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Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)

Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)

Titel: Die Magier von Tarronn (1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sina Blackwood
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aber schnell begriffen, wie ernst die Lage war. Pharao Haremhab war gestorben. Sein Leichnam wurde schon auf den Weg für das zweite Leben in Osiris’ Reich vorbereitet und in einigen Tagen würden die Riten für die Fahrt mit der Sonnenbarke beginnen. Um das Reich vor dem Chaos zu bewahren, hatte der kinderlose Haremhab seinen Wesir Paramessu als Nachfolger bestimmt. Dieser würde also nach Abschluss der Feierlichkeiten zum Pharao gekrönt werden und somit wurde auch ihr Herr, Raia, zum königlichen Verwandten. Das verhieß natürlich auch Vergünstigungen für die Soldaten unter seinem Befehl. Hatik wurde von der Aufregung im Lager angesteckt. Bei den Soldaten überwog eindeutig die Freude über die Informationen. Der Junge eilte nach der Ansprache sofort zu seinem Freund Binti-Amun. Der Hengst schaute ihn aus seinen großen braunen Augen an, als hätte er alles verstanden, was sein Herr zu ihm sagte. Er rieb seine Wange an Hatiks Schulter.
    „Ach Binti, vielleicht werden wir eines Tages sogar den Pharao sehen. Das wünsche ich mir so sehr.“
    Plötzlich wurden Hatiks Augen groß. Wie zur Bestätigung hatte sein Amulett kurz aufgeleuchtet. Es strahlte jetzt eine wohltuende Wärme aus. Binti berührte es vorsichtig mit der Nase. Das silberne Udjat antwortete auch ihm mit einem Leuchten. Hatik schloss sein Pferd überglücklich in die Arme. Er kuschelte sich in die lange, seidenweiche Mähne. Die Gnade, die er erfahren hatte, war also auch auf sein Tier übergegangen. Seit die geheimnisvolle Fremde aus dem Amulett gekommen war, hatte sich das Leben des ehemaligen Diebes grundlegend gewandelt. Er hatte jetzt ein Dach über dem Kopf, regelmäßige Mahlzeiten, er konnte jetzt lesen und schreiben. Das Beste aber war Binti-Amun, der rabenschwarze Hengst, der ihm allein gehörte. Hatik weinte vor Freude. Mit der linken Hand streichelte er das Amulett, mit der rechten Hand sein Pferd. „Neri, Neri, Neri …“
    In seinem Kopf hallte der Name der Fremden wie ein Ruf. Binti schnaubte leise. Auch der Junge hatte ein seltsames Kribbeln in der Hand, die das silberne Kleinod hielt, gespürt. Wenn er ganz genau hinsah, glaubte er, das Gesicht der zierlichen fremden Göttin zu erkennen. Schließlich konnte sie nur eine Göttin sein. Vielleicht war sie sogar Mut, das Auge von Re, die Mutter der Sonne? Wurde sein Udjat deshalb manchmal so heiß, dass es sogar Pepi die Hand verbrannt hatte? Rätsel über Rätsel. Aber Götter sprachen fast immer in Rätseln. Die Hohepriester übersetzten den Willen der Götter, damit auch der letzte Sklave verstehen konnte, was sie wollten.
    „Hatik! Komm! Es gibt Arbeit!“ Der Ruf von Neferem ließ den Jungen zusammenzucken.
    „Ja, Herr, ich komme.“
    „Pepi braucht dich, beeile dich.“
    Im Laufschritt durchquerte Hatik das Lager. Unterwegs verstaute er sorgfältig den silbernen Glücksbringer im Ausschnitt seines Burnus. Vor dem Haus wusch er sich die Hände, um rein und sauber bei seinem Herrn und Gönner zu erscheinen. Als er sich zu Begrüßung zu Boden werfen wollte, sagte Pepi: „Lass die Zeremonien, dafür haben wir keine Zeit.“
    Irritiert erstarrte der Junge in halb gebückter Stellung. Über das Gesicht des Offiziers huschte ein amüsiertes Lächeln. Dann deutete er auf den Schreiberplatz.
    „Nimm die Papyri. Bringe sie zum Haus unseres Herrn, Raia. Wenn du dort ankommst, darfst du sie nur Raia selbst, oder seinem Enkel geben. Vor den Bediensteten sei selbstsicher. Du bist kein Sklave, du bist Hatik, der Schreiber und Bote von Pepi. Denk daran! Ich setze all mein Vertrauen in dich. Geh nun. Die Götter mögen dich beschützen.“
    Hatik wickelte schweigend die Rollen in ein Tuch. Mit tausend Gedanken im Kopf wollte er gerade den Raum verlassen.
    „Hatik, warte!“
    Der Junge fuhr herum. Pepi hatte aus einer der kleinen, bunt bemalten Holztruhen ein schmales, goldenes Pektoral genommen, welches er seinem verdutzten Boten nun umlegte.
    „So, das wird die Sache unterstützen. Jetzt eile!“
    Zufrieden nickend schaute er dem Kleinen hinterher.
    Hatik hastete zum Stall. Sorgfältig verstaute er sein wertvolles Paket und eine Kalebasse mit frischem Wasser in seinem Beutel, den er sich quer vor die Brust hängte. Dann führte er Binti ins Freie. Er schwang sich auf dass Ross, welches er, wie immer, ohne Sattel ritt. Ein weiter Weg lag vor ihnen. Hatik war noch nie in der fremden großen Stadt gewesen. Er hatte nur nachts manchmal ganz in der Ferne einzelne Feuer leuchten sehen.

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