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Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
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Herrn Ziehlke betraf, so hatte er nunmehr einen handgreiflichen Beweis, daß das Gute sich selbst belohnt – (insofern es so aussah, als sollten tatsächlich himmlische Zinseszinsen herabgeschüttet werden bei Adoptierung von Aschenputteln oder sonstigen streunenden Waisenkindern). Er gab sich aber nicht zufrieden mit der biblischen Zusage, daß das Gute sich »tausendfältig« belohnt, sondern setzte den taktvollen Diplomaten in starke Verlegenheit. Er zog nämlich aus seiner Investierung in Gottes Güte das praktische Fazit und half dem höchsten Wohlwollen noch dadurch kräftig nach, daß er jenes nebelhafte »Tausendfältig« entschlossen in gegenständliche Nullen verwandelte. »Das sei doch nur logisch«, sagte er und glotzte durch seine Intelligenzbrille. – »Jedes Kind könne eine solche Arithmetik augenblicks begreifen.«
    Es war nicht gerade, wie man sieht, die Weltanschauung eines spanischen Patriziers, die aus seinem Benehmen sprach. Wiewohl Kenner seiner nicht nur in Berlin weitverbreiteten Klasse ihm nichts verübeln können, so darf doch nicht verschwiegen werden, daß seinem Vorgehen die Anmut fehlte; daß er sich unerwartet habgierig, ja rundheraus ein bißchen ordinär zeigte. Er machte aus seinem Adoptivsohn das Objekt eines regelrechten Kuhhandels und sprach in seiner Erregung, ohne Nötigung, viel schallenden Dialekt.
    Ohne daß man ihn herausforderte, zeigte er die starke Hand. Er, und niemand anders, stelle den gegebenen Vormund bis zur Großjährigkeit Juans dar. Diese Vormundschaft – lenkte er ein – sei jedoch zu haben. Sie sei ihm feil. Er wolle nunmehr ebenfalls in Holz machen, wie der verewigte Garcia. Nach dem Krieg werde eine große Bautätigkeit beginnen; und bei Holz könne man ihm, Ziehlke, keine Schrauben und Geldsack-Egel ansetzen von Kommandos wegen, wie bei Seife, von der er genug habe. Er brauche eine runde Summe, und er nenne sie hiermit. –
    Don Alamos, recht angewidert, versprach ihm, seine »Anregung« wegen der »runden Summe« nicht zu vergessen. –
    Mutter Ziehlke, der offene Ohrentrichter des Hauses, erstarrte zur Salzsäule.
    Und Magda? – Magda weinte. –
     
    »Ich habe« – sagte Don Alamos nach vier Wochen zu Juan, den er zu sich gebeten – »Ihretwegen, mein junger Freund, eine große Bataille gekämpft. – Stellen Sie sich vor: Sie sind totgesagt. Mit Klauen und Zähnen (wenn ich mich etwas undelikat ausdrücken darf?) klammern Ihre geschätzten Verwandten sich an Ihr Erbe. Es ist nicht leicht. Ich appelliere zunächst an das Herz; ich renne gegen Wände. Hierauf schiebe ich mir selbst den Eid zu –
per Dios!
– und man schmilzt. Nicht wahr? Meine Reputation, mein Charakter, meine Stellung – ich nehme alles; ich werfe es in die Wagschale, ich, der verflossene Präsident . . . Kurz; nun sind Sie, Sohn meines teuren Enrique, wieder lebendig. Man bietet einen Vergleich an. Und Sie müssen jetzt hinüber, zu Donna Carolina und Alfonso La-Rein-Claro; Sie müssen sich in die Arme schließen lassen . . .«
    Und er ging auf Einzelheiten ein.
    »Ich danke Ihnen heiß, Don Fernando.«
    »Es war mir interessant. Danken Sie nicht. – Hier ist Ihr Reisepaß.« – Er zögerte. – »Im übrigen . . . dieser Herr . . . Ziehlke? – ja, diese kleine ›Adoption‹ . . . Ich bringe das in Ordnung und decke es aus Ihrem Guthaben, Juan. Er beansprucht (verstehen Sie: beansprucht! ) eine Abfindung. Er ist nicht sehr bescheiden . . . Aber ich glaube, Juan, Sie werden keinen Wert darauf legen, seinen – ehem – Namen zu führen . . .«
    Juan stand still. Er wurde rot und blaß. Er verschluckte sich, als habe er etwas sagen wollen. – Dann aber umarmte er die gepflegte Gestalt seines Retters und fühlte dessen duftenden Vollbart sekundenlang auf der Stirn . . .
     
    – – – »Willst du mit mir kommen, Magda?«
    Sie sah ihn fest an.
    »Ich kann nicht. Ich habe dich lieb. Und du bist mein Bruder.«
    »Nein; ich bin es nicht mehr. Das Schicksal hatte eine Pfändungsmarke an mich geklebt; Alamos hat sie abgerissen. Ich bin Juan Garcia.«
    »Also darf ich dich lieben?!«
    »Wenn du auch deinen Namen wechseln willst.«
    Sie begann heftig zu weinen.
    »Ich habe dir früher einmal gesagt, daß Vater, wenn er aufs Geschäftliche kommt, so geradeheraus und derb wird und Leute wie deinen Alamos gräßlich vor den Kopf stößt. – Sieh' mal, er sieht es eben alles von der praktischen Seite, selbst wenn es sich um dich handelt. Aber es tut

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