Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
Cinnaminson würde vielleicht versuchen, das Luftschiff von ihnen fortzulenken, aber ihr Verfolger würde wissen, wo er nach ihnen zu suchen hatte, was auch immer sie behauptete. Noch war das Luftschiff jedoch nicht aufgetaucht, und Khyber wurde ungeduldig.
Und kalt wurde ihr. Ohne Mantel zitterte sie. Was sie betraf, war die gesamte Reise bislang eine Katastrophe. Aber sie war diejenige, die die Gefährten ermutigt hatte, sie hatte darauf bestanden, dass Onkel Ähren sie unter seine Druidenfittiche nahm und sie mit auf die Suche nach dem Baum brachte, der Pen Ein-lass zur Verfemung gewähren würde. Sie hatte darauf beharrt, dass sie verpflichtet waren, der Ard Rhys zu helfen.
Beim Gedanken an Ähren Elessedil, der tot in den Schlacken zurückgeblieben war, schnürte sich ihr die Kehle zu, und Tränen traten ihr in die Augen. Ihr Lehrer, ihr Ersatzvater, ihr bester Freund - er war von einem anderen Druiden getötet worden. Druiden führten Krieg gegen andere Druiden -, das war ein Gräuel. Sie hatte sich so sehr gewünscht, zu ihnen zu gehören, doch inzwischen war sie sich dessen nicht mehr sicher. Ähren war tot, Grianne Ohmsford in die Verfemung verbannt, und ausgerechnet der Orden, dem sie so gern beitreten wollte, war dafür verantwortlich. Sie hatte ein wenig gelernt, wie man elementare Magie einsetzt, allerdings hatte sich das bisher nicht als nützlich erwiesen. Sie war im Besitz der Elfensteine, doch gehörten sie ihr eigentlich nicht. Einfach ausgedrückt, sie war eine Amateurin, eine Diebin und eine Ausreißerin, und sie riskierte ihr Leben für etwas, von dem sie gar nicht überzeugt war, ob sie daran glaubte. Schließlich überließ sie sich ihrer Enttäuschung und Verzweiflung, weinte leise und wandte ihr Gesicht von den anderen ab, um sie nicht zu wecken. Nach einigen Momenten entschied sie, dass sie sich selbst gegenüber nachgiebig genug gewesen sei, und riss sich zusammen. Die Entscheidung war getroffen, die Reise hatte begonnen, es gab keine Rückkehr. Sie hatte geglaubt, die Ard Rhys zu retten sei das Richtige, und daran hatte sich nichts geändert. Der Verlust ihres Onkels war ein harter Schlag, aber sie wusste, wenn er hier wäre, würde er sie ermutigen, nicht aufzugeben und sich daran zu erinnern, was auf dem Spiel stand, tapfer zu sein und auf ihre Instinkte und ihren Verstand zu vertrauen. Er hatte schließlich Schlimmeres auf der Reise mit der
Jerle Shannara
durchgemacht. Seine Kraft hatte er aus der Erkenntnis seiner eigenen Fehler gezogen und aus der Fähigkeit, sich ihnen zu stellen. Damals war er jünger gewesen als sie heute, und er war dabei zum Mann geworden. Sie musste das Gleiche tun, wenn sie sein Vertrauen nicht enttäuschen wollte.
Gedankenverloren wie sie war, dauerte es eine Weile, ehe sie bemerkte, wie der schlanke Schemen der
Rochen
am Horizont auftauchte und sich auf sie zubewegte.
»Pen!«, zischte sie verzweifelt. »Tagwen!«
Mit einem Ruck wurden die beiden wach, und der Zwerg zuckte so heftig zusammen, dass er fast von seinem Sitz gerollt wäre. Sie packte ihn an der Schulter und hielt ihn, dann zeigte sie zu dem Luftschiff, das durch den sternhellen Himmel segelte wie ein dunkles Phantom. »Da ist sie«, flüsterte Pen.
»Ich gehe nach unten«, verkündete Khyber und erhob sich. »Denkt dran: Sobald das Wesen das Luftschiff verlässt, geht ihr zwischen die Bäume. Auch dann, wenn unser Feind Cinnaminson mit zwischen die Felsen nimmt, Pen. Verstanden?«
Sie hörte seine Antwort nicht, wenn er ihr überhaupt eine gegeben hatte, und sie sah nicht zu ihm zurück. Um ihn konnte sie sich jetzt keine Sorgen mehr machen. Er würde seinen Teil tun müssen, genauso wie sie ihren, und das bedeutete, er musste alle Gedanken an Cinnaminson ausblenden. Ob er das konnte, dessen war sie nicht sicher, bloß hatte sie keinen Einfluss darauf.
Ihr Herz klopfte heftig, und ihr Gesicht fühlte sich heiß an, während sie durch das Labyrinth nach unten zum Feuer eilte. Das Blut rauschte in ihren Adern. Sie konzentrierte sich auf die vor ihr liegende Aufgabe, stellte sich vor, wie sie die Teerkugel auf das Wesen warf und wie es mit dem schwarzen Zeug überzogen war. Ein- oder zweimal schaute sie zum Himmel, doch befand sie sich zu tief zwischen den Felsen, um die
Rochen
sehen zu können. Das Wesen, das sie jagte, musste das Feuer entdeckt haben. Geduld, mahnte sie sich Es wird ganz bestimmt kommen.
Sie erreichte die Lichtung und holte die Teerkugel von ihrem Platz am Feuer. Der Teer
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