Die magische Fessel
Ablehnung gefaßt gewesen, die ihm nun aus ihren Blicken entgegenschlug.
»Warum sagt ihr denn nichts? Ich erbitte Hilfe nicht allein für mich, sondern für alle an Bord der Carlumen. Es sind Helden aus Gorgan und tapfere Amazonen aus Vanga, es sind Caerylls Krieger und der Alptraumritter selbst. Und der strahlendste junge Held ist kein geringerer als Mythor, der Sohn des Kometen – und ihm zur Seite Fronja, die ehemalige Erste Frau von Vanga! Muß ich euch sagen, was davon abhängt, daß sie vor dem ihnen zugedachten Verderben bewahrt werden?« Er sah die Gesichter der Pfader noch zurückweisender werden und sprang in plötzlicher Verbitterung auf. »Und muß ich euch an die Pfaderregel erinnern, daß kein Pfader das Hilfeersuchen eines anderen ablehnen darf, es sei denn, er würde dadurch einen Verlust erleiden?«
»Ich bin Kalain«, sagte der Wortführer der anderen. »Muß ich dich daran erinnern, Robbin, daß ein Pfader, der seinen Treck verloren hat und damit die ihm Anvertrauten einem ungewissen Schicksal überantwortete, seine Rechte in der Gemeinschaft der Pfader verwirkt hat?«
Das also war es!
Kalain, von dem Robbin schon viele große Dinge gehört hatte, hob anklagend die Hand gegen ihn.
»Was dir widerfahren ist, Robbin, hat sich schon überall in der Schattenzone herumgesprochen. Auch darüber berieten wir hier, und kein einziger aus unserem Kreis erhob seine Stimme gegen den Beschluß, dich aus der Gemeinschaft der Pfader zu verstoßen, auf daß du fortan ein Geächteter seist! Erwarte von uns keine Hilfe, Robbin! Erdreiste dich nicht, sie noch einmal zu erbitten! Deine Freunde mögen zu uns kommen, wenn sie dich fortschicken. Solange aber du einer von ihnen bist, gibt es keine Zusammenarbeit. Dann sollen sie zusehen, wie sie Yhr beugen – so große Helden, wie sie sind!«
»Das kann doch nicht euer Ernst sein!« begehrte Robbin auf. »Hat ein Mitglied der Gemeinschaft nicht das Recht, gehört zu werden, wenn über ihn zu Gericht gesessen wird?«
»Du kennst die Regeln besser, Robbin!« sagte Kalain hart. »Also richte dich danach. Du hättest besser auf deinen Treck aufpassen sollen, dann wärst du uns willkommen. Nun geh zu deinen neuen Freunden. Wir werden warten, bis sie uns ihren Entschluß wissen lassen.«
In Robbin zerbrach etwas. Er wollte noch etwas sagen, dann aber wandte er sich wortlos um und ging mit gesenktem Kopf davon. Diese Stunde, die so verheißungsvoll begann, war nun zur schwersten in seinem ganzen Leben geworden. Denn aus der Pfader-Gemeinschaft verstoßen, war er nichts mehr, verlor sein Leben allen Sinn.
Er kletterte an der Strickleiter hinauf. Genausogut hätte er sich gleich auf der Stelle umbringen können, doch wenn schon nicht er, so sollten die Freunde eine Zukunft haben, und Kalain erwartete, daß einer von ihnen zu ihm kam und sagte: »Ja, wir haben Robbin verstoßen!«
Sich von ihnen trennen zu müssen, war ein größeres Opfer als in den Freitod zu gehen. Doch wenn er es brachte, gewann er doch noch etwas. Die Schande würde zumindest zu einem kleinen Teil getilgt sein, so daß er seiner Wege ziehen und als Ausgestoßener die Schattenzone durchqueren konnte, wenn jemand an Tinkers Ruh vorbeikam und ihn mitnahm.
Joby nahm ihn in Empfang, und gemeinsam gingen sie zum Widderkopf. Es war ein Gang, wie Robbin ihn sich schwerer nicht vorstellen konnte.
*
»Nein!« sagte Mythor entschieden, und »Nein!« riefen auch Sadagar, Nadomir und Lankohr. Gerrek war sogar dazu bereit, den Pfadern vor der Stele zu zeigen, was ein echtes Drachenfeuer war.
»Glaubt mir doch«, flüsterte Robbin, ohne jemanden anzusehen, »nur so könnt ihr Yhr trotzen, nur mit ihrer Hilfe!«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage!« rief Mythor wütend. »Du hast deinen Treck nicht willentlich im Stich gelassen, und wir lassen dich nicht im Stich! Sollen sie ihrer Wege gehen, wir erwarteten sie nicht hier!«
»Aber…!«
»Kein Aber mehr, Robbin! Die Bande, die uns zusammenhalten, sind stärker als die Gefahr, die uns von Yhr droht. Jeder von uns, der dein Opfer annehmen würde, wäre nicht mehr wert als der kleinste und gemeinste Verräter.« Mythor legte ihm beide Hände auf die Schulter und nickte ihm aufmunternd zu. »Wir werden es allein schaffen, ohne einen Haufen Verblendeter, die in ihren Regeln gefangen sind.«
»Es fragt sich nur, wie«, bemerkte Fronja.
Mythor verließ die Kommandobrücke und stieg auf ein Wehr. Er legte beide Hände an den Mund und rief zu den Pfadern am
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