Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
Drakon Siri hatte seine Mutter, wie auch die Alten, stets mit größter Hochachtung gesprochen. Ohne Siri wären vermutlich alle Atlan tot.
Ab und zu konnte er die beiden Drakon beobachten, wenn sie auf das Meer hinaus flogen. Sie faszinierten ihn. Aber erst Luna hatte ihn dazu gebracht, die beiden nachzubilden. Und nun sollte er sie sogar für den Tempel fertigen.
Unzählige Geschichten über die stolzen, starken Wächter fielen ihm ein und beflügelten seine Fantasie. Fast mechanisch hängte er sein Gewand über einen Stuhl. Dann setzte er sich auf die Bank vor seiner Hütte und wartete. Er war viel zu aufgeregt, um irgendwelche Arbeiten zu beginnen.
Meister Arko
Irgendwann wurde es Arko kühl. Er öffnete die Augen und erblickte einen grandiosen Sonnenuntergang. Mit dem Schreckensruf: „Ach du lieber Himmel, ich bin ja eingeschlafen!“, fuhr er empor.
Ein paar schnelle Schritte brachten ihn zum Brunnen. Rasch schöpfte er Wasser, wusch sich das Gesicht eiskalt ab, um wieder zu klaren Gedanken zu kommen. Mit der gleichen Akribie, mit der er seine Werkzeuge bereitlegte, hatte er auch seine Kleidung vorbereitet.
Nach wenigen Augenblicken war er umgezogen, schlüpfte in seine Festtagssandalen, bändigte sein lockiges Haar mit einem Stirnreif, der kunstvoll aus kleinen hölzernen Plättchen gefertigt war. Die verschiedenfarbigen Naturhölzer waren durch starkes Garn miteinander elastisch verbunden. Die Musterung erinnert fast an die Haut einer Klapperschlange. Zuletzt legte sich einen Umhang um die Schultern, unter dem auch der kleine Beutel verschwand. Noch ein kurzer Blick, ob er auch nichts vergessen hätte, schon war er unterwegs.
Langsam trudelten die ersten Gäste bei Solon und Mira ein. Sara, der Sobek ja um Entwicklungsjahre vorausgeeilt war und die nun keinen Spielkameraden mehr hatte, beschäftigte sich meist mit den Hunden.
Am liebsten turnte sie aber auf den beiden Drakon herum, die das mit stoischer Ruhe über sich ergehen ließen und Rutschbahn mit ihr spielten. Am Tage half sie ihrer Mutter im Kräutergarten oder las stundenlang in den vielen wundervollen Büchern ihres Vaters. Talos war stolz auf seine Kleine.
Manchmal lief sie hinüber zu Mira und Luna. Die beiden Frauen hatten ihr ein kleines Handarbeitskästchen eingerichtet. Unter den vielen Schätzen in dem Kästchen waren verschiedene Garne und Nadeln, mit denen sie eifrig sticken lernte. Mama sollte nichts davon erfahren, schließlich werkelte sie an einer großen Überraschung.
Mamas Kräuterwissen nutzte sie natürlich auch. Wer konnte besser Auskunft darüber geben, welche Pflanzen dauerhaft abfärbten? Luna half ihr, weißes Garn zu färben. Stück für Stück wuchs ein Teppich aus kunterbunten Blüten auf dem Stoff, den sie wie ihren Augapfel hütete.
Als Arko bei Solons Hütte eintraf, drang fröhliches Stimmengewirr bis auf den großen Hauptweg. Unschlüssig blieb er stehen, als eine Frauenstimme hinter ihm sagte: „Du musst Arko sein.“
Erstaunt drehte er sich um. „Ja, der bin ich.“
Die junge Frau mit dem Baby im Tragetuch konnte eigentlich nur Merit-Amun sein und der Magier neben ihr Safi.
„Richtig vermutet“, lachte Safi. „Schön, dass du gekommen bist. Folge uns, wir gehen gleich den Schleichweg entlang.“
Arko schloss sich ihnen an.
„Sind wir etwa die Letzten?“, fragte Safi neugierig, als er um die Hausecke trat.
Arko versuchte, sich etwas schüchtern hinter seinem Rücken zu verstecken.
Solon stutzte kurz. „Ah, ihr habt unseren Ehrengast mitgebracht.“ Mit offenen Armen empfing er Arko. „Nun fehlen nur noch die beiden Großen“, er machte mit den Armen Flugbewegungen. „Aber in der Zwischenzeit kann ich dir ja die ganze Rasselbande vorstellen.“
Er bat Arko zu einem Platz zwischen Luna und Mira. „Den beiden hast du es schließlich zu verdanken, dass du dich heute mit uns herumschlagen musst“, sagte er lachend. Dann wandte er sich zu den anderen um. „Also liebe Freunde, das ist Arko, der begnadete Künstler, von dem wir euch schon erzählt haben und das sind …“, er zeigte von einem zum anderen, nannte die Namen und gab einen lustigen Kommentar zu besonderen Fähigkeiten. Zuletzt deutete er auf Imset und Sobek, die sich angrinsten und mal schnell verwandelten. „Wie man unschwer sieht, sind das zwei unserer Schuppentiere , nämlich Imset und Sobek – und da landen gerade die beiden anderen, Siri und Drakos.“
„Schönen guten Abend, euch allen miteinander“, rief Drakos.
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