Die magische Bombe
der Spitze auf die Öffnung des Kelchs. »Du wirst jetzt erleben, Geisterjäger, dass die Magie auf mich überfliegt, denn der Kelch gehorcht dem Stärkeren. Da kannst du tun und lassen, was du willst. Diesmal habe ich gewonnen.«
Worte, die ich in dieser oder in ähnlicher Form schon oft genug gehört hatte und die mich nicht mehr interessierten. Für mich zählte das Handeln. Auf keinen Fall wollte ich zulassen, dass Orgow den Kelch in seine verdammten Finger bekam.
Eine Waffe, die ich besaß, hatte er nämlich noch vergessen zu erwähnen. Das Kreuz.
Orgow senkte den Blick. Gleichzeitig gab er seinen Dienern den Befehl, mich zu packen. Zu fünft setzten sie sich in Bewegung. Und der fünfte war Suko. Er stellte sich auch gegen mich. Die vier, die mich begleitet hatten, waren zusammengeblieben. Sie kamen aus einer Richtung, während Suko mich von der linken Seite her ansteuerte.
Der Hexer lachte. Er bewegte den langen Stab, und die Spitze schwebte über der Kelch-Öffnung. Allmählich begann sie zu glühen. Sie strahlte eine tiefrote Farbe ab, die sofort das Innere des Kelchs ausfüllte. Die Schritte hinter mir verstärkten sich. Orgows Diener waren bereits ziemlich nahe. Ich musste etwas tun. Und handelte auch. Noch hatte ich das Kreuz. Es hing an der Kette um meinem Hals, und mit einem hundertmal geübten Griff streifte ich die Kette über den Kopf, bevor Orgow oder seine Helfer etwas dagegen unternehmen konnten. Der Hexer merkte es zu spät. Als er mich anschaute, befand sich das Kreuz bereits auf dem Weg. Es prallte nicht gegen ihn, sondern hatte ein anderes Ziel. Es war der Kelch!
Orgows Schrei erstickte im Hals, als er mit ansah, wie das Kreuz in den Kelch hineinfiel, die Aura des Bösen spürte und auch reagierte. Der Stab strahlte das Böse ab, und mein Kreuz, geschmiedet von dem Propheten Hesekiel am Ufer des Euphrat in babylonischer Gefangenschaft, zeigte, welche Kräfte in seinem Innern wohnten.
Aus dem Kelch zuckten gewaltige Blitze. Grün, rot und schwarz sahen sie aus. Sie richteten sich gegen den Hexer, hüllten ihn netzartig ein und schleuderten ihn zurück.
Orgow schrie. Es war ein Brüllen, das sich aus seiner Kehle löste und weit über das Dach hallte. Wie im Krampf hielt er den langen Stab fest, der nicht nur an der Spitze glühte, sondern insgesamt davon erfasst war, während zusätzlich noch an allen vier Ecken des Kreuzes Silberblitze entstanden und in den Nebel hineinrasten.
Das alles hatte vielleicht zwei Sekunden gedauert. In dieser wirklich kurzen Zeitspanne war eine gewaltige magische Vernichtungsmaschinerie in Gang gesetzt worden.
Der Hexer sollte sterben. Aber er kämpfte.
Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so schnell erholte, denn er hielt die »Lanze« noch fest, auch wenn er torkelte, dabei schrie und sich krümmte.
Ich griff zur nächsten Waffe. Nicht umsonst hatte ich Suko den kleinen Stab abgenommen. Ein Erbe des großen Buddha, und seine Kraft setzte ich ebenfalls gegen den Hexer ein. Mit Stentorstimme schrie ich:
»Topar!«
Die Magie wirkte.
Plötzlich erstarrte alles, was sich in Rufweite befand. Der Hexer rührte sich nicht mehr. Seine Helfer ebenfalls nicht. Nur ich konnte mich bewegen, denn ich war der Träger des Stabs. Fünf Sekunden standen mir zur Verfügung. Und die nutzte ich aus.
Mit gewaltigen Sätzen erreichte ich meinen Feind, den Hexer! Er schien am Boden festgewachsen zu sein. In einer schrägen Haltung stand er da, ein Bein vorgestreckt, das linke zurückgenommen, den Kopf zur Seite geneigt, das Gesicht verzerrt.
Und er hielt noch die Lanze. Sie allein wollte ich haben. Ich packte zu. Es gelang mir beim ersten Versuch, ihm die Lanze aus der Hand zu reißen, obwohl er seine Finger hart um sie gekrallt hatte. Mit meiner Beutewaffe sprang ich zurück.
Da war die Zeit um. Plötzlich konnten sich alle wieder bewegen. Nichts schien sich verändert zu haben - bis auf eine Kleinigkeit, die jedoch so ungemein wichtig war. Ich hatte Orgows Waffe!
Er merkte es zuerst gar nicht. Als er jedoch seinen rechten Arm vorstoßen wollte, da wurden seine Augen groß. Der Schreck zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, und plötzlich wusste er, dass man ihn seiner Waffe beraubt hatte.
Er starrte mich an.
Ich schaute zurück. Dann begann ich zu lachen! Ich musste es einfach, konnte nicht dagegen an. So löste sich vielleicht die Verkrampfung, die mich die Zeit über in Bann gezogen hatte. Und ich wollte Orgow, dem Hexer, meinen Triumph in das dämonische Gesicht
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