Die magische Bombe
mich wieder auf die Matratze fallen. Den Kelch stellte ich auf meine Oberschenkel, ohne ihn allerdings loszulassen.
Mit beiden Händen umfasste ich ihn, wobei mein Blick in ihn hineinfiel. Ich hatte einmal Taniths Gesicht dort schimmern sehen. Das war diesmal nicht der Fall. Ihr Geist hatte sich zurück in die Unendlichkeit der Dimensionen gezogen und mich mit meinem Problem allein gelassen. So musste ich ohne direkte Hilfe mit allem fertig werden. Der Kelch des Feuers! War er wirklich mein großer Helfer? Ich hoffte es und zitterte innerlich, denn ich hatte Taniths Warnung sehr gut verstanden. Der Angriff Schwarzer Mächte und die damit verbundene Explosion der magischen Bombe standen dicht bevor. Konnte ich etwas retten?
Mein Kreuz legte ich in den Kelch und hielt die silberne Kette noch fest. Ich hatte sie um zwei Finger geschlungen.
»Terra pestem teneto - Salus hic maneto!« So hieß die magische Formel zur Aktivierung meines Kreuzes. In Verbindung mit dem Kelch würde sie eine Unsichtbarkeit bei mir auslösen.
Ich saß da und wartete. Für Sekunden flammten die Enden des Kreuzes auf. Blitze zuckten hervor, rasten an den Innenwänden des Kelchs entlang, bildeten dort ein blitzendes Netz aus Strahlen, mehr geschah nicht. Ich blieb sichtbar, löste mich nicht auf, wie es geplant war, und die dicken Mauern des Gefängnisses hielten mich nach wie vor. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff. Vielleicht eine halbe Minute saß ich regungslos auf der Bettkante, schüttelte den Kopf und wunderte mich darüber, dass nichts geschehen war.
Tanith hatte sich geirrt! Etwas anderes kam für mich nicht in Betracht. Aber wieso hatte sie daneben gegriffen? Sie kannte sich doch aus, musste die Magie beherrschen, und dennoch war nichts geschehen. Wie konnte das sein?
Ich dachte darüber nach, grübelte, zerbrach mir den Kopf, doch auf eine Lösung kam ich nicht. Die Magie hatte versagt!
Noch klang mir ihre Warnung im Ohr nach. Tanith hatte davon gesprochen, dass die andere Magie bereits in der Nähe lauerte. War sie schon so nahe, dass sie den Kelch des Feuers damit umfing und ihm seine eigentliche Stärke nahm?
Verloren kam ich mir vor, wie ich so auf der Bettkante hockte und in den Kelch starrte. In den beiden Tagen zuvor war ich nicht depressiv geworden, nur irgendwie sauer, doch jetzt schwanden meine Hoffnungen allmählich dahin.
Etwas braute sich über meinem Kopf zusammen. Etwas sehr Gefährliches, das kaum zu fassen war und ich trotz meiner magischen Gegenmittel nicht lokalisieren konnte. Es befand sich nur in meiner Nähe.
Ich atmete tief ein. Schmerzhaft spürte ich das Pochen meines Herzens. Die Reaktion kannte ich. Sie trat immer dann ein, wenn ich allmählich Angst bekam…
***
Noch ein anderer verzweifelte. Suko!
Der Inspektor war nach Dienstschluss zu Shao gefahren, wo sie mit Tee auf ihn wartete. Seinem Gesicht sah Shao an, dass bei Suko etwas schiefgelaufen war.
»Noch immer keine Hoffnung?«
»Nein.« Suko zog seine Jacke aus und hängte sie an den Haken. Er war mit dem Bentley gekommen. Man hatte den Reifen gewechselt, der Wagen war wieder fahrtüchtig.
Shao hob die Schultern, als sie sich im Wohnzimmer auf die Couch setzte. »Ich verstehe es auch nicht«, sagte sie. »Ich begreife es nicht, dass so etwas überhaupt möglich sein kann.«
»Die Raffinesse schwarzmagischer Wesen ist eben größer als die der normalen Menschen oder Gangster, wenn ich da an Logan Costello und seine Mafiabrut denke.«
»Kann er dahinterstecken?« fragte Shao.
Suko schaute seine Freundin an und schüttelte den Kopf »Das glaube ich nicht. Costello hat schwer einen auf den Hut bekommen. Eine starke Niederlage. Xorron und Shimada haben ihm auf eine gewisse Weise den Schneid abgekauft. Davon muss er sich zunächst einmal erholen. Aber das ist es nicht, was mir große Sorgen bereitet. Wenn der Teufel tatsächlich hinter den Plänen steckt, davon gehe ich eigentlich aus, ist es möglich, dass er sein Netz diesmal so dicht gespannt hat, dass ihm niemand entfliehen kann. Auch John nicht. Und Glenda hat mich auf eine Idee gebracht. Asmodis macht ja vor nichts Halt. Und vielleicht ist ihm dieser Chiefsuperintendent Nolan gerade recht gekommen.«
»Das wäre möglich.«
Suko nahm einen Schluck Tee, stellte die hauchdünne Tasse auf den ebenfalls dünnen Unterteller und meinte: »Ob ich mal mit ihm reden soll?«
»Mit Nolan?«
»Ja.«
Shao winkte ab. »Nein, Suko, der lässt dich kalt abfahren. Ich habe ihn zwar noch nie
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