich dir empfohlen hatte. Unterwegs erreichte mich die Nachricht von deiner Gefangennahme. Solche Ereignisse bleiben in diesem Land nicht lange ein Geheimnis, und ich hielt Augen und Ohren offen. Es war leicht zu erfahren, was dir zugestoßen war. Schwieriger fiel mir die Entscheidung, wie ich darauf reagieren sollte.«
Er warf sich in die Brust. »Am Anfang, das gestehe ich gern, hielt ich es für das Beste, einfach weiterzureisen. Schließlich hattest du mich fortgeschickt. Was ging mich also dein Schicksal an? Du warst gemein zu mir. Du hast mich beleidigt. Am Ende hast du meinen guten Rat ignoriert und dich selbst ins Verderben gestürzt. Ich war dir nichts schuldig. Niemand hätte mir einen Vorwurf machen können, wenn ich dich deinem Los überlassen
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