Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
damit, Soldaten auf der prekkendorranischen Anhöhe gegeneinander in den Tod zu treiben. Tote Soldaten bedeuten denjenigen nichts, die sie an die Front schicken. Wenn Ihr den Geist der Elfen brechen wollt, wenn Ihr ihren Widerstand beenden wollt, müsst Ihr diejenigen töten, welche die Soldaten beschützen sollen. Ihr müsst Frauen und Kinder töten. Die Alten und die Gebrechlichen. Ihr müsst den Krieg vom Schlachtfeld in ihre Häuser tragen.« Ihre Stimme war zu einem Zischen geworden. »Die Waffe dazu habt Ihr doch, Premierminister. Fliegt mit der
Dechtera
nach Arborion, und setzt sie ein. Verbrennt ihre kostbare Stadt mitsamt den Einwohnern. Verbreitet Furcht und Schrecken, bis sie ihr Heil nur noch im Winseln nach Gnade sehen.«
Sie sagte dies ohne Leidenschaft, doch ihre Worte ließen ihn erstarren. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. Zunächst schüchterte ihn dieser Gedanke ein, dann erfüllte er ihn mit Aufregung. Längst wurde Sen Dunsidan als Ungeheuer betrachtet, es gab also kaum Grund, es nicht auch zu sein. Das Leben derjenigen, die sich ihm in den Weg stellten, bedeutete ihm wenig, und die Elfen stellten für ihn seit zwanzig Jahren einen Stachel im Fleisch dar. Warum sollte er nicht ihre Zahl in einer Weise dezimieren, dass sie nie wieder eine Bedrohung für ihn darstellen würden?
»Aber Ihr seid selbst eine Elfin«, sagte er. »Warum ratet Ihr mir, Euer eigenes Volk zu morden?«
Darauf gab sie einen Laut von sich, den man für ein Lachen hätte halten mögen. »Ich bin keine Elfin! Ich bin eine Druidin! So wie Ihr Premierminister seid, kein Südländer. Die Macht, die wir in Händen halten, bedingt unsere Loyalität, Sen Dunsidan, und nicht irgendein Zufall der Geburt.«
Damit hatte sie allerdings Recht. Seine Nationalität und seine Rasse bedeuteten ihm nichts, abgesehen von dem Aufstieg, den sie ihm ermöglicht hatten.
»Als Druide«, fauchte er, »müsst Ihr wissen, dass Shadea dem niemals zustimmen würde. In zwei Tagen wird sie hier sein, um sich mit mir zu beraten. Sie ist bereits beunruhigt, weil ich die Freien angegriffen habe, ohne sie zuvor zu konsultieren. Wenn sie meine neuen Pläne erfährt, wird sie sich dagegenstellen. Wenigstens dem Anschein nach müssten die Druiden ihre Unparteilichkeit bewahren. Vielleicht unterstützt sie die Föderation bei ihrem Versuch, das Grenzland zurückzuerobern, aber einem Völkermord wird sie niemals zustimmen.«
»Dann erzählt Ihr nichts davon. Lasst sie erst reagieren, wenn es schon passiert ist, nachdem sie ihre Unterstützung der Föderation bereits öffentlich bekannt hat. Wer wird schon auf sie hören, egal, wie laut sie protestiert?«
»In dem Fall wird sie mich aufsuchen, und zwar nicht, um mir zu gratulieren.«
Das bleiche Gesicht wandte sich zur Seite. »Ich werde mich mit ihr befassen, wenn sie das tut.«
Er dachte daran, solche Verwegenheit in Frage zu stellen, denn seit er Iridia kannte, hatte er nie geglaubt, sie sei Shadea a'Ru ebenbürtig. Aber vielleicht hatten sich die Dinge geändert. Sie klang ausgesprochen von sich selbst überzeugt, und die stählerne Entschlossenheit, die sie in ihr Bündnis einbrachte, gab ihm allen Grund zu vermuten, dass sie viel an Macht gewonnen hatte. »Wie lautet nun Eure Entscheidung, Premierminister?«, drängte sie. Eines war jedenfalls sicher. Wenn er sich für Iridias Vorschlag entschied, wurden alle Fragen der Ethik hinfällig. Wenn er scheiterte, würden Fragen der Ethik sein kleinstes Problem darstellen. Nach einem Erfolg würden solche Fragen allenfalls im Flüsterton gestellt werden, denn dann wäre er der mächtigste Mann in den Vier Ländern. Nicht einmal die Druiden würden es wagen, ihn herauszufordern.
Die Entscheidung hätte ihm eigentlich leicht fallen sollen. Wenn Macht und Einfluss auf dem Spiel standen, zögerte er sonst nie. Dennoch zauderte er hier. Irgendetwas an der Sache war faul, irgendetwas hatte er übersehen. Was immer es war, er konnte es spüren, es nagte an ihm. Er fühlte es tief in seinem Innern, wo man solche Dinge nicht ignorieren kann.
» Premierminister ?«
Er räumte seinen Zweifeln noch einen Augenblick ein, dann schob er sie beiseite. Wer wagt, gewinnt, und Wagnisse führten stets zu Zweifeln. Er kannte sich gut genug, um das zu wählen, was er tun musste. Ohne die Angst vor Grianne Ohmsford konnte er es sich leisten, Risiken einzugehen wie nie zuvor. Das Opfer einiger tausend Leben genügte nicht, um ihn abzuschrecken. Es stand mehr auf dem Spiel als
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