Die Magier von Shannara 3 - Die Verschwörung der Druiden
könne ihn ihr wieder entreißen, und er spürte, wie sie an seiner Schulter weinte. Er wollte etwas sagen, unterließ es jedoch und hielt sie nur fest, schloss die Augen und verlor sich in der Wärme ihres Leibs.
»Wer war das, der meinetwegen nach dort unten gekommen ist?«, fragte sie schließlich mit erstickter Stimme. Sie hob den Kopf von seiner Schulter und brachte den Mund dicht an sein Ohr. »Ich verstehe es nicht«, flüsterte sie. »Warum hat sie das getan? Warum hat sie sich im Tausch für mich gegeben?«
Pen dachte, ihm würde das Herz stehen bleiben.
In der Luft über ihnen summten die Aeriaden und sangen und tanzten im lauen Wind, unsichtbar und unhörbar. Sie schenkten dem Verstreichen der Zeit keine Beachtung, spielten im sanften Leuchten des rotgoldenen Sonnenuntergangs und dem tiefen Indigoblau des Abends. Sie waren Geister, die frei von den Einschränkungen der menschlichen Existenz waren, Schwestern und Freundinnen, und die ganze Welt war ihr Spielplatz.
Eine, die Neueste unter ihnen, flog kurz davon und schaute hinunter zu dem jungen Paar, das am Rande der Schlucht stand, die Köpfe einander zuneigte und sich leise tröstende Worte sagte. Das Mädchen berichtete dem Jungen von ihr, und der Junge versuchte zu verstehen. Sie wusste, es würde hart sein, und dass er vielleicht niemals ganz würde verarbeiten können, was sie für das Mädchen getan hatte. Aber sie hatte es eigentlich auch für sich selbst getan - um sich selbst ein neues Leben zu schenken, um einen anderen Weg einzuschlagen, um neu geboren zu werden. Sie hatte gewusst, was sie tun würde, schon bald nach dem Augenblick, als ihr der Junge die Verwandlung des Mädchens und die Freude, die es dabei erlebte, geschildert hatte. Sie wollte das für sich. Dass der Junge und das Mädchen besser zusammen als getrennt leben konnten, war nur der Ansporn, um diese Chance zu ergreifen. Sich selbst für das Mädchen anzubieten, eine Frau, die zwar nicht so jung war, aber dafür über große Begabung und magische Künste verfügte, einer solchen Gelegenheit konnte Mutter Tanequil nicht widerstehen. Der Handel war einfach; die Plätze waren im Nu getauscht, und die Dinge waren wieder im Gleichgewicht.
Komm, Schwester,
riefen die anderen ihr zu.
Sie verweilte noch einen Moment, dachte an das, was sie aufgegeben hatte, und bereute es nicht. Nichts in ihrem alten Leben war so kostbar und unwiderstehlich gewesen wie diese ersten wenigen Momente in ihrem neuen. Zu viele Jahre voller Streit und Arbeit, herzbrechender Verluste und zermürbender Verantwortung, voller Scheitern, Ruin und Tod hatten ihren Weg gesäumt. Dem wäre sie in menschlicher Gestalt niemals entkommen. Sie wusste das und hatte es akzeptiert. Aber als Wesen der Luft hatte sie alles hinter sich gelassen und war Teil eines anderen Lebens geworden. Sie beobachtete, wie der Junge und das Mädchen sich umdrehten und durch den Wald zur Steinbrücke aufbrachen. Vielleicht würden sie in ihrem Leben das finden, wonach sie selbst vergeblich gesucht hatte. In ihrer neuen Gestalt hatte sie etwas Wertvolles entdeckt, etwas, das sie nicht mehr erlebt hatte, seit sie sechs Jahre alt gewesen war und noch mit ihrem kleinen Bruder im Haus ihrer Eltern gewohnt hatte. Sie hatte die Freiheit wieder gefunden.
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