Die Magier von Shannara 3 - Die Verschwörung der Druiden
gelaufen.
Verängstigt und weil er sich nicht erneut verirren wollte, hielt er den Stab nun vor sich und konzentrierte sich auf seine Tante. Dann ging er den Weg zurück. Er bewegte sich vorsichtig voran, achtete darauf, wohin er seine Füße setzte, merkte sich die Bäume und versuchte, ein Gefühl für die Richtung zu entwickeln, auch wenn er sich auf die Magie des Dunkelstabs verlassen musste, um nicht die Orientierung zu verlieren.
Schließlich erreichte er das Ende des Waldes und fand sich auf einer Fläche mit hohem Gras und faulenden Baumstämmen wieder, zwischen denen Tümpel mit stehendem, von Schaum überzogenem Wasser lagen. Der Gestank war unerträglich. Pen rümpfte die Nase, blickte sich besorgt um, betrachtete den Stab und ging weiter. Nach einem kurzen Stück entdeckte er die Knochen. Grau und nackt und gebrochen lagen sie auf einem Fleckchen kahler Erde. Pen blieb stehen und schaute sie sich an. Er wusste nicht, um was für Knochen es sich handelte, aber es waren so viele, dass sie nicht allein von einem einzigen Lebewesen stammen konnten. Der Zahl und dem Zustand nach mussten sie hier bereits lange liegen.
Er war mitten auf einem Futterplatz.
Erneut schaute er sich um und wurde sich plötzlich der Stille bewusst.
Gar kein schlechter Gedanke, von hier zu verschwinden,
dachte er.
Deshalb schlug er sich nach links ins Gras, fort von den Knochen, und ging so leise er konnte auf die nächste Gruppe toter Bäume zu, wobei er sich bemühte, nicht den Atem anzuhalten, damit sein Kopf klar blieb.
Nur nicht in Panik geraten,
ermahnte er sich.
Was immer hier auch frisst, muss nicht unbedingt in der Nähe sein.
Ein schrilles Kreischen veranlasste ihn, stehen zu bleiben. Auf das erste folgte ein zweites Kreischen und dann ein drittes. Die durchdringenden, rauen Laute kamen von allen Seiten. Eine riesige Gestalt landete aus der Düsternis keine zwanzig Fuß vor ihm auf einem Baumstamm. Es war ein Aasvogel, dessen Körper so groß war wie Pens und dessen Spannweite wenigstens zwölf Fuß betrug. Pen schaute zu, wie er aufsetzte, die Flügel zusammenfaltete und den schmalen Kopf senkte.
Als der Vogel den Kopf kurz darauf wieder hob, sah er, dass er das Gesicht einer Frau hatte. Allerdings einer Frau, wie Pen sie noch nie gesehen hatte. Sie hatte scharfe, knochige Züge, der Mund war vorgeschoben wie ein Schnabel, die Augen waren hart und vogelartig. Leib und Flügel waren mit dunklen Federn bewachsen, die Füße endeten in riesigen, hakenförmigen Krallen, die viel zu groß für den restlichen Körper wirkten.
Dieser seltsame Vogel saß so krumm dort auf dem Baumstamm, als wäre er verkrüppelt, und beobachtete Pen aufmerksam, ohne sich auf ihn zuzubewegen. Pen blieb kurz stehen, dann wich er langsam zurück. Doch da ertönte ein weiterer Schrei, und eine zweite Vogelfrau landete hinter ihm und versperrte ihm den Weg. Noch zwei weitere erschienen, dann wieder zwei; sie alle tauchten plötzlich aus dem Nebel auf, flatterten mit den Flügeln, während sie auf dem Boden oder auf den Ästen der Bäume niedergingen. Wenigstens ein Dutzend sah er, die ihn mit harten Blicken beobachteten.
Harpyien.
Er schluckte heftig. Er wusste, was Harpyien waren; in den Geschichtsbüchern seines Vaters über die Vier Länder hatte er über sie gelesen. Die bösartigen und unvorhersagbaren Wesen waren mit den anderen düsteren Kreaturen zu Zeiten der Feen in die Verfemung verbannt worden. Wenn er sich richtig erinnerte, fraßen Harpyien frisches Fleisch und jagten nicht nur Tiere, sondern auch Menschen.
Abermals betrachtete er die Krallen dieser Untiere, die auf dem Baumstamm vor ihm hockten, und Panik keimte in ihm auf. Er musste sofort von hier verschwinden, allerdings hatte er keine Ahnung, wie er das anstellen sollte, denn er war umzingelt. Einige Harpyien kamen bereits gurrend näher. Sie schienen zufrieden zu sein. Und erfreut.
»Geht weg!«, schrie er sie an und fuchtelte theatralisch mit den Armen.
Sofort flammten die Runen des Dunkelstabs auf, hell wie Feuer, und tanzten auf der Länge des Holzes auf und ab. Die Harpyien kreischten und flatterten mit den ledrigen Schwingen, und diejenigen, die sich vorgewagt hatten, blieben zunächst stehen. Pen brüllte sie noch einmal an und versuchte, sich zwischen ihnen hindurchzuschleichen, aber sie formierten sich rasch neu und hielten ihn umschlossen. Pen schwang den Stab in ihre Richtung. Die Runen tanzten wilder. Die Harpyien zuckten zusammen, zogen sich jedoch nicht
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