Die Magier von Shannara 3 - Die Verschwörung der Druiden
zurück.
Verzweiflung erfasste Pen. Er musste etwas Wirkungsvolleres finden. Er erinnerte sich an den Drachen und daran, wie er das Wunschlied eingesetzt hatte, damit die Runen in die Ferne davonflogen und das Ungeheuer fortlockten. Vielleicht würde das auch bei den Harpyien funktionieren. Zwar wusste er nicht genau, wie er diese Magie einzusetzen hatte, doch fiel ihm nichts Besseres ein.
Mutig begann er zu singen, als könne er sich den Weg durch die Angreifer mithilfe der schieren Wucht seiner Stimme bahnen. Er sang Fetzen von Worten und Teile von Melodien, die ihm in den Sinn kamen, und hoffte, irgendetwas möge Wirkung zeigen. So geschah es auch. Runenbilder drehten sich in einem glühenden Wirbel von dem Stab, schwebten himmelwärts und bildeten helle, komplizierte Muster vor der dunklen Wolkendecke.
Die Harpyien schauten zu, wie die Bilder in den Himmel stiegen, folgten ihnen jedoch nicht.
Pen wurde immer verzweifelter. Er wusste nicht, was er sonst noch tun sollte. So sang er weiter, unterbrach seine zunehmend hektischen Bemühungen mit Schreien und Rufen und suchte nach einer Möglichkeit, die Harpyien zu vertreiben. Doch nachdem diese gemerkt hatten, dass sich seine Magie darauf beschränkte, hübsch leuchtende Bilder zu erzeugen, und mehr nicht ausrichtete, wagten sich die Vogelfrauen wieder vor. Ihre scharfen Augen glitzerten im trüben Licht, die eigenartigen Münder wippten auf und ab und öffneten und schlössen sich hungrig.
Pen packte den Dunkelstab fest mit beiden Händen und bereitete sich darauf vor, ihn wie eine Keule zu verwenden. Sonst war ihm nichts geblieben.
Aber gerade, als ihm die Lage vollkommen aussichtslos erschien, tauchte eine dunkle Gestalt am Horizont auf, flog auf ihn zu und wurde rasch größer. Der Drache! Immer noch folgte das Ungetüm den Runenbildern, jetzt wieder zurück zu ihrer Quelle. Wie der Drache sie aus so großer Entfernung gesehen hatte, ahnte Pen nicht. Aber er flog direkt auf die größte Ansammlung von Runen zu, die unter den Wolken tanzten.
Da die Harpyien sich ganz auf Pen konzentrierten, bemerkten sie den Drachen zunächst nicht. Dann brüllte das riesige Ungeheuer - anders konnte man es nicht bezeichnen -, und sie fuhren mit gereckten Hälsen herum. Einige flatterten sofort davon, andere zögerten, weil sie ihre Beute nicht aufgeben wollten.
Der Drache stürzte sich wie ein Stein mit solcher Geschwindigkeit auf sie nieder, dass Pen, der eigentlich die Gelegenheit zur Flucht nutzen wollte, nur dastehen und zuschauen konnte. Das Ungetüm schlug nach den Harpyien wie eine Katze nach kleinen Vögeln, riss sie in Fetzen und schleuderte sie zur Seite, wann immer es eine erwischte. Einige Harpyien flogen mit den ausgestreckten scharfen Krallen auf den Drachen zu, doch der zermalmte sie mit den riesigen Kiefern und schmetterte sie zu Boden. Die Harpyien kreischten und zischten und flatterten heftig mit den Flügeln, konnten jedoch nicht entfliehen.
Eine nach der anderen tötete der Drache sie, bis nur noch zwei geblieben waren, die auf dem blutgetränkten Boden umherkrochen und voller Verzweiflung wimmerten. Mit ihnen spielte der Drache noch ein wenig, stupste sie in diese oder jene Richtung. Pen schaute so lange zu, bis ihm dämmerte, dass er das nächste Opfer sein würde; dann also wich er langsam zurück. Runenbilder tanzten und schwebten über der ganzen Szene, und frische Bilder lösten sich vom Dunkelstab und umschwirrten den Drachen wie Glühwürmchen. Ob der Drache sie zur Kenntnis nahm, ließ er sich nicht anmerken. Im Augenblick widmete er sich vollkommen seinem neuen Spielzeug. Ohne die Aufmerksamkeit des Drachen auf sich zu lenken, erreichte Pen den Wald und schlüpfte zwischen die Bäume. Nachdem er weit genug gelaufen war, steckte er den Dunkelstab unter seinen Mantel, verbannte alle Gedanken an seine Tante aus dem Kopf und wartete, bis die Runen erloschen waren.
Schweißtriefend setzte er seinen Weg fort, obwohl er sich kaum dazu aufraffen konnte. Er hatte geglaubt, der Drache stelle nicht länger eine Bedrohung für ihn dar. Doch konnte er nicht weit entfernt gewesen sein, da er ja die Runenbilder gesehen hatte. Eigentlich sollte er sich darüber freuen, schließlich hatte ihm das Ungetüm diesmal das Leben gerettet, aber tatsächlich verdeutlichte ihm das nur, wie verwundbar er war. Im Augenblick befand er sich vielleicht in Sicherheit, doch würde die Gefahr andauern, bis er die Verfemung verlassen und wieder in die Vier Länder
Weitere Kostenlose Bücher