Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
jetzt!“
Ozonreiche Luft zog durch den Raum. Gleichzeitig erstrahlte die Pyramide in sattem Blau. Knisternde Energiespiralen liefen an jedem Strang entlang, sich an der Spitze konzentrierend. Fasziniert beobachteten die Senatoren den Vorgang. Die beiden Magier waren hoch erstaunt. Neri gebot Einhalt. Die Energie ebbte langsam ab. „Nun? Was sagt ihr dazu?“
„Das war einfach genial? Wie hast du das gemacht?“
Neri lachte. „Ich doch nicht!“
„Wer war es dann?“ Solon war ratlos. „Diese Energie kenne ich nicht.“
Die Seherin amüsierte sich. „Gerade du solltest wissen, um wen es sich handelt.“
„Ich? Wieso gerade ich? Klärt mich endlich mal jemand auf?“
Neri trat in die Mitte des Raumes. Sie schien einer imaginären Person beide Hände zu reichen. „Erscheine!“
Es entstand ein leichtes Flimmern in der Luft, dann schälte sich eine hoch gewachsene Gestalt hervor, begleitet von erstaunten Ausrufen der Ältesten.
„Aber das ist ja Rami!“
Solon schlug die Hände vor das Gesicht. „Rami! Ich bin sprachlos. Wie hast du denn das gemacht?“
Rami stand etwas verlegen inmitten des Kreises. „Vater, ich wollte dir nicht wehtun.“
„Ach Junge, du hast ja keine Ahnung, wie glücklich du mich machst. Wie sehr habe ich mir immer gewünscht, mit dir gemeinsam zu arbeiten. Du hast es ja prächtig verstanden, dich vollständig abzuschirmen. Ich bin sehr, sehr stolz auf dich.“
„Es tut mir Leid, wenn ich dir Sorgen bereitet habe. Ich hatte immer Angst, nicht gut genug zu sein.“
„Lass gut sein, mein Sohn. Du hast soeben die Prüfungen der ersten beiden Stufen zum Großmagier gleichzeitig bestanden. Das hat, solange ich denken kann, vor dir noch keiner geschafft.“
Die Senatoren hatten sich inzwischen erhoben. Freudig beglückwünschten sie Rami und hießen ihn als neues Mitglied im Rat der Magier willkommen. Talos löste einen seiner goldenen Oberarm-Reife, um ihn an den jungen Mann weiter zu reichen. „So, nun bekommt ihn ein wirklich Würdiger. Auf so einen Moment habe ich fast 1000 Sonnenjahre gewartet! Dass ich das noch erleben darf!“
Hilfe suchend blickte Rami zu Neri hinüber. Lächelnd, mit einem Kopfnicken, bedeutete ihm die Seherin, das Geschenk anzunehmen. Der junge Mann dankte Talos herzlich für die Gabe und ehrfürchtig betrachtete er die meisterhaft ausgearbeiteten Motive auf dem breiten Ring. Die eine Hälfte zeigte einen geflügelten Drachen, mit einem Dreieck auf der Stirn, die andere eine Kobra mit aufgerichteter Haube. Wurde der Ringe geschlossen, trafen sich die Köpfe der Tiere so, dass sie Wange an Wange lagen.
Inzwischen hatte der Vollmond seinen höchsten Punkt erreicht, das Ritual konnte beginnen. Rami erhielt noch einige Instruktionen. Dann schlossen die Atlan den Kreis um den, wie poliert aussehenden, schwarzen Stein. Sich an den Händen haltend, bauten sie ihre Lichtpyramide aus weißmagischer Energie. Langsam, sehr langsam, aber gleichmäßig steigerten sie die Kraft. Als sich eine knisternde Kugel an der Spitze bildete, senkten sie ihre Hände ab, bis der Energieball den Stein inmitten des Kreises berührte und von ihm gleichsam aufgesogen wurde. Es entstand ein singendes Geräusch unterhalb des Kristalls, der Boden schien leicht zu vibrieren. Die Atla legten nun ihre Hände flach auf den Stein, um mittels Kraft ihrer Gedanken die Energie in der Insel zu verankern. Nach einigen Minuten baute der Kristall einen Gegendruck auf. Für die Atlan war es das Zeichen, ihre Energien sofort zu stoppen. Letan war für einen weiteren Monat gebannt.
Die Ereignisse der Nacht waren natürlich nicht unentdeckt geblieben. Wann hatte es schon einmal einen außerplanmäßigen Energieschub von dieser Wucht gegeben? So war es nicht verwunderlich, dass sich vor der Grotte die Inselbewohner fast vollzählig versammelt hatten. Die Angst wich schnell dem Erstaunen. Die Neuigkeit verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Plötzlich tauchten Speisen und Getränke auf. Auf der großen Wiese vor dem Wasserfall wurde ganz spontan ein Fest zu Ehren Ramis begangen. Es war eine wunderschöne, laue Nacht. Der Wasserfall rauschte sein altes Lied, Zikaden zirpten, große Leuchtkäfer glühten im Gras und über allem hing der silberne Vollmond wie ein riesiger Lampion.
Dem Helden dieser Nacht war das Aufsehen um seine Person sichtlich unangenehm. Am liebsten hätte er sich davon gemacht. Aber das konnte er weder seinem Vater, noch den anderen Atlan antun. Mit den Augen suchte er Neri und
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