Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
Klu-Gebirges. Das Klu-Gebirge bestand aus schroffen, öden Spitzen, die Zeit und Bewegungen der Erdkruste so zusammengeschoben hatten, als hätte ein Riese sie in seiner Hand zerdrückt. Das Gebirge war von Wind und Wetter erodiert und hatte seltsame Formen angenommen, die der ursprünglichen Gestalt kaum noch ähnelten. Schmale Schluchten und tiefe Klüfte spalteten den Fels hinter jeder Wegbiegung, und die Pässe führten häufig über aufgehäuftes Geröll und verwitterte Spalten, über Gesteinsrutschen und an engen Gesimsen vorbei. Nichts ergab Sinn im Klu-Gebirge, in dem sich alle geologischen Formationen zu vereinen schienen, die die Natur vorweisen konnte. Im Laufe des Tages wurde die Luft in den Höhen zunehmend kühler und der Dunst dichter. Dies ging langsam, doch wahrnehmbar vonstatten, und Pen blieb genug Zeit, um zu begreifen, dass sie bald blind durch die Felsen klettern würden. Diese Aussicht war nicht gerade angenehm angesichts des heimtückischen und schwierigen Geländes. Aber Kermadec drängte unaufhaltsam voran und zog sie so schnell mit sich, wie es die Bedingungen erlaubten, führte sie über die Hänge in einer Reihe von Schluchten, die sich unter Felswänden hindurchwanden, welche hunderte Fuß in die Höhe ragten. Der Nebel löste sich auf, dennoch kamen sie langsamer voran. Lockere Steine bedeckten den Weg, Eis überzog die Felsen. Der Wind heulte über ihren Köpfen und durch die Lücken in den Wänden und schlug ihnen ins Gesicht, während sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzten, um nicht auszurutschen. Zu ihrer Linken befand sich ein tiefer Spalt, der in Schwärze verschwand. Pen drückte sich an die Felswand zu seiner Rechten und versuchte, nicht darüber nachzudenken, was geschehen würde, falls er strauchelte. Gleichzeitig mied er es, in die Tiefe zu schauen. Ihm war es gelungen, die Sorge um seine Eltern und die Selbstzweifel nach dem Aufwachen beiseite zu schieben, doch drängten sie sich wieder in den Mittelpunkt und endeten in der Angst, ihre Anstrengungen würden nicht genügen, um nach Stridegate zu gelangen. Er beobachtete Cinnaminson, die vorsichtig vor ihm ging und mit den Händen am Fels und den Füßen auf dem Boden den Weg suchte. Am liebsten hätte er sie an der Hand genommen, doch war dies auf dem schmalen Pfad zu gefährlich.
Ohne Vorwarnung wurde der Nebel dichter und senkte sich mit solcher Schwere über sie, dass alles um sie herum verschwand. »Bleibt, wo ihr seid!«, rief Kermadec ihnen nach hinten zu. Pen erstarrte an Ort und Stelle, spürte, wie die Kälte des Felsens langsam in seinen Körper eindrang, lauschte auf den Wind, der erstarb, und dachte, gerade sei der schlimmste Fall eingetreten. Sie saßen in der Falle, konnten weder vor noch zurück und waren den Launen der Elemente ausgesetzt. Vermutlich war es kurz vor Mittag. Wie würde es sein, wenn die Nacht einbrach?
Pen tastete mit der Hand herum, bis er Cinnaminsons Hand fand. Er ergriff sie, dann schob er sich zu der jungen Fahrenden vor. »Kannst du vielleicht etwas sehen, was uns verborgen bleibt?«, fragte er. Sie wandte ihm das Gesicht zu, und ihre Lippen fühlten sich kalt an, als sie sein Ohr berührten. »Ich kann einiges von dem sehen, was vor uns liegt, aber ich weiß nicht, welche Richtung wir einschlagen müssen. Es gibt zu viele Möglichkeiten. Alles sieht gleich aus.« Pen dachte nach. »Könntest du uns führen, wenn Kermadec dir erklären würde, wonach du Ausschau halten musst?«
Sie packte ihn am Arm. »Ich weiß nicht. Vielleicht.«
Zwar klang sie verängstigt, aber auch nicht mehr, als er sich fühlte. Und ihre Fähigkeit war die beste Chance, die sie hatten. Er rief nach Kermadec, dann nahm er Cinnaminson an der Hand und schob sich vorsichtig an den anderen vorbei. Er ließ sich Zeit, setzte einen Fuß vor den anderen, drückte den Körper eng an die Felswand. Der Nebel wurde immer dichter, die Sicht war so eingeschränkt, dass er nur noch wenige Schritte weit sehen konnte, und es ging überhaupt kein Wind mehr.
Beim Maturen angekommen, erklärte er seine Idee. Nachdem Kermadec verstanden hatte, wozu die Fahrende fähig war, stimmte er zu, dass sie es ausprobieren sollten. Einen solchen Nebel hatte er noch nie erlebt, und er wollte nicht abwarten, bis er sich gelichtet hätte. In ihrer Lage war es zu gefährlich, hier auf dem engen Weg über den Sims. Sie mussten eine geschützte Stelle finden. Mithilfe von Cinnaminsons besonderer Sehgabe, mit der sie durch den Nebel
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